11.11.2021 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 2 / Tagesordnungspunkt 4

Thorsten FreiCDU/CSU - Ordnung, Steuerung und Begrenzung von Migration

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Stephan Brandner [AfD]: Wo ist eigentlich Frau Merkel bei Ihrem Antrag? Sie könnte noch was lernen jetzt!)

Was wir derzeit in Belarus, an der Grenze zu Polen, erleben, ist eine menschliche Tragödie, die wir nicht zum ersten Mal erleben. Wir haben schon an der türkisch-griechischen Grenze und an der marokkanisch-spanischen Grenze erlebt, dass Menschen auf eine ganz perfide Weise eingesetzt werden, um außen- und machtpolitische Ziele zu erreichen. Das ist die Tat eines Diktators, Lukaschenko, unter tätiger Mithilfe von Erdogan und Putin, und das dürfen wir denen nicht durchgehen lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Deshalb ist es so entscheidend, dass wir an dieser Stelle mit dem EU-Mitgliedstaat Polen absolut solidarisch sind, übrigens nicht nur mit Polen, sondern auch mit den baltischen Staaten, mit Litauen, mit Lettland, die ihren Beitrag dazu leisten, dass europäische Außengrenzen gesichert werden. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass es in einem vereinigten Europa keine Binnengrenzen geben muss. Dafür brauchen wir einen effektiven Außengrenzschutz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das macht Polen. Dort werden nicht nur polnische, sondern europäische Interessen vertreten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und deshalb verdient das Land auch unsere Unterstützung.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Das ist ja ein richtiger Rechtsruck der CDU!)

Ich will an dieser Stelle sagen, dass es grundfalsch ist, wenn man jetzt einen Beitrag dazu leistet, dass das Kalkül von Lukaschenko aufgeht. Und das tut derjenige, der sagt: Diejenigen, die dort im Grenzgebiet sind, sollen jetzt in Europa verteilt werden. – Damit geht das Kalkül von Lukaschenko auf.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was willst du machen? Sie sterben lassen?)

Damit wird der Druck auf die polnische Grenze verstärkt, und damit wird ein Spaltpilz in die Europäische Union getrieben. Das ist das Dümmste, was man an dieser Stelle fordern kann, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das haben Sie doch lange Jahre selber gemacht!)

– Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Entweder Sie stellen eine Zwischenfrage, oder Sie halten Ihren Mund. Aber so geht es nicht.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ich mache eine Bemerkung!)

Das ist absolut unparlamentarisch, wie Sie sich verhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Wenn Sie hier Unsinn reden! Sie waren an der Regierung! Sie blamieren sich hier!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kommen wir zur Sachpolitik zurück. Vor diesem Hintergrund ist es besonders alarmierend, dass wir mit der Situation konfrontiert werden, dass in den ersten zehn Monaten dieses Jahres 150 000 Asylanträge gestellt wurden, allein 20 000 in den letzten vier Wochen.

Herr Kollege Frei, Sie haben es ein bisschen provoziert. Jetzt möchte Herr Kollege Kleinwächter eine Frage stellen.

Dann soll er das tun.

(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Gebt denen doch nicht noch unnötig Redezeit!)

Werter Herr Kollege Frei, vielen Dank für das Zulassen dieser Zwischenfrage. Werte Frau Präsidentin, vielen Dank, dass Sie mir das Wort erteilt haben.

Sie müssen unsere Erregung schon entschuldigen, Herr Frei; denn Sie reden hier gerade und stellen eine Politik dar, die Deutschland unter einer CDU-geführten Bundesregierung von Angela Merkel ja völlig anders erlebt hat, als Sie es gerade darstellen. Was Sie sagen, ist völlig richtig: dass die Außengrenzen geschützt werden müssen, dass wir endlich Solidarität mit unseren polnischen Nachbarn üben müssen. Aber die Realität ist doch eine andere. Ich war letzte Woche in Polen, ich war an der ostpolnischen Grenze – übrigens der einzige Vertreter Deutschlands, der sich überhaupt irgendwo hat blicken lassen.

(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wurde mir am letzten Dienstag bestätigt.

Ich muss Sie an dieser Stelle fragen, was Sie antworten, wenn uns unsere polnischen Freunde fragen: Sagt mal, warum erkennt eigentlich die Bundesregierung nicht, wie gefährlich das ist? Warum erkennt Deutschland nicht, wie gefährlich es ist, dass da viele Tausende Menschen kommen, oft mit IS-Verbindungen? Und warum hört Deutschland nicht endlich auf, dieser Magnet zu sein für all diese Menschen – durch die Aufnahme ins Sozialsystem, die eben nicht nur theoretisch möglich, sondern praktisch erwiesen ist –, nachdem sich die Regierung Merkel mit Ihrer Koalitionsverantwortung mit einem EU-Türkei-Deal erpressbar gemacht hat?

(Maja Wallstein [SPD]: Ist das ein Redebeitrag?)

Wie kommen Sie jetzt bitte schön auf die Idee, eine solche Rede zu halten, in der Sie all das fordern, was Sie im Endeffekt negiert haben, als Ihre Partei in der Regierung war?

(Beifall bei der AfD)

Herr Kollege, das, was Sie darstellen, ist wirklich rundum falsch. Wenn Sie sich mal die Politik der Vergangenheit anschauen, dann sehen Sie, dass die alte Koalition aus CDU/CSU und SPD im Frühsommer 2019 ein großes Migrationspaket bestehend aus acht Gesetzen verabschiedet hat, in dem wir genau die Punkte, die notgetan haben, entsprechend adressiert haben. Und ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Wir machen einen klaren Unterschied zwischen der Arbeitsmigration auf der einen Seite und der Asyl- und Fluchtmigration auf der anderen Seite.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Genau das haben wir im Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, im Fachkräfteeinwanderungsgesetz und in anderen Gesetzen statuiert. Deshalb waren wir damit auch auf dem richtigen Weg.

Ich will Ihnen ein zweites Beispiel nennen: Gemeinsam mit der SPD haben wir dafür gesorgt, dass Pull-Faktoren reduziert werden. Warum? Weil wir die Bezugsdauer für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von 15 auf 18 Monate verlängert und dafür gesorgt haben, dass, wenn jemand nach Deutschland kommt, obwohl er bereits in einem anderen Land einen Asylantrag gestellt hat, die Bezugsvoraussetzungen abgesenkt werden.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Die müssen auf null abgesenkt werden!)

Das ist eine Politik, die Sinn macht. Und deswegen fordere ich an dieser Stelle auch die SPD auf, dass sie bei der Migrationspolitik die Mitte nicht verlässt, dass sie sich von den Grünen nicht nach links ziehen lässt und das rückabwickelt, was wir in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam gemacht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Christian Lindner [FDP])

– Weil Herr Lindner so lacht: Dabei bin ich ganz besonders auf die FDP gespannt,

(Tino Chrupalla [AfD]: Wir alle!)

die im Grunde genommen das Gegenteil von dem sagt, was die Grünen wollen. Ich will Ihnen eines sagen: Wenn man sich das Sondierungspapier anschaut, dann sieht man die Erfolglosigkeit der Grünen im Bereich der Klimapolitik.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Das wird offensichtlich überkompensiert durch eine einladende Migrationspolitik.

(Lachen des Abg. Christian Lindner [FDP])

Das wird mit uns nicht zu machen sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Frei. – Das Wort erhält für die Bundesregierung Bundesminister Heiko Maas.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532279
Wahlperiode 20
Sitzung 2
Tagesordnungspunkt Ordnung, Steuerung und Begrenzung von Migration
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