Sarah Ryglewski - Unionsrechtliche Vorgaben im Umsatzsteuerrecht
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, jetzt wird es wieder etwas technisch – die Finanzer kommen –: Wir befassen uns heute in erster Lesung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht. Dieses Gesetz enthält in der Tat zwei Regelungen, die vor dem Hintergrund des Unionsrechts noch vor Jahresende umzusetzen sind. Deswegen ist es wichtig, dass wir heute hier in dieser Debatte den Gesetzentwurf einbringen und ihn dann auch weiter beraten.
Das Ganze, was wir hier diskutieren, klingt sehr technisch. Die erste Maßnahme, die wir umsetzen, klingt in der Tat noch technischer; es geht um die Steuervergütung für Leistungen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. Aber Sie hören schon an der Bezeichnung: Es geht tatsächlich auch hier um das Thema, das uns alle sehr intensiv beschäftigt. Es geht tatsächlich auch um die Frage, wie wir diese Krise innerhalb Europas lösen. Und da ist ganz klar: Wir möchten sie solidarisch lösen.
Hier geht es um Steuervergütungen. Wenn europäische Einrichtungen in Deutschland Leistungen, die sie zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie beziehen – da geht es beispielsweise um Beatmungsgeräte und andere spezialisierte Behandlungsmechanismen –, unentgeltlich an Dritte weiterreichen, ist es das gemeinsame Verständnis der Mitgliedstaaten, dass davon nicht die nationalen Fisken profitieren sollen, sondern grundsätzlich auf die anfallende Umsatzsteuer verzichtet wird. Das ist, glaube ich, eine Lösung, die richtig und gut ist und die auch dazu beiträgt, dass wir hier gemeinsam gut aus der Krise kommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Christian Dürr [FDP])
Ganz praktisch bedeutet das, dass sich europäische Einrichtungen, wenn sie entsprechende Gegenstände erwerben, die hierfür gezahlte Umsatzsteuer vom Fiskus erstatten lassen können. Das schafft zusätzliche finanzielle Spielräume bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie.
Wenn solche Gegenstände aus einem Drittland nach Deutschland geliefert werden, dann ist die Einfuhr steuerbefreit, also auch hier eine saubere Lösung.
Ich denke, wir sind uns alle einig, dass es nicht nur aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben Sinn macht, das hier zeitnah umzusetzen, sondern auch deswegen, weil es eine sinnvolle Regelung ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Der zweite Punkt – das hat die Kollegin Lisa Paus ja schon vorgestellt – ist die Umsatzbesteuerung der Landwirte, da konkret die Durchschnittsbesteuerung der Landwirte. Das hat uns in der vergangenen Legislaturperiode in der Tat häufiger beschäftigt. Hier geht es ganz praktisch darum, dass man für kleinere landwirtschaftliche Betriebe eine Vereinfachungsregelung vorsieht. Auch da ist es erst einmal so, dass es in der Tat eine sinnvolle Maßnahme ist. Sie besagt nämlich, dass Landwirten für bezogene Leistungen zwar kein Vorsteuerabzug zusteht; sie bekommen vom Finanzamt die Umsatzsteuer auf ihre Eingangsleistung also nicht erstattet. Aber sie brauchen umgekehrt die Umsatzsteuer, die sie bei ihren Rechnungen ausweisen und vereinnahmen, nicht an den Fiskus abzuführen. Die einbehaltene Umsatzsteuer kompensiert also den fehlenden Vorsteuerabzug.
Der Prozentsatz, der angibt, in welcher Höhe Landwirte in ihren Rechnungen Umsatzsteuer ausweisen dürfen, das ist der genannte Durchschnittssatz. Wenn dieser Durchschnittssatz zu hoch ist, dann erfolgt eine Überkompensation; denn die Landwirte nehmen dann mehr Umsatzsteuer ein, als ihnen über den fehlenden Vorsteuerabzug entgeht. Das ist in der Tat so, und das – darum diskutieren wir hier – verstößt gegen das Unionsrecht. Deswegen müssen wir hier Abhilfe schaffen.
Derzeit beträgt der Durchschnittssatz 10,7 Prozent. Richtigerweise dürfte er, nach den aktuellen Daten und der anzuwendenden Berechnungsmethode, jedoch nur 9,5 Prozent betragen. Daher möchten wir den Durchschnittssatz mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auf diese Höhe anpassen.
Ich darf in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass wir hier wirklich handeln müssen, weil wegen der Höhe des Durchschnittssatzes sowohl ein Vertragsverletzungsverfahren als auch ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland existieren. Wir riskieren sonst, mit möglichen Rückforderungsansprüchen, auch an unsere Landwirte, in Milliardenhöhe konfrontiert zu werden. Deswegen – auch wenn das für die Landwirte sicherlich erst einmal eine Sache ist, mit der sie lernen müssen umzugehen – ist es richtig, dass wir hier so handeln.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Damit das Verfahren auch in Zukunft rechtssicherer ist, steht in dem Gesetzentwurf zusätzlich, dass das Bundesministerium der Finanzen die Höhe des Durchschnittssatzes in Zukunft jährlich überprüft, dem Gesetzgeber jährlich berichten soll und bei Bedarf einen Gesetzwurf zur Anpassung des Durchschnittssatzes vorlegt. Ich glaube, damit sind wir gut aufgestellt und geben auch unseren Landwirten eine gute Perspektive.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])
Vielen Dank, Frau Kollegin Ryglewski. – Für die CDU/CSU-Fraktion erhält jetzt das Wort die Kollegin Antje Tillmann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7532298 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 2 |
Tagesordnungspunkt | Unionsrechtliche Vorgaben im Umsatzsteuerrecht |