11.11.2021 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 2 / Tagesordnungspunkt 6

Nina ScheerSPD - Energieversorgung, Energiewende

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer wieder erschütternd, zu erleben, wie viel Stumpfsinn und Falschbehauptungen aus den Reihen der AfD kommen.

(Beifall bei der SPD – Lachen des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Das ist ja der Anlass, warum wir uns heute hier mit dem Thema noch mal beschäftigen. Aber ich möchte die Zeit zur Aufklärung nutzen und gleich mal mit ein paar Fakten anfangen, die dringend dem entgegengesetzt werden müssen, was insbesondere Sie, Herr Hilse, hier die ganze Zeit wieder unterstellen, zum Beispiel der Annahme, dass weltweit wieder eine Renaissance der Atomenergie zu verzeichnen sei und dass die Industrienationen alle auf Atomenergie setzen würden. In der Tat: Es gibt einige Staaten, die sich dafür ausgesprochen haben, wie zum Beispiel Frankreich, das jetzt noch mal 1 Milliarde Euro in Kernkraftwerke investiert; sie haben aktuell 56 Atomkraftwerke am Netz.

Man muss aber auch die Größenverhältnisse sehen und erkennen, dass die Industrienationen, die Atomwaffen haben – das ist übrigens auch eine Antwort auf Ihre vorhin gestellte Frage –, in der Tat in einem Dilemma stecken. Denn sie stecken in der Kostenfalle, indem sie nach wie vor damit umgehen müssen, dass sie Know-how im Kontext Atomwaffen besitzen, dann aber gleichzeitig erkennen müssen, dass Atomenergie eigentlich unwirtschaftlich ist. Aber sie stecken nun mal in diesem Dilemma und müssen als Atomwaffenstaat überlegen, wie sie es lösen können. Der Lösung dieses Dilemmas müssen wir uns auch an anderer Stelle widmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dann möchte ich noch mal unterstreichen – das ist schon vielfach auch aus der Fraktion der Grünen und von meinem Vorredner Timon Gremmels unterstrichen, rechnerisch belegt und dargelegt worden –, dass die Atomenergie ein Vielfaches dessen kostet, was erneuerbare Energien kosten. Sogar die Atomenergiebehörde sieht das ja inzwischen nicht mehr anders. Auch die Atomenergiebehörde bzw. die Internationale Energieagentur erklärt, dass sie nicht schätzt, dass im Jahr 2030 der Anteil der Atomenergie noch mehr als 10 Prozent betragen wird. Wenn selbst die größte Interessensorganisation der Welt dieses Szenario entwirft, wie um alles in der Welt kann man dann ernsthaft behaupten, dass in der Atomenergie eine Renaissance verankert sei, dass sie Zukunft hätte?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dann noch mal zu der Aussage, es gebe neben den alten Technologien ja eine neue Generation. Da muss man auch mal gründlich mit den Fake News aufräumen, die sich meines Erachtens im Grunde genommen mit der Kategorie Coronaleugnung gleichsetzen lassen. Man muss nicht jeden Schwachsinn glauben, der erzählt wird. Und wenn behauptet wird, es gebe eine neue Generation – und selbst wenn ein Bill Gates das sagt –, dann muss das nicht unbedingt stimmen. Es gibt auch reiche Menschen auf der Welt, die nicht recht haben.

(Beifall bei der SPD – Karsten Hilse [AfD]: Es gibt auch Spezialdemokraten, die nicht recht haben!)

Nur weil ein Bill Gates diese Annahme vertritt, der übrigens vielleicht auch ein ökonomisches Interesse daran hat, dass Staaten Verpflichtungsstrukturen eingehen und dann Aufträge vermittelt werden – das ist übrigens ein sehr korruptives Element, das da drinsteckt –, muss das doch nicht für uns als Politiker bedeuten, dass wir da hinterherhüpfen. Das ist ein gefährlicher Weg, den die Politik nicht einschlagen darf, nur weil irgendwo auf der Welt Milliardäre meinen, da eine Geldanlage mit staatlicher Hilfe zu wittern und in diese Richtung gehen zu müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Diese Minireaktoren bräuchte man zehntausendfach, um die Energiemengen, die man jetzt noch bräuchte, um im Kontext der Klimaneutralität zu wirtschaften, zu gewinnen. Wir bräuchten Zehntausende dieser Minireaktoren, verteilt auf der ganzen Welt. Wie bitte schön soll ein Sicherheitskonzept dafür aussehen? Wie bitte schön sollen Versicherungen aussehen, die dafür notwendig wären? Alleine dieser eine Punkt sei genannt. Das ist nicht leistbar und stellt ein enormes Sicherheitsrisiko dar. Und: 40 Prozent des Mülls, der angeblich dafür als Rohstoff herhalten soll, ist in Glaskokillen verpackt. 40 Prozent! Dieser Müll kommt überhaupt nicht in Betracht.

Es sind so viele Unwahrheiten in Ihren Szenarien enthalten, dass ich mindestens noch weitere zehn Minuten darüber reden könnte.

(Karsten Hilse [AfD]: Nein, machen Sie das bitte nicht!)

Meine Redezeit ist aber leider zu Ende.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Der letzte Redner in dieser Debatte: Dr. Andreas Lenz von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532319
Wahlperiode 20
Sitzung 2
Tagesordnungspunkt Energieversorgung, Energiewende
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