11.11.2021 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 2 / Tagesordnungspunkt 7

Bernhard DaldrupSPD - Heizkosten

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gesine Lötzsch, ich werde mich mit Ihrem Antrag auseinandersetzen. Was Ratschläge betrifft, wie sich Leute aus der eigenen Fraktion verhalten sollten, finde ich, dass Sie eine ganze Menge vor der eigenen Haustür zu kehren haben.

Die Diskussion über die Pandemie, die heute schon geführt worden ist, ist ganz ohne Zweifel wichtig; aber die steigenden Energiepreise bewegen die Menschen im Land genauso. Deswegen ist es gut, dass wir hier darüber diskutieren. Ich finde nämlich, dass das Thema des Antrags der Linken ernst ist. Es gibt eine ganze Reihe von Gruppen, Städtetag, Mieterbund, Verbraucherzentrale, die das Thema aufgegriffen haben. Ohne hier über Details von Koalitionsverhandlungen zu sprechen, darf ich Ihnen zusichern, dass dieses Thema eine wichtige Rolle spielt und wir dazu eine konkrete Lösung finden werden; denn tatsächlich sollte ja niemand in seiner Wohnung frieren. Die steigenden Energiepreise haben soziale Folgen. Eine warme Wohnung ist kein Luxus, sondern ein Anspruch, der allen Menschen gleichermaßen zusteht; dem werden wir auch Rechnung tragen.

(Beifall bei der SPD)

Um eins vorweg zu sagen: Der zum gegenwärtigen Zeitpunkt ja noch geringe CO2-Preis ist bereits in eine Wohngelderhöhung eingeflossen; die beträgt je nach Anzahl der Haushaltsmitglieder zwischen 15 und 30 Euro im Monat. Der seit Januar bestehende CO2-Preis kann bei Wohngeldempfängern also nicht zur Begründung der höheren Energiepreisbelastung herangezogen werden. So wird das sicherlich gleich die AfD machen, bei der der CO2-Preis ja nur dazu dient, Ängste zu schüren gegen eine solche Politik. Würde überdies der CO2-Preis – wie wir das ganz gerne wollen – nicht auf Mieterinnen und Mieter alleine abgewälzt – das haben wir leider mit der CDU/CSU nicht anders verabreden können –, dann wäre die Situation noch einmal anders. Aber wir werden weiter daran arbeiten, wie man zu einer Klimakomponente kommen kann. Bei den Kosten der Unterkunft, der Grundsicherung oder Sozialhilfe werden die Heizkosten übrigens vom Jobcenter, von der Arge, vom Sozialamt übernommen. Die höheren Energiepreise sind jedenfalls keine Begründung für Kürzungen, sondern das sind andere Faktoren. Das muss man zunächst einmal sachlich darstellen.

Aber trotzdem stellt sich ja die Frage, wie wir vor dem Hintergrund eines offenen Marktes auf aktuelle massive Preissprünge durch begrenzte Gaslieferungen bei gleichzeitig weltweit angestiegener Nachfrage reagieren. Denn von der Hilfe für Wohngeldempfänger oder für Langzeitarbeitslose abgesehen sind es ja vor allen Dingen Menschen mit niedrigen Einkommen, die diese Preise nicht bezahlen können und überproportional von Energiepreissprüngen belastet sind, zum Beispiel diejenigen, die den Kinderzuschlag bekommen, Rentnerinnen und Rentner. Ich will damit deutlich sagen, dass Klimapolitik, Klimaanpassung, Energiepolitik für uns eine soziale Herausforderung ist. Das war für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten jedenfalls immer klar.

Vor allem unsere kommunalen Versorger – das will ich an dieser Stelle auch betonen – sichern aufgrund ihrer langfristigen Verträge, dass die Preissprünge nicht sofort auf private Haushalte durchschlagen. Auch wenn Energiesperren – davon ist eben gerade gesprochen worden – prozentual in Deutschland nur sehr selten vorkommen – im Gasbereich beispielweise liegen sie bei unter 1 Prozent der Haushalte –, ist trotzdem jede absolute Zahl zu hoch; da gebe ich der Kollegin recht. Wir müssen Strom- und Gassperren unter allen Umständen vermeiden, weil die sozialen, die gesundheitlichen, kurzum: die menschlichen Folgen in unserer Gesellschaft nicht akzeptabel sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Einen einmaligen Heizkostenzuschuss zu gewähren, wie er eben angesprochen worden ist, wäre eine schnelle Reaktion darauf. Und ich finde in der Tat, dass darüber zu beraten sein wird. Wir haben Kostenschätzungen dazu: Für 100 Euro Zuschuss braucht es 65 Millionen Euro. Das kann man beliebig verdoppeln oder noch höher ansetzen, so wie Sie es getan haben. Aber jedenfalls weiß man die Beträge schon. Langfristig betrachtet zeigen uns die Entwicklungen am Energiemarkt eigentlich zweierlei:

Deutschland muss sich vor dem Hintergrund offener Märkte von fossilen Energieträgern, vor allen Dingen von Öl und Kohle, unabhängig machen. Das ist eine ganz wichtige Sache, perspektivisch gilt das auch bei Gas. Der Ausbau von erneuerbaren Energien ebnet uns den Weg zu mehr Unabhängigkeit. Und während bei Öl beispielsweise die Heizkosten um bis zu 44 Prozent steigen, liegt die Steigerung bei Wärme, die über Fernwärme, über Wärmepellets, über Wärmepumpen und Ähnliches erzeugt wird, prozentual im einstelligen Bereich. Das zeigt, wie unterschiedlich eine solche Entwicklung in der Zukunft zu gestalten ist.

Zweitens sollten wir Wärmesysteme mit erneuerbaren Energien stärker berücksichtigen, um nachhaltig Wärme zu produzieren, Wärmepotenziale besser zu nutzen und gleichzeitig Treibhausgasemissionen zu senken. Zudem können wir dadurch internationalen Preissteigerungen durch ein höheres Maß an Unabhängigkeit ausweichen. Ich glaube, dass gerade in diesem Bereich die Kommunen eine wichtige Aufgabe haben, die sie auch gerne wahrnehmen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir bei den Beratungen durchaus auf der Höhe der Zeit sind und dass wir im Rahmen der Koalitionsverhandlungen ganz ohne Zweifel auch für die jetzige Heizperiode im Interesse der Menschen eine adäquate Lösung finden werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

Ich erteile das Wort dem Kollegen Kai Whittaker von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532327
Wahlperiode 20
Sitzung 2
Tagesordnungspunkt Heizkosten
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