11.11.2021 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 2 / Zusatzpunkt 2

Timon GremmelsSPD - Aktuelle Stunde - Klimagipfel in Glasgow

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich vor vier Jahren in den Deutschen Bundestag eingezogen bin, war ich acht Jahre Oppositionsabgeordneter im Landtag in Hessen. Da darf ich jetzt mal der neuen Opposition, die sich in diese Rolle noch hineinfinden muss, einen Tipp geben: Man sollte für die Aktuellen Stunden Themen wählen, bei denen man selber gut ist, bei denen man selber eine tolle Bilanz hat, bei denen man selber auch Ideen und Konzepte hat, um den Unterschied deutlich zu machen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen am Montag war, als Ralph Brinkhaus und Alexander Dobrindt in der Weinstube oder in der Bayerischen Landesvertretung beim Bier zusammengesessen und überlegt haben: Wo waren wir denn so richtig gut in den letzten vier Jahren? Wo können wir es denn jetzt der Ampel mal so richtig zeigen?

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und einer hat dann gesagt – ich weiß gar nicht: waren Sie es, Herr Dobrindt? Sie können es ruhig sagen –: beim Klimaschutz.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Also, ehrlich gesagt, als Premiere für eine Aktuelle Stunde als Opposition wäre mir als Union vieles eingefallen, aber das nicht. Wer hat denn hier auf der Bremse gestanden? Peter Altmaier war ja bemüht; aber da gab es einen Herrn Nüßlein, und da gab es einen Herrn Pfeiffer – ich habe das selber im Ausschuss für Wirtschaft und Energie erlebt –, die ständig blockiert haben. Bei der Erhöhung von Ausbauzielen für Photovoltaik und Windkraft haben sie immer gebremst. Das sind doch die wirklichen Blockierer.

Und dann kommen Sie auf einmal mit dem Thema E-Fuels, Herr Ploß oder auch Andi Scheuer. Dafür brauchen Sie eine siebenfache Energieintensität. Man kann darüber nachdenken. Aber man müsste auch die erneuerbaren Energien um das Siebenfache ausbauen, damit man E-Fuels klimaverträglich herstellen kann, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ihre Argumente sind doch gar nicht stringent.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Importieren!)

– Jetzt sagt Sie „importieren“. – Unser Ziel ist es, dass wir möglichst energieunabhängig werden, dass wir Wertschöpfung hier in Deutschland generieren, mit erneuerbaren Energien Arbeitsplätze schaffen, das Geld hierbehalten und nicht importieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen Energie nicht importieren. Wir wollen sie hier in möglichst großem Umfang selber herstellen. Das ist nämlich der Unterschied zwischen Ihnen und uns, meine sehr verehrten Damen und Herren. Für uns ist Klimaschutz auch Wirtschaftspolitik, weil man damit gute, nachhaltige Arbeitsplätze schaffen kann.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte die Gelegenheit nutzen – ich war selber drei Tage in Glasgow –, erst mal einen ganz großen Dank auszusprechen, und zwar an Jochen Flasbarth, Svenja Schulze und das ganze Team des BMU, die dort internationale Klimadiplomatie auf hohem Niveau betreiben, unter erschwerten Coronabedingungen einen ganz großartigen Job machen. Schöne Grüße nach Glasgow an die Kolleginnen und Kollegen!

Und ich möchte sagen, dass ein solcher Gipfel, dass man da zusammenkommt, sehr sinnvoll ist. Ich kenne kein anderes Format, wo Zivilgesellschaft, NGOs, Wirtschaft, Politik wirklich nah beieinander sind, in engem Austausch miteinander sind, diskutieren, debattieren, um den richtigen Weg ringen. Zwei Wochen lang steht das Thema Klimaschutz international auf der Agenda. So muss das sein. Das sind gute Verhandlungen, das ist ein gutes Format, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wenn man dann – ich muss noch mal auf den AfD-Redner zurückkommen – wirklich ernsthaft meint, es würde kein Südseestaat oder kein Inselstaat untergehen: Ich habe mit Kollegen aus Französisch-Polynesien oder von den Marshallinseln gesprochen. Das ist der große Unterschied: Man liest nicht darüber, sondern man spricht mit den betroffenen Menschen, die Tränen in den Augen haben, weil ihre Heimat einfach abzusaufen droht. Sich hier hinzustellen und zu sagen: „Das ist nicht wahr“, ist Zynismus pur, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Kommen Sie doch mal mit zu einem internationalen Klimagipfel, reden Sie doch mal mit den Menschen vor Ort. Die Ergebnisse sind nicht geringzuschätzen.

Ich finde, dass einige gute, wichtige Beschlüsse in Glasgow auf den Weg gebracht worden sind, zum Beispiel in Bezug auf das Thema Methan, das endlich adressiert wurde:

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

30 Prozent weniger bis 2030, das macht 0,2 Grad weniger. Das ist ein erster wichtiger Schritt. Auch ein Entwaldungsstopp wurde auf den Weg gebracht. Wir Deutsche machen mit Südafrika eine Kooperation. Wir zeigen, wie man den Kohleausstieg auch in Südafrika hinbekommt; das sind die richtigen Ansätze. Auch das Ende der Kohlefinanzierung ist ein richtiger Beschluss. Wenn man sich das alles anguckt, muss man feststellen: Ohne Paris, ohne Glasgow wären wir auf einem Erwärmungspfad von über 5 Grad.

(Steffen Kotré [AfD]: Quatsch!)

Vor Glasgow waren wir bei 2,7 Grad. Wenn man all die Absichtserklärungen betrachtet – sie müssen dann noch in die Realität umgesetzt werden; das gehört zur Wahrheit dazu –, stellt man fest, dass wir bei unter 2 Grad liegen. Wir sind also auf dem Pfad hin zu 1,5 Grad, und das ist auch gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Aber man darf diese Klimagipfel auch nicht überinterpretieren und nicht zu hohe Erwartungen wecken. Man darf nicht erwarten, dass jetzt alles gelöst wird. Über 190 Staaten mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen und Interessenlagen zusammenzubekommen, das ist die große Kunst. Dafür ist ein solcher Gipfel wichtig. Ihm werden weitere folgen. Nach dem Gipfel von Glasgow ist vor dem Gipfel im Scharm al-Scheich. Wir brauchen Unterstützung. Ich bin mir sehr sicher, dass die neue Ampelregierung der nächsten COP in Scharm al-Scheich Rückenwind geben wird. Wir werden dort den Klimaschutz voranbringen, und zwar mit wirtschaftlichem Wachstum und im Interesse der Bevölkerung.

In diesem Sinne: Alles Gute und Glück auf, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Timon Gremmels. – Der letzte Redner in dieser lebendigen Debatte: Kai Whittaker für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532351
Wahlperiode 20
Sitzung 2
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Klimagipfel in Glasgow
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