18.11.2021 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 3 / Tagesordnungspunkt 1

Michael TheurerFDP - Infektionsschutzgesetz, Impfpassfälschung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die beispiellose Situation, dass derzeit Parteien, die über eine Regierungsbildung verhandeln, für Regierungshandeln oder ‑nichthandeln in die Verantwortung genommen werden sollen. Was wir hier tun, ist, eine gesetzliche Grundlage für das Handeln der Bundesregierung und der Länderregierungen zu schaffen. Hier übernehmen die Fraktionen SPD, Grüne und FDP Verantwortung.

Auch nach dem, was Minister Spahn gerade gesagt hat, kann man die bisher amtierende und jetzt geschäftsführende Bundesregierung nicht aus ihrer Verantwortung für das konkrete Regierungshandeln entlassen. Die derzeitigen ansteigenden Infektionszahlen sind ja seit Wochen im Gange und hätten beherztes Handeln auf der bisherigen Rechtsgrundlage erfordert. Deshalb müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, warum Sie nicht gehandelt haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kollege Frei hat eingeräumt, dass die Diskussion ihn verwirre, hat aber dann selbst zur Verwirrung beigetragen. Deshalb ist es wichtig, hier einmal für Klarheit zu sorgen. Wenn Sie behaupten, wir, SPD, FDP und Grüne, hätten von Ihrem Gesetzentwurf abgeschrieben, ist das eine klare Verdrehung der Tatsachen. Wir haben den Gesetzentwurf eingebracht, im Hauptausschuss wurde er behandelt, und Sie haben dann einen Änderungsantrag eingebracht. Sie haben also das Parlament belogen,

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sie waren doch gar nicht dabei!)

und ich fordere Sie auf, das klarzustellen und Ihre unwahre Behauptung zurückzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das ist grotesk!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind in einer sehr schwierigen Lage. Die Inzidenzen in manchen Kreisen liegen bei über 1 000. In meinem Wahlkreis, in Karlsruhe, ist es jetzt schon so, dass die Intensivstationen voll sind und Patientinnen und Patienten verlegt werden müssen. Diese Situation erkennen wir, und wir sind in großer Sorge.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das sind wir auch!)

Wir leiten aus dieser Situation ab, dass man mit der bisherigen Gesetzeslage nicht in der Lage war, diese dramatische Entwicklung zu verhindern. Deshalb schlagen wir mit dem heutigen Gesetzentwurf vor, nachzuschärfen, die Maßnahmen treffsicherer zu machen und, ja, an einigen Stellen sogar noch zu verschärfen: 3 G in Bus und Bahn, 3 G am Arbeitsplatz, die Öffnung für die Länder, 2 G einzuführen mit Personenobergrenzen bei Veranstaltungen. Das sind klare Verschärfungen, meine Damen und Herren.

Aber wir sagen an dieser Stelle auch: Es ist erforderlich, eine kollektive Kraftanstrengung in Deutschland zu mobilisieren. Denn das Virus lässt sich nicht durch Paragrafen bekämpfen, sondern nur durch technologische und soziale Intelligenz sowie organisatorische Effizienz. Die haben die bisherigen Regierungen vermissen lassen, und deshalb muss nachgeschärft werden. Wir bitten deshalb alle in der Union, die guten Willens sind, unserem Gesetzentwurf heute zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Gretchenfrage heißt: Lassen Sie sich impfen? Ich habe den Eindruck, dass das, was die Bundesregierung bisher gemacht hat, ein trauriges Bild abliefert. Die Werbekampagne „Lass dich impfen“ zeigt eine Person mit Pflaster am Arm. Da wünsche ich mir die Werbekampagne aus Frankreich. Die zeigt ein küssendes Paar mit dem Slogan: Ja, der Impfstoff kann erwünschte Nebenwirkungen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir würden uns freuen, wenn diese Kampagne mit mehr Engagement angegangen würde, wenn Influencer, wenn Künstlerinnen und Künstler, wenn Kulturschaffende, auch mit Zielrichtung auf Milieus mit Migrationshintergrund, jetzt fürs Impfen werben würden.

Meine Damen und Herren, an die Adresse der AfD – Sie, die Sie sich ja noch nicht mal an die Maskenpflicht hier im Haus halten –: Von Ihnen erwarte ich, dass Sie mal fürs Impfen eintreten.

(Widerspruch bei Abgeordneten der AfD)

Machen Sie das endlich! Wir brauchen eine höhere Impfquote, meine Damen und Herren. Impfen und Testen ist die Lösung, um diese Pandemie zu bekämpfen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es war klar, dass Impfdurchbrüche kommen werden. Tun Sie doch nicht so, als ob man das nicht gewusst hätte. Trotzdem ist das Impfen richtig.

Ein letzter und persönlicher Satz, weil meine Redezeit zu Ende ist: Meine Damen und Herren, einige von Ihnen wissen, dass seit dem 25. Juli unsere Tochter auf der Intensivstation liegt. Ich spreche jeden Tag, wenn ich kann und vor Ort bin, auch mit Pflegekräften. Ich finde es wirklich schwierig, wie die Situation dort ist. Wir haben einen Pflegenotstand. Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz hat nicht dazu geführt, die Situation zu entschärfen. Aber heute, an diesem Tag, so zu tun, als ob die Fortsetzung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite den Pflegekräftemangel beseitigen würde, ist unredlich. Das ist eine Lüge. Die Menschen in der Pflege sagen mir: Geld allein ist es nicht. Es sind viele Faktoren: die Kinderbetreuung, die nicht mit den Schichtzeiten in Einklang zu bringen ist, der Parkplatz, den man vor Ort nicht gewährt, und viele andere Dinge bis hin zur Bezahlung.

Ich rufe dazu auf, dass wir uns gemeinsam überlegen, wie wir es schaffen, dass mehr junge Menschen in die Pflegeberufe gehen, anstatt dass sie Jura oder Volkswirtschaft oder BWL studieren;

(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ich bin selber Volkswirt. Ich bin der Meinung: Das müssen wir an dieser Stelle machen. Hierzu sind wir bereit.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Herr Theurer, kommen Sie zum Schluss.

Ich bin der Meinung, dass wir hier nicht mit falschen Argumenten vorgehen sollten. Die Lage ist wirklich dramatisch.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wir haben das schon vor zwei Jahren gesagt!)

Aber jetzt den Parteien SPD, Grünen und FDP vorzuwerfen, sie wären für den Pflegemangel verantwortlich, das ist unredlich, meine Damen und Herren. Helfen wir gemeinsam, dass wir mehr Menschen für die Pflege gewinnen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie haben vor zwei Jahren immer dagegengestimmt!)

Als nächster Redner hat Martin Sichert für die AfD-Fraktion das Wort. Ich lenke die Aufmerksamkeit zur Tribüne. Herr Sichert spricht von oben von der Tribüne.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532398
Wahlperiode 20
Sitzung 3
Tagesordnungspunkt Infektionsschutzgesetz, Impfpassfälschung
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