Sabine DittmarSPD - Bundeszuschussverordnung 2022
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn wir heute angesichts rasant steigender Infektionszahlen neue, sehr einschneidende Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus beschlossen haben – 3 G am Arbeitsplatz, 3 G im öffentlichen Personennah- und ‑fernverkehr, verpflichtendes Homeoffice, stringentes Testregime überall dort, wo Menschen betreut, behandelt, gepflegt oder untergebracht sind –, gehört auch zur Wahrheit, dass wir im internationalen Vergleich unser Land bislang gut durch die Pandemie gesteuert haben. Richtig ist, dass wir unsere Lehren ziehen müssen – auch aus den windigen Maskendeals, dem zu langsamen Impftempo und manchmal unerträglichen Durcheinander unserer föderalen Vielstimmigkeit.
Das Gesundheitssystem vor dem Kollaps zu bewahren, Triage zu vermeiden, soziale und wirtschaftliche Folgen der einschneidenden Schutzmaßnahmen abzufedern, darauf war unser Hauptaugenmerk gerichtet. Olaf Scholz hat das Bild der Bazooka benutzt, um deutlich zu machen, dass wir weiterhin alle Mittel einsetzen werden, die erforderlich sind, um Corona die Stirn zu bieten. Er hat klargemacht, dass wir über die nötigen Mittel verfügen. Damit schafft er Vertrauen, Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und die Krisenfestigkeit unseres Staates.
(Beifall bei der SPD)
Der Internationale Währungsfonds berichtet, dass Deutschland mit seinen Coronaausgaben im Januar 2021 im Vergleich mit allen anderen Industrienationen auf Platz sechs lag. Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt gab kein EU-Mitglied mehr Geld zur Bewältigung der Krise aus als Deutschland.
Meine Damen und Herren, auch die gesetzliche Krankenversicherung hat in erheblichem Maße zur Krisenbewältigung beigetragen.
(Marianne Schieder [SPD]: Ja!)
Indem Schutzschirme über nahezu alle Leistungsbereiche gespannt wurden, haben wir die pandemiebedingten Folgen für die gesundheitliche Infrastruktur abgefedert. So wurden zum Beispiel Ausgleichszahlungen für Erlöseinbußen ebenso finanziert wie höhere Aufwendungen für persönliche Schutzausrüstungen und längeres Kinderkrankengeld. Wir haben einen Schutzschirm gespannt über Heilmittelerbringer, Rehaeinrichtungen und Einrichtungen des Müttergenesungswerkes.
Erst heute Morgen haben wir hier im Plenum wieder Versorgungsaufschläge für Krankenhäuser beschlossen, die Coronapatienten und ‑patientinnen behandeln. Der größte Teil dieser pandemiebedingten Zusatzausgaben wurde aus dem Bundeshaushalt finanziert, und dennoch blieben erhebliche finanzielle Belastungen für den Beitragszahler/die Beitragszahlerin der gesetzlichen Krankenversicherung.
Der Bundesrechnungshof nennt zum Beispiel die Ausgaben für mehr als 12 000 zusätzliche Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit, Prämienzahlungen an das Krankenhauspersonal und Aufwendungen für die Labordiagnostik von Coronatests. Allein im vergangenen Jahr beliefen sich diese Leistungen auf circa 2 Milliarden Euro. Die kommen natürlich allen zugute: den gesetzlich Versicherten und den privat Versicherten.
Neben den höheren Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die Coronamaßnahmen ist die gesetzliche Krankenversicherung in erheblichem Maße auch von geringeren Beitragseinnahmen betroffen. Hier geht der Bundesrechnungshof davon aus, dass allein im Jahr 2020 die Beitragseinnahmen um 4,2 Milliarden Euro geringer ausfallen, als vor der Pandemie prognostiziert wurde. Die Einnahmenrückgänge resultieren vor allem aus einem Rückgang der Beschäftigung, aus Kurzarbeit sowie erleichterten Verfahren zur Stundung von Beitragszahlungen.
Der Kassensturz bei der GKV sieht daher wie folgt aus: Die Ausgaben für Maßnahmen aufgrund unserer regulären Gesetzgebungsprozesse zur Verbesserung der Versorgung, die pandemiebedingten Zusatzausgaben und die pandemiebedingten Beitragsausfälle werden im Jahr 2022 ein Finanzloch von 7 Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung verursachen.
Das heißt, ohne zusätzliche Finanzmittel des Bundes würde das eine durchschnittliche Steigerung der Zusatzbeiträge um 0,5 Prozentpunkte zur Folge haben. Dadurch wäre die deutsche Wirtschaft mit höheren Lohnnebenkosten konfrontiert, während sie sicherlich noch immer mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie belastet sein wird.
Auch um die wirtschaftliche Erholung nicht zu gefährden, hat die alte Bundesregierung die Sozialgarantie verlängert. Danach dürfen die Sozialversicherungsbeiträge im Jahr 2022 insgesamt nicht über 40 Prozent steigen.
Meine Damen und Herren, die SPD steht hier zu ihrem Wort: Wir sorgen für Kontinuität und dafür, dass auch die neue Bundesregierung die finanziellen Zusagen der alten Bundesregierung einhalten wird.
(Beifall bei der SPD)
Das Bundesministerium für Gesundheit wurde deshalb ermächtigt, bis zum 31. Dezember 2021 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und mit Zustimmung des Deutschen Bundestages einen ergänzenden Bundeszuschuss durch Rechtsverordnung festzusetzen, sodass die 40-Prozent-Grenze nicht überschritten wird, und genau das tun wir heute. Durch die vorliegende Verordnung stellen wir einen ergänzenden Bundeszuschuss in Höhe von 14 Milliarden Euro für die gesetzliche Krankenversicherung zur Verfügung.
Meine Kolleginnen und Kollegen, durch die Stabilisierung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2022 setzen wir unseren entschlossenen und erfolgreichen Kurs zur Krisenbewältigung fort. Der Bund leistet hier einen erheblichen Beitrag zur Begrenzung der Sozialversicherungsbeiträge auf unter 40 Prozent und damit auch zu einer schnelleren Erholung der deutschen Wirtschaft nach der Pandemie.
Das Geld ist gut investiert. Damit stabilisieren wir die gesetzliche Krankenversicherung und sichern die gute gesundheitliche und pflegerische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in Zeiten von Corona und darüber hinaus.
Ich bitte deshalb um Zustimmung zu dieser Verordnung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Herzlichen Dank, Frau Kollegin. – Als Nächstes erhält das Wort Dietrich Monstadt für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7532428 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 3 |
Tagesordnungspunkt | Bundeszuschussverordnung 2022 |