Stephan PilsingerCDU/CSU - Bundeszuschussverordnung 2022
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Bundeszuschussverordnung ist ein typisches Beispiel, bei dem ich als Münchner Abgeordneter eigentlich sagen würde: Megn dad i scho, aber woin dua i ned.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für Nichtbayern im Hohen Hause: Wir müssen kurzfristig so handeln, aber eine dauerhafte Lösung ist das nicht.
(Marianne Schieder [SPD]: Aber der Spruch geht ein bisschen anders! Der Spruch geht: Wollen hätten wir schon müssen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut!)
Zusätzlich zu dem gesetzlich vorgesehenen Bundeszuschuss von 14,5 Milliarden Euro geben wir heute weitere 7 Milliarden Euro, insgesamt also 28,5 Milliarden Euro, frei, damit die gesetzliche Krankenversicherung ihre Ausgaben finanzieren kann und damit wir den Zusatzbeitrag für die Versicherten für 2022 bei 1,3 Prozent stabilisieren können. Die bekannte demografische Entwicklung, der medizinisch-technische Fortschritt, steigende Personal- und Sachkosten und nicht zuletzt die Coronapandemie bringen diesen Finanzbedarf einfach mit sich. Diese Zahl – 28,5 Milliarden Euro – muss man sich mal vor Augen führen. Im Vergleich: Die gesamten Staatsausgaben der Republik Slowenien für 2021 werden auf 25,3 Milliarden Euro prognostiziert. Wir in Deutschland müssen also mehr an Steuermitteln aufwenden, um den Zusatzbeitrag für die GKV-Versicherten stabil zu halten, als Slowenien 2021 insgesamt ausgibt.
Nach einem aktuellen, Anfang November veröffentlichten Gutachten der hochangesehenen Finanzwissenschaftler Professor Thiess Büttner und Professor Dr. Martin Werding würden bei dieser Entwicklung noch in dieser 20. Wahlperiode, bis 2025, zusätzliche Bundeszuschüsse in Höhe von 144 Milliarden Euro fällig, wenn die selbstgesteckte 40‑Prozent-Obergrenze für die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin gelten soll. Ich hoffe, Sie haben sich die Prognosen und Szenarien der Professoren sehr genau angeschaut, liebe Kolleginnen und Kollegen von Links-Gelb. Dann wissen Sie, dass es eine Hauptaufgabe der künftigen Bundesregierung sein wird, dieser Entwicklung zu begegnen. Schaut man auf den Sozialetat im Finanzbericht 2022 des Bundesfinanzministeriums, so stellt man fest, dass der Etat für die soziale Sicherung mit insgesamt 848 Milliarden Euro schon heute mehr als die Hälfte der gesamten Staatsausgaben auffrisst. Dass dies dauerhaft nicht finanzierbar und zumutbar ist, liegt auf der Hand.
Klar ist doch: Ohne eine echte Strukturreform in der Finanzierung der Sozialversicherungszweige werden wir eine aus dem Ruder laufende Anhebung der Bundeszuschüsse nicht aufhalten, wenn wir gleichzeitig die Beiträge für die Versicherten stabil und zumutbar halten wollen. Wir müssen die Finanzlage der GKV dauerhaft, generationen- und systemgerecht stabilisieren.
Nach meiner festen Überzeugung müssen wir als Staat die GKV von Aufgaben und damit Ausgaben entlasten, die nicht originär in ihren Aufgabenbereich fallen, zu denen die GKV in den letzten Jahren aufgrund der guten Finanzlage zunehmend herangezogen worden war. Dies sind Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge des Staates, die nicht die Gemeinschaft der Versicherten per se zu tragen haben sollte. Offensiv stelle ich hier mal die Übernahme der versicherungsfremden Leistungen durch den Bundeshaushalt zur Debatte oder die Entlastung der sozialen Pflegeversicherung von der Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge der pflegenden Angehörigen.
Wir sollten auch über die vom GKV-Spitzenverband erneut geforderte Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel und bestimmte Hilfsmittel von 19 auf 7 Prozent nachdenken. Allein dieser Schritt würde die GKV nach Berechnungen des GKV-Spitzenverbands um rund 6 Milliarden Euro jährlich entlasten. Ich kann Ihnen beim besten Willen nicht erklären, warum der Mehrwertsteuersatz bei einem lebensnotwendigen Medikament bei 19 Prozent liegt, bei einem Rennpferd aber bei 7 Prozent.
Meine Damen und Herren, mit vollem Herzen zustimmen zur Bundeszuschussverordnung 2022 kann ich nicht; zustimmen muss ich aber in Verantwortung für unser Gesundheitssystem und für unsere Patienten. Aber das Thema nach der Abstimmung ad acta zu legen nach dem Motto „Die Löcher sind gestopft; jetzt haben wir wieder Zeit für anderes“, wäre falsch und unverantwortlich.
Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.
Wir müssen eine langfristige Finanzierung des GKV-Systems finden, generationengerecht und stabil. Dafür bieten wir als CDU/CSU-Fraktion unsere konstruktive Mitarbeit an.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Habt ihr auch ein Konzept? – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das war jetzt der Beitrag von Dunkelschwarz!)
Ich schließe die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7532433 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 3 |
Tagesordnungspunkt | Bundeszuschussverordnung 2022 |