18.11.2021 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 3 / Tagesordnungspunkt 4

Till MansmannFDP - Unionsrechtliche Vorgaben im Umsatzsteuerrecht

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, als erster Redner in dieser Debatte erst einmal das Thema kurz zu umreißen: In der Umsatzsteuerpauschalierung, die der Gesetzgeber land- und forstwirtschaftlichen Betrieben unter bestimmten Voraussetzungen, die gerade noch einmal angepasst wurden, gewährt, erkennt die EU-Kommission unzulässige Beihilfen, und unser eigener Bundesrechnungshof sagt uns, dass diese Einschätzung nicht von der Hand zu weisen ist. Da die EU-Kommission bereits sowohl ein Vertragsverletzungsverfahren als auch ein Beihilfeverfahren eingeleitet hat, drohen nun erhebliche Prozessrisiken und Rückforderungen, insbesondere zum Schaden der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe. Der jetzt nur noch geschäftsführend im Amt befindlichen Bundesregierung ist es in den letzten vier Jahren nicht gelungen, sich auf eine Anpassung der Pauschalierung zu einigen, die den Gefahren, die in den Verfahren auf europäischer Ebene drohen, deutlich entgegentritt.

(Beifall bei der FDP)

Es ist jetzt einfach so: Wenn wir die Möglichkeit der Pauschalierung grundsätzlich erhalten wollen, was die Bürokratie bei den betroffenen Betrieben genauso wie für unsere Finanzverwaltung reduziert, und dabei die Verfahrensrisiken deutlich begrenzen wollen, müssen wir noch in diesem Jahr, also noch vor Bildung der neuen Bundesregierung – also heute –, dieses Gesetz verabschieden. Wir müssen den Satz, den die Betriebe in Rechnung stellen können, von 10,7 auf 9,5 Prozent senken.

Wir, die sogenannten Ampelparteien, haben das Vorhaben, das die Große Koalition in vier Jahren nicht hingekriegt hat, pragmatisch umgesetzt. Wir legen diesen Gesetzentwurf nun vor. Das hat Kompromisse erfordert. Nicht mit allem sind wir Freien Demokraten wirklich glücklich. Die Fristen sind jetzt alle sehr knapp. Die jährlich fällige Neuberechnung weist systematische Schwächen auf.

Bei der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs und in der Sachverständigenanhörung Anfang dieser Woche haben Sie, geschätzte Kollegen der Union, mit Recht auf einige Probleme hingewiesen, die wir auch sehen. Im Hauptausschuss gab es dazu von Ihnen keine weiteren Fragen. Ich gehe also davon aus, dass Sie heute hier zustimmen, weil Sie das Prozessrisiko ähnlich wie wir einschätzen. Mit Fehleinschätzungen der europäischen Rechtslage haben Sie ja bei der Maut Erfahrungen gesammelt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein guter Vergleich!)

Den Änderungs- und den Entschließungsantrag der anderen Oppositionsfraktionen lehnen wir ab, weil sie gerade die prozessualen Risiken nicht ausreichend berücksichtigen.

Wir sorgen jetzt dafür, dass den landwirtschaftlichen Betrieben die Möglichkeit der Pauschalierung erhalten bleibt. Wir sorgen dafür, dass sie europarechtskonform ausgestaltet und damit zukunftssicher gemacht wird. Wir sorgen auch dafür – das ist uns Freien Demokraten gerade vor dem Hintergrund der erkannten Schwächen sehr wichtig –, dass die künftige Festsetzung des Satzes in einem jährlichen formellen Gesetzgebungsverfahren durchgeführt wird. Der Bundestag bleibt damit Herr des Verfahrens, genauso wie es zahlreiche Sachverständige bei der Anhörung am 15. November gefordert haben. Damit stellen wir auch für die betroffenen Betriebe größtmögliche Transparenz her.

Die Berechnung des Pauschalierungssatzes in § 24 Umsatzsteuergesetz hat in der Sachverständigenanhörung auch für Diskussionen gesorgt. Die Einbeziehung von Unternehmen in die Berechnung, die jetzt nicht mehr zu den Begünstigten zählen, führt möglicherweise für die betroffenen Betriebe zu Nachteilen. Ebenso führt die Umstellung des Pauschalierungssatzes während des laufenden Wirtschaftsjahres zu erheblichen buchführungsrelevanten Problemen. Bei künftigen Gesetzgebungsverfahren sollten diese Umstände stärker bedacht werden und für frühzeitigere parlamentarische Verfahren sorgen.

Des Weiteren wird mit dem Gesetz für bestimmte Einfuhren und Lieferungen als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie eine Steuerbefreiung eingeführt. Auch diese Anpassung wird von uns Freien Demokraten begrüßt.

Wir werden natürlich unserem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächste erhält das Wort für die SPD-Fraktion die Kollegin Cansel Kiziltepe.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532437
Wahlperiode 20
Sitzung 3
Tagesordnungspunkt Unionsrechtliche Vorgaben im Umsatzsteuerrecht
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