Otto FrickeFDP - Stabilisierungsfondsgesetz, Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetz
Geschätzte Frau Präsidentin! Auch wenn ich jetzt denke: „Warum gehen die alle, wenn ich mit der Rede anfange?“, möchte ich als Allererstes hervorheben, dass wir jetzt hier einen Gesetzentwurf vorliegen haben, den ich gemeinsam mit den Kollegen Sven-Christian Kindler und Dennis Rohde vorbereiten durfte, und ich will damit zeigen, wie diese neue Ampelkoalition auch schon gearbeitet hat, als der Bundeskanzler noch gar nicht gewählt war.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen: Wir haben in den nächsten Monaten neben all den Aufgaben, die der Koalitionsvertrag an uns heranträgt, ganz wesentliche Überlegungen zu treffen: Wie stabilisieren wir unsere Wirtschaft? Wie stabilisieren wir unsere Sozialsysteme? Wie stabilisieren wir insbesondere die betroffenen Unternehmen in der nächsten Zeit, in der Phase, in der wir noch nicht genau wissen, wie es mit Corona weitergeht?
Dementsprechend legt Ihnen die Koalition einen Gesetzentwurf vor, der als eines der Elemente neben der Frage „Kurzarbeit und Überbrückung“ ganz essenziell für deutsche Unternehmen ist.
Er umfasst Änderungen, die sich auf das Stabilisierungsfondsgesetz und – wir sehen es ja sehr schön an der Anzeigetafel – das Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetz beziehen.
Bei beiden Gesetzen geht es letztlich darum, wie wir größeren, aber auch mittelständischen Unternehmen helfen, wenn sie in Liquiditätsschwierigkeiten kommen. Eigentlich sollten diese Gesetze zum Ende des Jahres auslaufen. Das hätte bedeutet, es hätten keine weiteren Anträge mehr bearbeitet werden können. Das hätte bedeutet, es hätten weitere Hilfen, trotz der Notwendigkeiten, die uns Corona aufzwingt, nicht mehr so erfolgen können, wie es nötig wäre. Wir als Koalition sind zu dem Ergebnis gekommen – ich danke da den Kollegen –: Ja, wir verlängern; aber wir verlängern nicht ad infinitum, sondern wir sagen ganz klar, dass wir aus dieser Situation irgendwann auch rauskommen müssen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass wir zum Ende des Monats Juni 2022 die möglichen Hilfen aus diesem Fonds beenden werden. Das bedeutet: Ab dann wird es keine neuen Beschlüsse mehr geben. – Gleichzeitig beheben wir aber auch einen Konstruktionsfehler des alten Gesetzes, nämlich dass die Antragsfristen quasi noch bis zum Ende des Gesetzentwurfes gelten. Das gibt allen beteiligten Unternehmen, seien sie klein, seien sie mittel, seien sie groß – ich nenne hier nur das Beispiel Lufthansa –, die Möglichkeit, Hilfen vom Staat dann zu bekommen, wenn sie in ihrer Liquidität gefährdet sind.
Zweitens – und das ist ganz wichtig – machen wir aber auch etwas, was für meine Fraktion von ganz besonderer Bedeutung ist – das ist auch ein Signal an die Kapitalmärkte –: Wir haben durch die bisherige Form der durch die Große Koalition eingebrachten Gesetze ein Volumen von – Achtung! – 600 Milliarden Euro gehabt, die bereitgestellt wurden. Diese 600 Milliarden Euro waren ein Sicherheitspuffer; ich billige der alten Regierung auch durchaus zu, dass dieser richtig war. Aber er war zu hoch, weil – das möchte ich deutlich sagen – es erkennbar nicht notwendig war, so viel zu helfen. Es wurden etwa im Bereich der Unternehmenshilfen von den bis zu 100 Milliarden Euro, die wir angeboten haben, maximal 8 Milliarden Euro genutzt. Das reduzieren wir jetzt. Wir brauchen diese 100 Milliarden Euro nicht. Stattdessen geben wir dem Kapitalmarkt, geben wir denjenigen, die Deutschland auch in Zukunft Hilfen am Kapitalmarkt geben werden, denen, die unsere Bonds zeichnen werden, ein deutliches Signal und reduzieren den Betrag von 100 Milliarden auf 50 Milliarden Euro.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Und bevor jetzt hier Kritik kommt: Das ist immer noch das Zehnfache dessen, was bisher in Anspruch genommen wurde. Es ist damit ausreichend.
Bei den ausgestellten Garantien gehen wir von 400 Milliarden Euro zurück auf 100 Milliarden Euro, weil diese Garantien bisher nicht genutzt wurden. Auch das ist ein Zeichen, das wichtig ist.
Ich will dabei zum Schluss meiner Rede den Zusammenhang mit dem, was auch in der nächsten Woche noch auf uns zukommt, deutlich hervorheben. Da geht es um die Frage, wie wir im Haushalt insgesamt stehen. Weil die wirtschaftliche Entwicklung so ist, wie sie ist, weil wir auch beim Thema Nachhaltigkeit – das sage ich jetzt besonders in Richtung meiner neuen Freunde von den Grünen – einen erheblichen Umbau unserer Industrie brauchen, werden wir sehr viele Haushaltsmittel benötigen. Dafür muss der Bundeshaushalt die entsprechenden Volumina haben. Deswegen, glaube ich, zeigen wir mit diesem Gesetzentwurf auch sehr deutlich, dass die Flexibilität des Haushalts gegeben ist und ausreichend Mittel zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, zum Schluss: Heute reden wir darüber, wie wir helfen, wie wir stabilisieren. Aber wir müssen auch ganz klar erkennen: Wir werden bei Maßnahmen – und das sage ich in Richtung Arbeits- und Sozialministerium, aber auch in Richtung Wirtschaftsministerium – sehr genau gucken, wie wir in den nächsten Monaten aus der Situation „Corona“ herausgleiten; denn wir können diese Hilfssysteme nicht dauerhaft anbieten. Wir müssen aus einer Stagnation herauskommen.
Deswegen schließe ich auch für den Kollegen Rohde – weil ich nicht immer Shakespeare oder Goethe zitieren will – mit Herrn Willy Brandt, aus der Regierungserklärung 1969: „Unser Ziel lautet: Stabilisierung ohne Stagnation“.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7532588 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 6 |
Tagesordnungspunkt | Stabilisierungsfondsgesetz, Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetz |