Volker UllrichCDU/CSU - Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am gestrigen Tage sind in Deutschland 484 Menschen an Corona verstorben.
(Zuruf von der AfD: Mit oder an!)
50 000 bis 60 000 Neuinfektionen haben wir nach wie vor pro Tag zu verzeichnen, 5 000 Menschen werden intensivmedizinisch behandelt. Corona ist nicht weg. Es ist eine große, dringende Herausforderung an die gesamte politische Agenda, und wir müssen uns dieser Herausforderung stellen, weil der Schutz des Lebens und die Handlungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems im Mittelpunkt unserer gemeinschaftlichen Überlegungen stehen müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sehen uns der Omikron-Variante gegenüber, von der wir noch nicht genau wissen, wie sie sich entwickeln wird; aber sie hat hohe Zuwachsraten. Deswegen braucht der Staat Handlungsfähigkeit. Er muss die entsprechenden Instrumente haben, um dieser Krise Herr werden zu können.
Dieses Gesetz repariert nur, was die vorherige Änderung des Infektionsschutzgesetzes offengelassen hat. Jetzt zu sagen: „Wenn die Lage sich weiter verschärft, dann können wir im Januar nachschärfen“, ist vor dem Hintergrund dieser Entwicklung eigentlich fahrlässig. Wir brauchen jetzt die volle Handlungsfähigkeit des Staates.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich bin auch froh, dass die FDP in Regierungsverantwortung bei dieser Angelegenheit auch ein Rendezvous mit der Realität bekommen hat. Vor einem halben Jahr haben noch zahlreiche Kollegen gegen die Bundesnotbremse gekämpft und Verfassungsbeschwerde eingelegt.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Genau! Das ist unser demokratisches Recht, Herr Kollege!)
Diese Auffassung kann man haben. Aber jetzt müssen Sie sich angesichts auch der Verfassungsmäßigkeit der Bundesnotbremse den neuen Realitäten stellen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Kennen Sie das Wort „parlamentarische Demokratie“?)
Die Länder bekommen mehr Befugnisse. Aber uns irritiert trotzdem, dass es einen Unterschied zwischen der epidemischen Lage des Bundes und jener der Länder gibt. Wenn der Bund sie feststellt – was dieser Bundestag leider nicht gemacht hat –, dann ist der volle Instrumentenkasten da. Wenn die Länder das machen, dann fehlen gewisse Möglichkeiten, die notwendig sind. Warum trauen wir den Ländern, wenn sie eine epidemische Lage in ihrem Bundesland feststellen, nicht auch zu, den vollen Instrumentenkasten zu nutzen? Geben wir doch den Ländern die Befugnisse, die sie brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das sind sogar noch mehr!)
Selbst wenn die Länder die Befugnisse haben, bedeutet das nicht, dass diese Befugnisse automatisch gelten, sondern auch diese Befugnisse sind ein Vorrat, der dann genutzt wird, wenn es im Rahmen der Verhältnismäßigkeit notwendig ist. Befugnisse bedeuten doch nicht sofort einen Vollzug, sondern nur die Chance, den Instrumentenkasten, den wir haben, vollumfänglich zu nutzen, um der Krise Herr zu werden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Andrew Ullmann [FDP]: So wie in Bayern!)
Mit diesem Gesetz schaffen Sie eine Zweiklassengesellschaft der Länder.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Ja! Die einen haben eine hohe Impfquote, die anderen eine niedrige!)
Denn die Länder, die bis zum 25. November 2021 den vollen Instrumentenkasten hatten, dürfen ihn bis zum 19. März 2022 benutzen, und die, die vor dem 25. November 2021 nichts gemacht haben, haben nicht den vollen Instrumentenkasten. Das ist doch vor dem Hintergrund, dass alle Länder diesen Kasten brauchen könnten, eigentlich nicht sachgerecht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bei der sektorbezogenen Impfpflicht ist es gut, dass die Pflegekräfte, die mit vulnerablen Gruppen zu tun haben, ihrer Verantwortung nachkommen müssen und sich impfen müssen, um sich und andere zu schützen.
(Zuruf von der AfD: Die werden jeden Tag getestet!)
Ich sage auch, dass man im Hinblick auf eine mögliche Impfpflicht die Grundlagen schaffen muss. Aber selbst wenn es jedem Abgeordneten unbenommen ist, bei der möglichen Frage einer allgemeinen Impfpflicht nach seinem Gewissen abzustimmen, so muss klar und deutlich werden, dass sich die Bundesregierung insgesamt bei der Frage der allgemeinen Impfpflicht nicht wegducken kann. Sie muss zu einer einheitlichen Linie kommen und diese dem Bundestag vorlegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Ein letzter Gedanke zu etwas, das mich in diesen Tagen bewegt. Das sind die Bilder aus Sachsen, wo vor dem Haus der sächsischen Gesundheitsministerin demonstriert wird. Das ist keine Demonstration; das ist ein einschüchternder Aufmarsch. Es gibt Mord- und Todesdrohungen gegen den sächsischen Ministerpräsidenten, Hass und Hetze bei Telegram und in sozialen Netzwerken. Da muss eines klar und deutlich gemacht werden: Das ist keine Art von legitimem Protest gegen diese Maßnahmen, das zersetzt die Demokratie, und dem muss sich der Rechtsstaat mit allen Mitteln zur Wehr setzen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)
Dieser Frage, der Frage der Regulierung von Telegram und von sozialen Netzwerken, muss sich die neue Bundesregierung schnellstens annehmen, um diese Morddrohungen zu unterbinden.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Tut sie ja! – Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Hat sie gemacht!)
Das ist eine wichtige Aufgabe, die bleibt.
Für heute werden wir diesem Gesetz mit all den Anmerkungen, die wir gemacht haben, dennoch zustimmen, weil es wichtig für unser Land ist.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Dr. Dahmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7532694 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 7 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 |