16.12.2021 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 9 / Tagesordnungspunkt 4

Frank SchwabeSPD - Engagement für Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Menschenrechte sind unteilbar, universell und unveräußerlich; man kann sie nicht mal abgeben, wenn man das selbst möchte. Sie gelten in Deutschland, sie gelten aber auch in anderen Teilen der Welt, und wir wollen alles dafür tun und alles dazu beitragen, um ihnen Geltung zu verschaffen.

Wir wollen, dass Menschen in Freiheit leben, und Freiheit meint eben auch Freiheit, zu glauben, was man möchte, eine Religion auszuüben, sich einer Religion anzuschließen oder eben auch nicht. Ich will daran erinnern, dass das natürlich auch eine Verpflichtung im Inland ist, wenn wir das im Ausland anmahnen. Wir müssen immer daran denken, wenn wir über Moscheebauten, Minarette, Muezzinrufe und anderes reden: Das gilt entsprechend auch für uns.

Der Kollege Michael Brand hat den Antrag der Union gerade vorgestellt. Im Antrag steht ausdrücklich, wie das Amt geschaffen wurde. Ich will unterstreichen: Das ist alles so richtig. Wir haben das gemeinsam auf eure Initiative hin vereinbart. Wir haben das Amt eines Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit – aber eben auch für Glaubensfreiheit – geschaffen. Markus Grübel war der Erste, der das Amt ausgeübt hat. Er hat es durch seine Persönlichkeit geprägt, ausgewogen agiert, und, ich denke, er wurde allseits geschätzt. Deswegen will ich im Namen meiner Fraktion, aber wahrscheinlich auch von vielen anderen, herzlichen Dank sagen.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und der LINKEN)

Und das Amt wird bleiben. Das hat gestern Bundesministerin Svenja Schulze schon deutlich gemacht. Es gibt viele Menschen auf der Welt, aber auch in Deutschland, die unterdrückt werden, die Hoffnung in dieses Amt setzen und gerne hätten, dass ihnen geholfen wird, dass ihnen zugehört wird, und deswegen soll das Amt bleiben.

Wir fangen also nicht bei null an, nicht in Deutschland und auch nicht international. Wir haben den EU-Sonderbeauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, auch wenn die Stelle gerade nicht besetzt ist. Wir haben einen UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit, Ahmed Shaheed. Vorher war das Heiner Bielefeldt, der das Amt sehr geprägt hat.

Ich glaube, man muss klarmachen: Bei der Religions- und Weltanschauungsfreiheit geht es um das Recht der Religionsausübung. Es geht aber nicht so sehr um das Recht von Obrigkeiten, darüber zu entscheiden, wie Religion ausgeübt wird. Das Recht, eine Religion zu haben, ist ein Freiheitsrecht, und so muss es auch verstanden werden. Es ist ein individuelles Recht auf Ausübung von Religion und eben kein Kollektivrecht. Deswegen will ich gerne Heiner Bielefeldt – der international wirklich eine führende Rolle innehat –, zitieren:

Die Religionsfreiheit schützt nicht religiöse Dogmen oder religiöse Werte als solche, sondern die Freiheit von Menschen, sich in Fragen von Religion frei zu orientieren … ohne Angst und ohne Diskriminierung in Freiheit.

Ich will noch mal deutlich machen: Es geht nicht darum, Obrigkeiten zu unterstützen, die definieren wollen, was Religion ist, wie Religion ausgeübt werden soll, sondern immer darum, Menschen die Freiheit zu geben, ihren Glauben, ihre Religion entsprechend auszuüben. Und das können viele Menschen auf der Welt eben leider nicht. Das ist das Problem. Nach den Zahlen des Pew Resarch Centers von 2019 ist es so, dass in 52 Ländern auf der Welt die Religionsfreiheit und die Freiheit von Religionsgemeinschaften hohen oder sehr hohen Restriktionen ausgesetzt ist,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Christen vor allen Dingen!)

dass in 70 Ländern es Blasphemie- oder Antikonversionsgesetze gibt. Viele sind davon betroffen weltweit: vor allem Juden, Christen, Muslime, aber auch kleinere religiöse Gruppen oder Religionsgemeinschaften wie die Ahmadiyya in Pakistan, die Bahai im Iran oder die Kopten in Ägypten; die Aufzählung ist nicht vollständig, man könnte viele andere Gruppen hinzufügen. All die verdienen unsere Aufmerksamkeit und unsere Unterstützung.

In diesem Sinne will ich betonen: Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist ein wichtiges Menschenrecht. Es darf aber nicht in künstlichen Gegensatz zu anderen Menschenrechten gesetzt werden, zum Beispiel zum Menschenrecht auf Meinungsfreiheit. Deswegen ist es manchmal ein nicht ganz einfacher Diskurs, den wir zu führen haben. Aber es ist ein wichtiger, ein richtiger Diskurs, ein spannender Diskurs, und wir werden ihn auch in den nächsten vier Jahren hier gemeinsam führen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Jürgen Braun.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532774
Wahlperiode 20
Sitzung 9
Tagesordnungspunkt Engagement für Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit
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