Johann WadephulCDU/CSU - Außen, Europa und Menschenrechte
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin, weil es die erste Gelegenheit ist, mit Ihnen gemeinsam hier zu debattieren, zunächst einen Glückwunsch zu den Antrittsbesuchen in Paris, Brüssel, auch in Warschau – das war sehr wichtig –, zu dem Besuch in Washington und bei anderen internationalen Gremien. Sie haben den richtigen Ton getroffen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben sich klar für eine enge und verlässliche transatlantische Partnerschaft ausgesprochen, sich zur Verantwortung Deutschlands in der NATO bekannt und in Europa die ersten wichtigen Zeichen gesetzt. Auch der Koalitionsvertrag – das habe ich an anderer Stelle bereits gesagt – ist von einem erfreulichen Maß an Realismus und Pragmatismus geprägt, jedenfalls in Worten.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
In diesem Sinne, Frau Außenministerin, biete ich Ihnen ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der CDU/CSU-Fraktion an. Ich glaube, es ist wichtig, dass die demokratische Mitte dieses Hauses bei den wichtigen europäischen und internationalen Vorhaben und Herausforderungen zusammenarbeitet; die CDU/CSU ist dazu bereit.
(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Gleichwohl zeigen sich das wahre Ambitionsniveau und die konkrete Politik im Handeln: The proof of the pudding is in the eating. Der Koalitionsvertrag ist in diesem Sinne viel-versprechend, im wahrsten Sinne des Wortes, und es zeigen sich auch erste Bruchlinien in der Ampelkoalition. Vielstimmigkeit ist aber genau das, was wir jetzt nicht brauchen; Sie haben selber von Kohärenz und von Realitätssinn gesprochen. Deswegen zu einigen Punkten ein paar Anmerkungen:
Stichwort „Russland“: Da versteigt sich der Generalsekretär der größten Regierungsfraktion zu der Aussage, im Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine werde ein internationaler Konflikt herbeigeredet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser internationale Konflikt ist durch einen immensen Truppenaufmarsch an der Grenze der Ukraine von Putin herbeibefohlen und nicht von uns herbeigeredet worden – demselben Putin, der schon die Krim annektiert hat, der die Souveränität der Ukraine im Osten ständig verletzt. Das war bisher die einhellige Meinung in Europa. Was ist dazu die Meinung der Ampelkoalition? Was ist die außenpolitische Position? Waffenlieferungen à la Habeck oder Geschichtsklitterung à la Kühnert?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dazu erwarten wir Ihre Antworten.
Stichwort „China“: Sie haben sich zur Menschenrechtslage auch in Xinjiang klar geäußert, das auch problematisiert. Hier erwarten wir eine kohärente Position der gesamten Bundesregierung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist nicht damit getan, dass zwei Ministerinnen – so lobenswert das im Ergebnis auch ist – sagen, dass sie nicht zu den Olympischen Spielen fahren. Wahrlich europäisch ist nur, wenn man das auf europäischer Ebene abstimmt und das gemeinsam mit den Partnerländern in Europa macht und nicht ein Teilkabinett eine singuläre Teilentscheidung trifft.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Also, da können Sie deutlich besser werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Stichwort „Europa“: Sie haben sich Größtes vorgenommen, die Vereinigten Staaten von Europa – kleiner geht es nicht! –, um dann gleich beim Thema Taxonomie einen strikt nationalstaatlichen Kurs zu fahren.
(Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Ampelkoalitionäre, auch an der Stelle müssen Sie besser werden! – Ja, das tut Ihnen weh, liebe Grüne. Aber das ist nationalstaatlich gedacht, das ist nicht europäisch-staatlich gedacht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Da müssen Sie schon zur Kenntnis nehmen, dass die klare Mehrheit in Europa das anders sieht.
Und um die EU und ihre Handlungsfähigkeit steht es schlecht. Die wichtigsten Verhandlungen über die Zukunft der EU, über Europa werden derzeit in Genf geführt, von Russen und Amerikanern. Europäer sitzen noch nicht einmal am Katzentisch. Was tun Sie denn dafür, dass wir dabei sind? Was sind denn Ihre Vorschläge, die dazu führen, dass wir dabei sind? Selbst Ralf Fücks, ein Grüner, hat dazu Vorschläge gemacht, was man von Russland an der Stelle alles erwarten könnte: die Krim wieder freigeben; die Ukraine in Ruhe lassen; aufhören mit Mordanschlägen auf Oppositionelle aus Russland usw. usf.
An der Stelle denke ich oft an Bruno Moravetz, der immer gefragt hat: Wo ist Jochen Behle? Ich frage mich: Wo ist Olaf Scholz? Wann fängt er endlich an, auch außenpolitisch? Wann fängt diese Bundesregierung endlich an – auch außenpolitisch –, Europa hier wieder voranzutreiben – natürlich gemeinsam mit Frankreich, meine lieben Kolleginnen und Kollegen?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diplomatie ist wichtig; das haben Sie gesagt. Aber Wolfgang Ischinger hat darauf hingewiesen, dass wir an der richtigen Stelle auch militärische Fähigkeiten brauchen. Wie steht es darum? Da setzen Sie einen besonderen Akzent im Koalitionsvertrag: Wir sollen bei der Vertragsstaatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrags einen Beobachterstatus haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
– Ja, das ist Ihre große Forderung gewesen. – Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, niemand findet Atomwaffen gut. Nur, sie tragen zu unserer Sicherheit bei in Europa. Mit Ihrer Haltung begeben Sie sich auf eine vermeintlich moralisch bessere Position, während Amerikaner und Briten und Franzosen sozusagen die Schmuddelarbeit machen dürfen. Nein, so ist es nicht.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich komme zum Schluss. – Das sind unsere Partner. Wer wahrlich europäisch denkt und im Bündnis denkt, der stellt unsere Bündnispartner nicht in ein schlechtes Licht, sondern leistet einen eigenen Verteidigungsbeitrag und würdigt, was andere für unseren Frieden und unsere Freiheit leisten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Wadephul. – Für die SPD-Fraktion erhält nunmehr das Wort der Kollege Dr. Nils Schmid.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7532955 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 10 |
Tagesordnungspunkt | Außen, Europa und Menschenrechte |