12.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 10 / Tagesordnungspunkt 2

Patricia LipsCDU/CSU - Außen, Europa und Menschenrechte

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Außenministerin, auch von meiner Seite noch mal allseits eine glückliche Hand für große Aufgaben! Kolleginnen und Kollegen! Von Klima bis China, wenn Sie mir diese Formulierung erlauben, von Geldwertstabilität über wirtschaftliche Prosperität bis zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik: Nur gemeinsam mit unseren europäischen Partnern werden wir im globalen Wettbewerb bestehen. Europa braucht ein starkes Deutschland; aber um das zu sein, brauchen wir als größtes Land ein funktionierendes Europa, und ich glaube, darüber sind sich hier im Haus zumindest die allermeisten einig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Basis hierfür bilden klare Regeln, die Achtung selbstgegebenen Rechts. Unser Ziel muss es doch sein, das Vertrauen und damit die Akzeptanz der Menschen in die handelnden Institutionen zu erhalten. Frau Ministerin, Sie haben das Wort „regelbasiert“ genutzt, mehrfach. Ich habe mich darüber gefreut. Wir werden Sie daran messen.

Dies ist im Übrigen auch untrennbar mit dem Handeln in unserem eigenen Land verbunden. Nur zwei Beispiele: Wenn wir eine Stärkung gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik wollen, dann müssen wir doch auch im eigenen Land bereit sein, Mittel bereitzustellen und damit Verantwortung zu übernehmen. Das hat etwas mit der Stärkung auch der europäischen Souveränität zu tun. Sind Sie – wie wir – alle dazu bereit? In der Vergangenheit jedenfalls war dies nicht immer der Fall.

Wenn wir Geldwertstabilität – Herr Schmid, Sie nannten den Begriff „starker Euro“ zu Recht – wollen und die Inflation aktuell vielen von uns zu Recht Sorgenfalten auf die Stirn treibt, dann muss uns doch auch der weitere Umgang mit Themen wie dem Stabilitäts- und Wachstumspakt beschäftigen. Sind Sie sicher, dass hier in Teilen der Ampel in diesen Tagen die richtigen Signale gesendet werden?

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Ich erinnere daran: Erst vor Kurzem haben auch wir den Weg frei gemacht, hier in diesem Hause, zu einem gemeinsamen Wiederaufbau innerhalb der EU nach der Coronakrise. Es wurden Mittel in historischer Dimension zur Verfügung gestellt, mit dabei ein Paradigmenwechsel: die Aufnahme von Schulden durch die Europäische Union. Die Spielregeln dafür waren glasklar. Wenn Sie dabei bleiben, die damaligen Bedingungen einzuhalten, auch in dieser Koalition, dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Wenn Sie jedoch in diesen Tagen parallel eine Diskussion beginnen, die zu einer Neuregelung oder gar Aufweichung der Stabilitätskriterien im Grundsatz geradezu auffordert, also in einer Zeit, in welcher der beschriebene Prozess gerade erst seinen Anfang genommen hat, dann endet diese Diskussion in maximaler Irritation und Verunsicherung. Dann müssen Sie ebenso klar sagen, wo Sie damit hinwollen.

Kolleginnen und Kollegen, es gibt keine guten oder schlechten Schulden, je nach politischen Schwerpunkten oder Wetterlagen. Die Basis für stabiles Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und damit verbunden soziale Sicherheit liegt immer in einer nachhaltigen Finanzpolitik, ob in Berlin oder in Brüssel. Sie bildet die Grundlage für die Einzelthemen, die es unstreitig zu benennen gilt und die auch erwähnt wurden. Am Ende hat es auch ganz viel mit Generationengerechtigkeit zu tun.

Ein weiteres Thema. Sie wollen die Mitwirkungsmöglichkeiten des Deutschen Bundestages am Geschehen in Europa stärken. Hier haben Sie uns an Ihrer Seite. Gleichzeitig liebäugeln Sie in Ihrem Koalitionsvertrag mit einem föderalen Bundesstaat Europa. Kolleginnen und Kollegen, dann müssen Sie aber auch klar benennen, an welchen weiteren Stellen Sie nationale Souveränität aufgeben wollen. Oder besser gefragt: Wo lassen Sie diese Souveränität bei anderen bereits heute eigentlich nicht mehr zu? Das Beispiel wurde doch schon genannt: der Entwurf der EU-Kommission zur Taxonomie, sprich: dem Nachhaltigkeitssiegel für Energieformen. Ich sage das jetzt ohne Bewertung; aber lösen wir die großen Herausforderungen, vor denen Europa in seiner Vielfalt steht – historisch in Teilen völlig unterschiedlich gewachsen –, mit nationalstaatlicher Ideologie oder auch allzumal mit der Macht des Möglichen? Wie ist bei diesem konkreten Thema Ihr Beitrag für einen Zusammenhalt der Gemeinschaft, und wie geht es weiter?

Alles in allem haben wir die Frage zu beantworten: Welche Rolle muss dieser Kontinent in Zukunft spielen, um Wohlstand und Sicherheit für seine Menschen in den Mitgliedstaaten auch weiterhin zu gewährleisten in einer Welt, die sich gerade neu sortiert? In Ihrem Koalitionsvertrag sehen wir viele wohlfeile Worte. Es wird umso spannender sein, zu sehen, wie Sie sie konkret mit Leben erfüllen. Allein die vergangenen Tage jedenfalls lassen für uns manche Zweifel aufkommen, wenn es um die Substanz geht. Wo es möglich ist, bieten wir Zusammenarbeit an. Aber alles andere werden wir kritisch hinterfragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich erteile das Wort Axel Schäfer, SPD-Fraktion.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7532961
Wahlperiode 20
Sitzung 10
Tagesordnungspunkt Außen, Europa und Menschenrechte
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