Jakob BlankenburgSPD - Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Präsidentin! Liebe Ministerin! Meine Damen und Herren! Als Erstes geht mein Glückwunsch zur Ernennung an Sie, liebe Frau Ministerin Lemke. Ich wünsche Ihnen eine glückliche Hand, Geduld, vor allen Dingen auch viel Freude bei der Amtsausübung, und ich versichere Ihnen, dass wir als SPD ein zuverlässiger, aber vor allen Dingen auch ein fairer Koalitionspartner sind.
Gemeinsam haben wir, SPD und Grüne, schon einmal etwas Großes in der Umweltpolitik bewirkt. Unter Gerhard Schröder und dem damaligen Umweltminister Jürgen Trittin haben wir 2000 den Atomausstieg beschlossen. Wir hätten heute einiges weniger an Atommüll, wenn die Nachfolgeregierungen das damals auch so beibehalten hätten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe neulich einen in diesem Zusammenhang sehr passenden Vergleich gelesen: Mit der Lagerung des Atommülls ist es ein bisschen so wie nach einer Party. Wenn aufgeräumt werden soll, dann machen sich die meisten aus dem Staub, die Rechnung will auch keiner zahlen. Zurück bleiben ein schaler Geschmack und ein brummender Kopf. – Ähnlich verhält es sich mit der Atomkraft: Wenn zum 31. Dezember dieses Jahres das letzte deutsche Atomkraftwerk abgeschaltet wird, dann bleiben insgesamt rund 1 900 Behälter mit hochradioaktivem Müll zurück. 27 000 Kubikmeter Abfall müssen dann sicher endgelagert werden.
Einige Ewiggestrige wollen genau so weitermachen. Im Gegensatz zu anderen Ländern und auch anderen Parteien verschwenden wir aber keine Zeit mit Überlegungen zum Wiedereinstieg in die Atomenergie, was ja auch eine breite Mehrheit der Bevölkerung nicht will,
(Andreas Bleck [AfD]: Das ändert sich aber gerade!)
und das ist auch gut so;
(Beifall bei der SPD)
denn jeder Cent, der in den Ausbau der Atomenergie fließt, fehlt beim Ausbau der erneuerbaren Energien, und sie sind es, die wir brauchen.
Statt Debatten von gestern weiterzuführen, beschäftigen wir uns heute mit der wichtigen Zukunftsfrage, wie wir radioaktive Abfälle sicher beseitigen. Dazu ist in den vergangenen Legislaturperioden schon viel Vorarbeit geleistet worden. Ich denke hier an die Einsetzung der Endlagerkommission und die umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit und der Wissenschaft. Das war für Deutschland ein völlig neues Verfahren. Es lief zwar nicht alles rund, aber unterm Strich hat es sich bewährt.
Mit dem Standortauswahlverfahren betreten wir neues Terrain. Der gesetzliche Rahmen bietet uns stabile Leitplanken, um uns sicher zu orientieren. Bis 2031 soll ein Endlagerstandort gefunden werden, bis 2050 soll ein Endlager in Deutschland betriebsbereit sein. Aber dieser Prozess wird sicher nicht frei von Konflikten sein. Manchen wird das Verfahren zu lange dauern, andere werden sich darüber ärgern, dass, aus ihrer Sicht, die Gesetze nicht immer so wirksam angewendet werden, wie es möglich scheint. Je weiter die Endlagersuche voranschreitet, desto emotionaler werden die Debatten geführt und desto größer wird auch der Druck auf die Politik werden. Ich denke hier zum Beispiel an die regionalen Verwaltungen und die Kommunalpolitiker/-innen, die sich mit vielen berechtigten Fragen, Erwartungen und Forderungen aus der Bevölkerung konfrontiert sehen werden. Und trotzdem, wenn das Verfahren angenommen wird, können wir eine neue Stufe der Transparenz und Partizipation in einem für uns so wichtigen Verfahren erklimmen. Unser Ziel ist es, Ergebnisse zu erreichen, die von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen werden. So sieht es auch das Gesetz vor; das werden wir auch umsetzen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Welche Folgen fehlende gesellschaftliche Akzeptanz haben kann, das weiß ich aus eigener Erfahrung. In meinem Wahlkreis Lüchow-Dannenberg liegt der Salzstock Gorleben. Diese Standortauswahl Ende der 1970er-Jahre wurde von weiten Teilen der Bevölkerung nicht als legitim anerkannt. Viele Bürger/-innen fühlten sich völlig zu Recht übergangen, ohnmächtig, hilflos. Aus vielen persönlichen Gesprächen weiß ich, dass diese Wut auf „die da oben“ bei vielen in Frustration umgeschlagen ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so darf Politik nicht sein, und so soll sie auch nicht mehr sein. Wir haben dazugelernt. Mit dem Standortauswahlverfahren sind wir auf einem guten Weg, eine dauerhafte und sichere Lösung zu finden, die von einer breiten Öffentlichkeit getragen wird.
Meine Damen und Herren, wenn im Jahr 2050 ein atomares Endlager in Betrieb geht, werde ich 53 Jahre alt sein. Wie wird unsere Welt dann aussehen? Was werden wir unseren Kindern und Enkeln dann über unsere Art zu leben sagen, vor allen Dingen in Bezug auf Atomkraft, aber auch auf alles, was den Klimaschutz betrifft? Werden sie stolz auf uns sein, weil wir unser Herzblut, unsere Energie und unser geballtes Know-how in die Transformation unserer Wirtschaft gesteckt haben, weil wir Umweltschutz nicht nur auf unseren Fahnen stehen haben, sondern weil das unser Leitprinzip geworden ist und weil wir all das nicht als Einschränkung und Wachstumshindernis sehen – wie wir es heute von einigen Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus hören mussten –, sondern als Grundlage für eine zukunftsfähige, starke und solidarische Gesellschaft?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Frau Bundesministerin Lemke, ich glaube fest daran, dass unsere Koalition den Mut und die Kraft hat, diese Ziele zu erreichen. Ich freue mich auf die ersten Impulse aus Ihrem Haus und auf die Zusammenarbeit.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Konstantin Kuhle [FDP])
Das Wort hat Dr. Anja Weisgerber, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7532983 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 10 |
Tagesordnungspunkt | Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz |