13.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 11 / Tagesordnungspunkt 2

Matthias MierschSPD - Wirtschaft und Klimaschutz

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von mir, Herr Minister Habeck, einen herzlichen Glückwunsch! Ich habe mich gefragt, was ich Ihnen in meiner ersten Rede, nachdem Sie Minister geworden sind, schenken kann. In den letzten Tagen hatte ich den Eindruck, dass Sie die Last dieses Ministeramtes ganz schön spüren. Deswegen will ich Ihnen das Zitat eines großen Sozialdemokraten schenken, nämlich Kurt Schumacher, der 1946 gesagt hat: „Man muss begeistert sein, um große Taten zu vollbringen!“

Das sagte jemand, der geschunden aus der Kriegszeit kam. Ich will nicht sagen, dass die Zeiten vergleichbar sind. Aber die Begeisterung für die Aufgaben, die vor Ihnen und vor uns liegen, die brauchen wir. Die müssen wir immer wieder zeigen. Das hat Verena Hubertz, wie ich fand, ganz toll gesagt: dass in dieser großen Transformation enorme Chancen stecken, dass in den neuen Technologien Chancen für neue Arbeitsplätze liegen, dass nur die Länder mit einer Exportwirtschaft erfolgreich sein können, die in Innovationen investieren. Das ist der sozialdemokratische Weg, den wir in diese Koalition hineinbringen wollen!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es ist schon ein bisschen putzig, Andreas Jung, dass nun ausgerechnet die CDU die Erfinderin des Klimaschutzgesetzes sein soll. Nein, es ist eine der großen Errungenschaften, dass das Klimaschutzgesetz von Sozialdemokraten durchgesetzt wurde und Robert Habeck dieses Instrument jetzt nutzen kann, um für die Bundesregierung einen effektiven Klimaschutz zu realisieren.

(Beifall bei der SPD)

Einen Punkt, Herr Minister, haben wir Ihnen schon mal weggeräumt: Wir haben in diesem Land einen Konsens über den Kohleausstieg. Auch das ist eine gesellschaftspolitische, historische Leistung, die aber natürlich niemals ausreicht. Sie und alle anderen, die das hier kritisiert haben, haben recht: Wir sind in der Großen Koalition an einigen Punkten weitergekommen, aber beim Schlüssel nicht ausreichend. Der Schlüssel für die Zukunft ist der maximale Ausbau der erneuerbaren Energien. Das ist der Punkt, der jetzt vor uns liegt.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

Ja, wir haben den Solardeckel abgeschafft, und wir haben, Kollege Ernst, für die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger auch Möglichkeiten der Beteiligung an Windkraftanlagen geschaffen; aber wir müssen da noch drauflegen. Da geht es jetzt tatsächlich um ganz viel, und da bin ich bei den großen Taten. Wir werden hier jetzt konkret sein müssen.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ja!)

Über Klimaziele reden wir locker, über Ausbauziele reden wir locker. Das haben wir nicht mehr geschafft, Herr Kollege Brinkhaus. Da waren wir auseinander, weil Sie da blockiert haben. Das haben wir jetzt im Koalitionsvertrag. Aber jetzt geht es um die konkrete Umsetzung. In diesem Zusammenhang haben Sie in den letzten Tagen schon gesagt, Sie hätten etwas gegen Kommissionen. Ich weiß, wir lagen da mit Kohlekommissionen und so nicht ganz auf einer Linie.

Ich sage Ihnen aber etwas – Sie haben sich über das große Ministerbüro gewundert und gesagt, da könnten Sie den einen oder anderen Verband mal einladen –: Mein Ratschlag ist, dass wir die unterschiedlichen Stakeholder, die wir haben – die Naturschutzverbände, die Energieverbände –, an einen Tisch holen. Das muss keine Kommission sein, aber nur mal kurz ein bilaterales Ministergespräch wird nicht reichen. Wir haben massive Konflikte zwischen dem Artenschutz und erneuerbaren Energien, die wir lösen müssen. Wenn man das macht – und das ist meine Erfahrung im Wahlkreis –, sind alle dazu bereit, aber es muss auf Augenhöhe passieren. Und deswegen meine Bitte, Herr Habeck: Überlegen Sie noch mal den Weg, wie Sie das tatsächlich in den nächsten Monaten auflösen wollen. Wir müssen da alle mitnehmen und kämpfen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für den Ausbau der Windkraft auf 2 Prozent der Landesfläche, für den wir streiten, haben Sie zwei Länder exemplarisch genannt. Das ist das gesetzgeberische Ziel, bedeutet aber noch keine Realisierung. Es ist gut, wenn Sie die Ministerpräsidenten besuchen. Wir haben im EEG einen Koordinierungsmechanismus zwischen Bund und Ländern, und wir haben im Koalitionsvertrag verankert, dass wir den ausbauen wollen. Ich glaube, wir brauchen im Bund einen Wettbewerb zwischen den Ländern, damit diejenigen Länder gefördert werden, die tatsächlich richtig nach vorne wollen. Deswegen, Herr Minister Habeck, habe ich auch hier eine Bitte: Nutzen Sie diesen Koordinierungsmechanismus, laden Sie die Länder ein, um hier gemeinsam weiterzukommen! Wir werden die Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren nur realisieren, wenn Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen. Das, glaube ich, ist der Schlüssel.

(Beifall bei der SPD)

Nun noch ein letzter Punkt, weil die Atomkraft hier immer wieder genannt wurde: Ja, wir sind das Land, das gleichzeitig aus Kohle und aus Atom aussteigt. Ich wünsche mir, dass die Klimabewegung auch das Thema Atomkraft an vielen Stellen problematisiert. Wer Atomkraft als Lösung bezeichnet, eine Technologie, durch die wir 30 000 Generationen nach uns Müll überlassen,

(Matthias Moosdorf [AfD]: Das ist doch Quatsch! – Weitere Zurufe von der AfD)

ohne dass wir eine Lösung dafür haben, der macht den Menschen was vor. Das ist keine zukunftsfähige Lösung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die Taxonomie – das sage ich Ihnen, Herr Bundeskanzler, und Ihnen, Herr Habeck – ist nur ein Teil. Wir müssen auf europäischer Ebene die Frage stellen, welchen Energiemix die Europäische Kommission für die Jahre 2050 ff. vorsieht. Wenn im Übergang Atomenergie und Gas genutzt werden, habe ich dafür volles Verständnis, weil die Mitgliedstaaten ganz unterschiedlich in diese Transformation starten. Aber es darf nicht sein, dass die Atomenergie einen festen Platz in der zukünftigen Energieversorgung hat. Dafür ist sie zu teuer, und sie ist nicht nachhaltig.

(Widerspruch bei der AfD)

Deswegen müssen wir gemeinsam dafür kämpfen, dass auf nationaler Ebene, auf europäischer Ebene und – Herr Bundeskanzler, zu Recht – im Rahmen des Klimaklubs alles für die Erneuerbaren getan wird. Das ist der Schlüssel für die Zukunft, das ist auch der Schlüssel für den Erfolg der deutschen Wirtschaft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der AfD: Das ist Ideologie!)

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Karsten Hilse.

(Beifall bei der AfD)

Herr Hilse, wenn Sie mir gestatten, will ich eine kurze Vorbemerkung machen: Sie haben gerade ein paar kreative Umbaumaßnahmen vorgenommen. Das ist selbstverständlich nicht Ihre Aufgabe. Deswegen sage ich Ihnen zu, dass wir sicherstellen werden, dass Sie alle, die aufgrund der derzeitigen Situation von oben reden müssen, eine Möglichkeit bekommen, auch Ihr Redemanuskript ablegen zu können, sodass Sie das nicht selber machen müssen.

Das freut mich sehr.

Jetzt erteile ich Ihnen das Wort für Ihre Rede. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533002
Wahlperiode 20
Sitzung 11
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Klimaschutz
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta