13.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 11 / Tagesordnungspunkt 2

Anja KarliczekCDU/CSU - Wirtschaft und Klimaschutz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich will Ihr Augenmerk ganz besonders auf eine Branche richten, die in diesen Tagen wirklich sehr gebeutelt ist und die mit der Abstraktion, mit der Sie das Thema Corona angepackt haben, im Moment nicht viel anfangen kann.

Bis 2019 war der Tourismus eine enorme Erfolgsgeschichte mit überproportionalen Zuwachsraten. Jetzt, im zweiten Coronawinter, sieht die Sache ganz anders aus. Die zurückliegenden Weihnachts- und Silvestertage zeigen ein komplett anderes Bild: Hotels, die trotz aufwendiger Hygienemaßnahmen eine viel zu geringe Auslastung mit Gästen aufweisen, Busunternehmen, deren Busse nicht fahren und, da es keine Fahrgäste gibt, in der Garage stehen, Reiseveranstalter und Reisebüros, die aktuell sehr stark die Zurückhaltung der Kunden spüren. Die Lage ist alarmierend.

Bis zum Sommer 2021 beliefen sich die wirtschaftlichen Verluste auf circa 70 Milliarden Euro. Um das mal in Gästen auszudrücken, damit man ein Gefühl dafür kriegt, was das in dieser Branche bedeutet: 2019, im letzten Vor-Corona-Jahr, kamen 90 Millionen ausländische Gäste zu uns nach Deutschland; ein Jahr später waren es nur noch 30 Millionen. Ein Rückgang von 66 Prozent! Das sind Zahlen, hinter denen sich Schicksale wirtschaftlicher Existenzen und Lebensträume von Unternehmern und ihren Angestellten verbergen. Wir haben damals unter Führung der Union dafür gesorgt, dass dieser Branche geholfen wurde. Bis heute sind mehr als 20 Milliarden Euro ausgezahlt worden.

Dieser enorm wichtige Wirtschaftszweig braucht mittlerweile aber mehr als Überbrückungshilfen und Ausfallzahlungen. Die Krise geht an die Substanz. Es geht nicht mehr nur um aktuelle Hilfe. Die Betriebe mit ihren 3 Millionen Beschäftigten brauchen jetzt langfristige Perspektiven und rechtliche Flexibilität im Wandel; denn sobald die Coronakrise vorbei ist, stehen genau diese Betriebe vor den nächsten Mammutherausforderungen. Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind von Ihnen angesprochen worden. Das verändert viele Geschäftsmodelle in rasanter Geschwindigkeit, und deshalb müssen jetzt alle Gesetze, alle Regelwerke auf den Prüfstand. Wenn Sie nicht wollen, dass sich eine ganze Branche von der Zukunft verabschiedet, dann ermöglichen Sie jetzt wieder Hilfen für Modernisierung, für Investitionen!

Viele Unternehmen setzen sich gerade mit der Umstellung der Energieversorgung ihrer Betriebe auseinander. Der Umbau der Heizung eines Schwimmbads und die Neuausrichtung der kompletten Energieversorgung sind aufwendig. Es kostet Geld, viel Geld; aber Geld haben diese Unternehmen nach diesen vielen schwierigen Coronamonaten eben überhaupt nicht mehr.

Oder denken Sie an die kleinen und mittelständischen Busunternehmen! Es sind ja eben nicht nur Busreisen in den Schwarzwald oder die Sächsische Schweiz, die diese Unternehmen machen, sondern sie sorgen auch für die Aufrechterhaltung und das Funktionieren des öffentlichen Personennahverkehrs. Durch die Unterstützung der kleinen und mittelständischen Busunternehmen könnten Sie jetzt einen Beitrag für gleichwertige Lebensverhältnisse leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn unsere heimischen Busunternehmen sorgen für Mobilität und Lebensqualität im ländlichen Raum.

Einen Punkt muss ich noch ansprechen: Sie haben der Tourismusbranche eine bessere Koordination der Tourismuspolitik versprochen; so steht es im Koalitionsvertrag. Wichtig sind jetzt erst einmal volle Aufmerksamkeit und Wertschätzung für diesen gebeutelten Wirtschaftsbereich.

Anstelle des allein für den Tourismus zuständigen Beauftragten haben Sie eine Koordinatorin eingesetzt, die sich gleichsam um die genauso gebeutelte maritime Wirtschaft kümmern soll. Frau Müller ist eine nette Frau, aber sie kann das alles definitiv nicht gleichzeitig machen.

(Zuruf von der SPD: Das werden Sie noch sehen! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz schlechter Stil! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch nie sah sich die Tourismusbranche einer so dramatischen Krise ausgesetzt.

Lieber Herr Minister, ich denke, Sie sollten noch einmal in sich gehen und der Tourismuswirtschaft einen alleinigen Ansprechpartner zur Verfügung stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war heute nichts!)

Mehr als 3 Millionen Menschen, die auch eine Zukunft haben möchten, haben es verdient, dass sie die volle Aufmerksamkeit und Wertschätzung der Bundesregierung erfahren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dieter Janecek.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533005
Wahlperiode 20
Sitzung 11
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Klimaschutz
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