Kerstin Griese - Arbeit und Soziales
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bundesminister Hubertus Heil bedauert, dass er heute nicht selbst vor dem Deutschen Bundestag reden kann, aber er hat sich aufgrund eines Kontakts zu einer positiv getesteten Person in häusliche Quarantäne begeben. Deshalb will ich Ihnen heute unsere Ziele in der Arbeits- und Sozialpolitik vorstellen.
Meine Damen und Herren, die neue Bundesregierung will unser Land gut und gemeinsam durch dieses spannende Jahrzehnt steuern. Wir haben dazu ein anspruchsvolles Ziel für unsere Politik formuliert: Wir wollen mehr Fortschritt wagen. Uns ist dabei besonders wichtig, dass wir mehr sozialen Fortschritt in Deutschland wagen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sozialer Fortschritt bedeutet, das Leben für die Menschen besser zu machen, besser zu machen durch Respekt vor ihrer Leistung, durch höheres Einkommen, durch bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sozialer Fortschritt bedeutet auch, dass wir dabei alle mitnehmen, nicht nur die Starken. Gerade dann, wenn sich so viel ändert, müssen sich alle auf die soziale Sicherheit in Deutschland verlassen können, auf stabile Renten, auf einen Sozialstaat mit weniger Bürokratie, der Chancen und Schutz bietet. Diese Verlässlichkeit ist die große Stärke unseres Landes. Wir haben einen der wirksamsten, stärksten und stabilsten Sozialstaaten der Welt; das hat auch die Coronakrise gezeigt. Wir haben stabile Renten, unsere soziale Sicherung hat funktioniert. Das ist ein gutes Zeichen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das ist auch wichtig in einer Welt des Wandels; denn Fortschritt, den wir alle wollen, braucht Vertrauen, damit die Menschen mitkommen.
Meine Damen und Herren, sozialer Fortschritt heißt auch, dass wir ein inklusives Land sein wollen, dass wir Deutschland barrierefrei machen wollen und dass wir gerade für Menschen mit Behinderung mehr Chancen auf Teilhabe am Arbeitsmarkt schaffen wollen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sozialer Fortschritt bedeutet auch, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von diesem Wandel etwas haben; denn wir erleben in diesem Jahrzehnt eine Zeitenwende auf dem Arbeitsmarkt. Wir haben die Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren mehr als halbiert. Man muss sich das mal vorstellen: Heute sind es 5 Prozent, 2005 hatten wir noch 13 Prozent Arbeitslosigkeit. Wir haben die höchste Zahl an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, die es je in Deutschland gab, ein Rekordhoch von 34 Millionen Menschen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit der deutschen Einheit. Das ist eine gute Ausgangslage.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Problem ist ein anderes. In vielen Branchen und Regionen fehlen heute keine Arbeitsplätze, sondern Arbeitskräfte, vor allem Fachkräfte. Ob man IT-Spezialistin ist, Bauarbeiter oder Pflegekraft – in mehr und mehr Berufen kann man sich heutzutage den Job schon fast aussuchen. Gleichzeitig erfordern neue Technologien und der Wandel in Zukunft auch neue Qualifikationen, am Band und im Büro, in der Autoindustrie genauso wie zum Beispiel bei der Versicherung. Unser Ziel ist es, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von heute die Arbeit von morgen gut machen können.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Deshalb brauchen wir eine Doppelstrategie auf dem Arbeitsmarkt. Erstens müssen wir die Folgen der Pandemie auch in Zukunft weiter im Griff behalten, gerade angesichts der Omikronvariante. Dafür haben wir Vorsorge getroffen: Das Kurzarbeitergeld ist unsere Brücke über das tiefe Tal; denn das Kurzarbeitergeld sichert Jobs und damit Familieneinkommen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zweitens machen wir Tempo beim Thema Fachkräftesicherung, und das ist dringend nötig.
Dabei setzen wir vier Prioritäten:
Erstens. Wir machen den Weg frei für Frauen auf dem Arbeitsmarkt mit mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir wollen zum Beispiel mit Alltagshelfern und Alltagshelferinnen die Menschen entlasten. Das wird Familien helfen, das wird Jobs aus der Schwarzarbeit holen, es entstehen gute und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze.
Zweitens. Wir verbessern die qualifizierte Zuwanderung durch Abschaffung von Arbeitsverboten, durch die Möglichkeit des Spurwechsels und durch den Ausbau von Sprachangeboten. Das wird mehr Fachkräftezuwanderung bringen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Drittens. Wir bringen Langzeitarbeitslose zurück auf den Arbeitsmarkt. Der soziale Arbeitsmarkt, den wir eingeführt haben, ist ein Erfolg; ich weiß das gerade aus Nordrhein-Westfalen. Er wird verstetigt. Damit haben mehr Menschen eine Chance. Wir sorgen für Ausbildung statt Aushilfsjob mit der Einführung des Bürgergeldes und mit neuen Regeln, die Menschen künftig besser befähigen, in Arbeit zu kommen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Viertens. Wir wollen Weiterbildungsweltmeister werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das ist ein großer Anspruch, aber das werden wir tun; denn das brauchen wir in diesem Land. Wir werden, angelehnt an das Transformationskurzarbeitergeld, mit einem Qualifizierungsgeld die betriebliche Weiterbildung vorantreiben. Das ist gerade da wichtig, wo ein erheblicher Wandel ansteht. Ich denke zum Beispiel an die Zulieferindustrie im Bereich der Automobilindustrie. Da wird Weiterbildung ganz wichtig sein.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Mit diesem Vorhaben eröffnen wir Chancen, Chancen für Millionen von Menschen, Chancen für neue Fähigkeiten, für beruflichen Aufstieg, für besseres Einkommen. So sieht sozialer Fortschritt aus.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sozialer Fortschritt bedeutet nicht zuletzt mehr Leistungsgerechtigkeit und mehr Respekt auf dem Arbeitsmarkt. Das betrifft besonders die Frauen in Deutschland; denn sie sind es, die immer noch am meisten mit der Mehrfachbelastung durch Familie und Beruf konfrontiert sind. Sie haben immer noch die niedrigeren Löhne, immer noch häufiger eine prekäre Beschäftigung und niedrige Renten. Gerade die Frauen, die unser Land am Laufen halten, ganz besonders in der Krise, haben mehr verdient. Deshalb sage ich: Wir müssen mehr für die tun, die so viel für uns alle tun.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Deswegen haben wir die Grundrente eingeführt, deswegen haben wir den Pflegemindestlohn erhöht, und deswegen erhöhen wir jetzt den allgemeinen Mindestlohn auf 12 Euro; das ist ein Plus von 22 Prozent.
(Beifall bei der SPD)
Der neue Mindestlohn, meine Damen und Herren, ist eine der größten Lohnerhöhungen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Davon profitieren Millionen Menschen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wann kommt er denn?)
– Er wird noch dieses Jahr kommen. – Viele der Menschen, die davon profitieren, die Mehrheit, werden Frauen sein. Deshalb ist das ein guter und richtiger Schritt für mehr Respekt auf dem Arbeitsmarkt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das haben wir vor der Wahl versprochen, das halten wir. Das ist sozialer Fortschritt. Den Arbeitsmarkt gut für die Zukunft aufstellen, stabile Renten, soziale Sicherheit für alle Menschen, ein neues Bürgergeld, mehr Inklusion und Barrierefreiheit, das ist der soziale Fortschritt für unser Land.
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Bundesminister selbst freuen sich auf die Zusammenarbeit, damit wir gemeinsam mehr sozialen Fortschritt schaffen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die Unionsfraktion erteile ich dem Kollegen Hermann Gröhe jetzt das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533067 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 11 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |