13.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 11 / Tagesordnungspunkt 2

Johannes VogelFDP - Arbeit und Soziales

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Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich in den letzten Tagen und Wochen von Freunden und Bekannten auf die neue Koalition angesprochen wurde, dann ging es oft erst einmal gar nicht so sehr um Inhalte,

(Zuruf von der AfD: Viel Spaß dabei! Ehemalige Wähler!)

sondern dann erwähnen sie am meisten den Stil, bei dem diese Koalition im Vergleich zu den letzten Jahren einen Unterschied macht: Vertrautheit und Vertraulichkeit,

(Zuruf von der CDU/CSU: Stillstand!)

kein Stillstand auf Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners, sondern gute Kompromisse – und gute Kompromisse, die muten auch allen Seiten etwas zu –,

(Zuruf von der AfD: Lieber schlecht regieren als gar nicht!)

und dass so Fortschritt erreicht werden kann, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass dieser Fortschrittskoalition dabei – das sage ich einmal mit Blick auf die Union – offenbar eine gute Balance gelungen ist,

(Lachen des Abg. Jürgen Braun [AfD])

das hat zum Beispiel die Wortmeldung von Stefan Wolf, dem Präsidenten von Gesamtmetall, deutlich gemacht. Er hat nämlich explizit mit Blick auf das Kapitel „Arbeit und Soziales“ gesagt, das sei „deutlich besser als der letzte Koalitionsvertrag der Großen Koalition“, wo die Union dabei war.

(Gerold Otten [AfD]: Da war die Latte aber auch sehr niedrig!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir achten hier die Interessen von Unternehmern und Mitarbeitern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Hermann Gröhe, du hast das Thema Rente angesprochen. Du weißt, es liegt mir auch besonders am Herzen. Aber ich finde schon, es hat Chuzpe seitens der Union, wo die CSU ja mit der Forderung – der Koalitionsbedingung – einer Mütterrente in den letzten Wahlkampf gezogen ist, ausgerechnet bei der Rente aus dieser Perspektive diese Koalition zu kritisieren.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stabilisieren die Rente, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auf den Feldern, wo wir in dieser Legislaturperiode auch mit Blick auf Demografiefestigkeit vorankommen können – zum Beispiel mit mehr Einwanderungspolitik, die wir in diesem Land nämlich brauchen,

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE])

zum Beispiel bei mehr Generationengerechtigkeit durch den Nachholfaktor und mit der neuen Balance durch den Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente mit einer Aktienrente –, da stoßen wir die Tür auf zu einer enkelfitten Rente.

(Lachen des Abg. Stephan Stracke [CDU/CSU])

Auf diesen Weg haben wir uns in dieser Koalition gemacht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ihr kürzt die Rentenerhöhung als ersten Schritt!)

Das zweite Thema, das ich kurz erwähnen will, ist, dass wir auch den Stillstand bei der Digitalisierung in der Arbeitswelt der letzten Jahre endlich durchbrechen: durch einen ganz großen Wurf bei der Weiterbildung, den wir in diesem Land dringend brauchen – Vorredner/-innen haben es erklärt –,

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

durch Modernisierung der Regeln für Homeoffice zum Beispiel und endlich durch mehr Fairness für Selbstständige, die in den letzten Jahren von den Regeln in diesem Land nämlich zu schlecht behandelt wurden. Das ist überfällig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Gibt es jetzt einen Rechtsanspruch auf Homeoffice?)

Das letzte Thema, das ich erwähnen will,

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Keine Antwort!)

weil es mir besonders am Herzen liegt, ist, dass wir beim Thema „Chancengerechtigkeit und Aufstiegschancen“ endlich vorankommen mit dem, was wir uns beim neuen Bürgergeld vorgenommen haben. Chancengerechtigkeit und Aufstieg haben nämlich auch eine sozialpolitische Dimension. Zum Beispiel deshalb, weil die Zuverdienstregeln bei der Grundsicherung Menschen heute eher in der Grundsicherung festhalten, anstatt ihnen eine trittfeste Leiter hinzustellen, und insbesondere, wie wir mit jungen Menschen, wie wir mit Schülerinnen und Schülern in diesem Land umgehen. Da war eine Veränderung dringend notwendig.

Denn schon bei der fundamentalen Erfahrung des ersten selbstverdienten Geldes kann heute zum Beispiel Aişe, deren Eltern finanziell auf eigenen Beinen stehen, vom Schüler-Minijob 450 Euro behalten, und Annika, deren Eltern vielleicht auf Hartz IV – das wir endlich reformieren – angewiesen sind, kann nur 170 Euro behalten. Das macht etwas aus in den Köpfen. Schon bei der fundamentalen Erfahrung des ersten selbstverdienten Geldes haben wir bisher das Signal in diesem Land, dass man schlechtere Chancen hat, wenn die Eltern in schwieriger Lage sind. Diese Ungerechtigkeit schaffen wir endlich ab, und wir sorgen für mehr Fairness. Das ist überfällig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das waren drei Beispiele für notwendigen Fortschritt auch in der Sozialpolitik. Ich freue mich auf die Arbeit dieser Koalition.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da ich jetzt fest davon ausgehe, dass kein Mitglied des Hauses mehr anwesend ist, das seine Stimme nicht abgeben konnte – ich bekomme von dahinten auch ein Zeichen –, schließe ich die Wahl und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekannt gegeben.

Jetzt gebe ich das Wort Susanne Ferschl für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533072
Wahlperiode 20
Sitzung 11
Tagesordnungspunkt Arbeit und Soziales
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