Jasmina HostertSPD - Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit zehn Jahren bin ich als Kriegsflüchtling aus Bosnien in dieses Land gekommen. Ich hatte damals einen kleinen Rucksack mit ein paar Puppen dabei – mehr nicht. Ich weiß, was es bedeutet, als Kind zeitweise nichts zu haben. Es war mein großes Glück, dass ich eine liebevolle und auch finanziell relativ abgesicherte Pflegemutter hatte, die mir beim Start in mein neues Leben hier geholfen hat. Erfolgreich in der Schule zu sein, später zu studieren, meinen Interessen nachzugehen, an Klassenfahrten und Ausflügen teilzunehmen, Freunde zu finden – kurzum: am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können: Ich hatte Glück, andere hatten und haben nach wie vor Pech. Sollen Glück und Pech unser Maßstab sein? Ganz sicher nicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte, dass die Zukunft von Kindern nicht von Glück abhängt, sondern dass Kinder in unserem Land alle Möglichkeiten haben und die Förderung erhalten, die sie für ihre Entwicklung brauchen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir werden Familien ganz konkret unterstützen und entlasten. Den Strauß an Maßnahmen und Leistungen, die Familien betreffen, werden wir bündeln, modernisieren und auf ganz neue Beine stellen. Wir werden das Elterngeld vereinfachen, indem wir zum Beispiel einen Anspruch für Pflegeeltern einführen und die Partnermonate beim Basiselterngeld um einen Monat erweitern – auch für Alleinerziehende.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass jede Hilfe für alleinerziehende Mütter und Väter eine wichtige ist; denn auch ich habe meine Tochter zeitweise alleine großgezogen. Eine besondere Entlastung für Alleinerziehende, für Familien allgemein, aber vor allem für die Kinder selbst, ist die Kindergrundsicherung. Lange haben wir darauf hingewirkt und endlich – ja, endlich! – können wir sie nun in dieser Koalition umsetzen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist doch mehr als beschämend, dass laut Bertelsmann-Stiftung in Deutschland jedes fünfte Kind in Armut lebt. Kinderarmut ist oft versteckte Armut. Eltern versuchen alles, damit die Armut der Kinder nicht bemerkt wird. Sie sparen an sich selbst, um den Kindern etwas bieten zu können. Wenn ich, Mutter von zwei Kindern, aber genauer hinschaue, sehe ich große Unterschiede. Es gibt Kinder, die jeden Tag nach der Schule Aktivitäten nachgehen, von Musik über Sport bis hin zu Freunde treffen und ins Kino gehen. Dann gibt es die Kinder, die nicht mal eine Geburtstagsfeier im Jahr organisiert bekommen, weil schlicht das Geld dafür fehlt. Damit muss jetzt endlich Schluss sein. Wir werden Kinder aus der Hartz-IV- und Armutsfalle holen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Kindergrundsicherung ist ein Meilenstein auf diesem Weg. Sie bedeutet einen grundlegenden Systemwechsel.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Grundsicherung wird die bisherigen finanziellen Unterstützungen für Kinder bündeln, also das Kindergeld, den Steuerfreibetrag, aber auch alle anderen Leistungen, die ärmere Familien nicht in Anspruch nehmen. Warum nicht? Weil sie sich ganz oft schämen, zum Amt zu gehen, oder weil die Antragstellung so kompliziert ist, dass sie es eben nicht tun. Mit der Kindergrundsicherung bauen wir die bürokratischen Hürden ab und bringen keine Familie in die Situation, beschämt um Leistungen zu bitten wie Gutscheine fürs Schwimmbad, Zoobesuche oder die Übernahme der Kosten für den Tanzkurs der Tochter.
Die Grundsicherung besteht aus zwei Komponenten: einem Garantiebetrag, den alle erhalten, und einem gestaffelten Zusatzbetrag, der abhängig vom Einkommen der Eltern ausgezahlt wird. Das heißt, Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen bekommen automatisch mehr Geld, und das ist gut so. Denn Kinder in Armut brauchen unsere Unterstützung, und zwar jetzt.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meinen zwei Kindern geht es gut. Sie sind gesund, und wahrscheinlich werden sie nicht in Armut leben müssen. Das wünsche ich mir für alle Kinder in unserem Land, unabhängig von ihrer Herkunft, unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
„Respekt heißt für mich: Kein Kind soll mehr in Armut aufwachsen.“ Das sagt unser Kanzler Olaf Scholz ganz richtig. Ich freue mich auf die gemeinsame Umsetzung der Kindergrundsicherung und vieler anderer wichtiger Vorhaben in der Ampel, auch mit Ihnen, Frau Ministerin. Legen wir los!
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Martin Reichardt, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533088 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 11 |
Tagesordnungspunkt | Familie, Senioren, Frauen und Jugend |