13.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 11 / Tagesordnungspunkt 2

Christoph de VriesCDU/CSU - Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir in dieser Wahlperiode über Familienpolitik reden, dann müssen wir auch über den Schutz unserer Kinder sprechen, und zwar ganz besonders über den Schutz unserer Kinder vor sexualisierter Gewalt. Denn Kindesmissbrauch zerstört Kinderseelen.

Wir sprechen von Tausenden Fällen Jahr für Jahr in Deutschland, und zwar mit steigender Tendenz. Wir hatten beim Kindesmissbrauch im Jahr 2020 einen Anstieg um 7 Prozent, fast 14 500 Fälle. Der Handel mit Kinderpornografie hat immens zugenommen: um 53 Prozent auf 18 700 Fälle. Meine Damen und Herren, das sind erschütternde Zahlen, und das sind keine Zahlen, die es uns als Parlament erlauben, hier in irgendeiner Form die Hände in den Schoß zu legen und tatenlos zuzuschauen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist hochaktuell: Erst gestern – Sie werden es mitbekommen haben – sind die Ergebnisse der Soko „BAO Berg“ in Nordrhein-Westfalen publik geworden. In zwei Jahren sind dort 65 Kinder befreit und 439 Tatverdächtige identifiziert worden. Das jüngste Opfer war ein drei Monate altes Baby, das vergewaltigt wurde. Das macht einen als Vater von drei Kindern sprachlos, und, Frau Ministerin, ich hätte mir an dieser Stelle, einen Tag nach dieser Bekanntmachung, schon gewünscht, dass Sie dazu ein paar Worte der Anteilnahme sagen und dass Sie dem Parlament auch sagen, was Sie in den nächsten vier Jahren politisch gegen Kindesmissbrauch unternehmen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Unionsfraktion hat sich die konsequente Bekämpfung des Kindesmissbrauchs seit Langem auf die Fahnen geschrieben – das ist hier kein Geheimnis –: Wir haben den sexuellen Kindesmissbrauch als Verbrechen eingestuft. Wir haben den Strafrahmen erhöht. Wir haben den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie als Verbrechen auch strafrechtlich hochgestuft. Wir haben das Cybergrooming unter Strafe gestellt. Wir haben vor allen Dingen aber auch die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden im Darknet gestärkt, indem Ermittler nun echt aussehende computergenerierte Bilder hochladen können, damit man Zugang zu diesen kinderpornografischen Foren erhält, um dort ermitteln zu können. – Das alles ist wirklich beachtlich; aber das ist noch lange nicht genug. Unser Anspruch als Unionsfraktion ist und bleibt, dass wir hier Speerspitze im Parlament bleiben wollen im Kampf gegen den Kindesmissbrauch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und was finden wir dazu im Koalitionsvertrag? Eine dürftige Seite mit einem Drittel Absatz. Außer Allgemeinplätzen und Phrasen findet sich beim Schutz vor Kindesmissbrauch nichts Substanzielles, keine konkreten Maßnahmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, das reicht nicht; denn die Zahlen mahnen uns ja eindringlich zum Handeln – ich habe das eben fortgeführt –, zu mehr Aufklärung, zu mehr Ermittlung und auch zu mehr rechtlichen Befugnissen der Polizei.

Ich will nur zwei Forderungen nennen, die wir an vielen Stellen deutlich gemacht haben: Wir wollen, dass Internetdienste bei Kenntnis von sexuellem Missbrauch dazu verpflichtet werden, Bestandsdaten an die Ermittler weiterzugeben. Und wir wollen – das sage ich auch mit Blick auf die Rede des Justizministers gestern, die ich an der Stelle erschütternd fand –, dass es auf europäischer Ebene eine grundrechtskonforme Regelung zur verpflichtenden Speicherung von IP-Daten gibt, die die Ermittlung der Täter ermöglicht.

Meine Damen und Herren von der Ampel, Ihr kategorisches Nein zur Vorratsdatenspeicherung beraubt die Ermittler ihrer schärfsten Waffe. Jährlich können Tausende Fälle von Kinderpornografie nicht aufgeklärt werden, weil diese Verbindungsdaten fehlen. Was Sie hier aus datenschutzrechtlichen Gründen hartnäckig ablehnen, ist in der Realität in Tausenden Fällen ein Freifahrtschein für Kinderschänder und für skrupellose Geschäftemacher in unserem Land. Dieses Verhalten leistet dem Missbrauch von Kindern und dem Handel mit diesem abscheulichen Zeug, was dort verbreitet wird, Vorschub. Ich muss es an dieser Stelle einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unser Grundsatz gilt hier weiter: Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden. Seien Sie sich dessen immer bewusst bei Ihren Entscheidungen, die Sie in den nächsten Jahren familienpolitisch, aber auch rechtspolitisch treffen werden. Wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen, und wir werden an dieser Stelle immer wieder den Finger in die Wunde legen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch zu seiner ersten Rede erteile ich das Wort Martin Gassner-Herz, FDP-Fraktion.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533095
Wahlperiode 20
Sitzung 11
Tagesordnungspunkt Familie, Senioren, Frauen und Jugend
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