Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ein Dach über dem Kopf zu haben, ist ein menschliches Urbedürfnis, ein existenzielles Bedürfnis. Eine Wohnung zu haben, ist aber noch weit mehr. Eine Wohnung ist auch immer persönlicher Rückzugsraum, Ort der individuellen Entfaltung und somit auch ein Stück Heimat. Wohnungspolitik hat daher für jeden Einzelnen, für Familien, aber auch für die Gesellschaft insgesamt eine enorm hohe Bedeutung.
Die Immobilienwirtschaft ist auch volkswirtschaftlich essenziell für unser Land: 3,3 Millionen Arbeitsplätze gibt es in diesem Bereich; die Bruttowertschöpfung beträgt über 600 Milliarden Euro, weit mehr als etwa in der Automobilindustrie. Und auch für den Klimaschutz, das Thema, das uns in den letzten Jahren so enorm bewegt hat und auch in den kommenden Jahren bewegen wird, sind die Gebäude ganz essenziell und zentral. 35 Prozent des Endenergieverbrauches treten im Gebäudebestand auf; 30 Prozent der CO2-Emissionen werden dort emittiert. Hier schlummern also riesige Potenziale, die wir heben können und wollen, wenn wir Klimaneutralität erreichen wollen.
Deswegen begrüßen wir als Union ausdrücklich,
(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass es erst mal vorangeht!)
dass es in dieser Wahlperiode ein eigenständiges Ressort für Bauen und Wohnen gibt. Damit geht dann aber auch die Erwartung einher, dass das Thema „Bauen und Wohnen“ innerhalb der Ampel Sichtbarkeit und das Gewicht bekommt, das ihm angesichts seiner Bedeutung für die Menschen, für die Gesellschaft und auch für den Klimaschutz zukommt.
(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen das jetzt!)
Insofern: Sehr geehrte Frau Ministerin, zu Ihrer Ernennung zur Ministerin für diesen Geschäftsbereich beglückwünschen wir Sie ganz ausdrücklich. Wir wünschen Ihnen für diese wichtige Aufgabe alles Gute und viel Erfolg. Wir sagen Ihnen auch zu, dass wir als Fraktion Sie dabei konstruktiv begleiten und auch unterstützen werden, wenn Sie gute Vorschläge machen, um den Herausforderungen dieser Zeit nachzukommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Herausforderungen in diesem Ressort sind groß. Sie haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Das zentrale Ziel – Sie haben es erwähnt – sind 400 000 Wohnungen, die jedes Jahr neu entstehen sollen, 1,6 Millionen Wohnungen in dieser Wahlperiode. Mehr Bauen ist auch aus unserer Sicht der richtige Weg, um die angespannten Wohnungsmärkte bei Angebot und Nachfrage endlich wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Nur auf diesem Wege werden wir die steigenden Mietpreise auch nachhaltig in den Griff bekommen und verhindern, dass Menschen verdrängt werden. Insofern begrüßen wir, dass die Bauoffensive, die wir als Union in der letzten Wahlperiode gestartet haben, jetzt von der Ampel fortgesetzt wird. Das ist ein gutes und richtiges Signal.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie, Frau Ministerin, haben es in einem Ihrer ersten Interviews gesagt – Sie werden an diesem Ziel, an dieser Erwartung auch gemessen werden –: 1,6 Millionen Wohnungen in dieser Wahlperiode. – Unsere Erwartung als Union ist daher, dass Sie die vielen Hürden, die es gibt, beseitigen, um dieses Ziel zu erreichen, dass Sie die bürokratischen Hemmnisse angehen, dass Sie die 20 000 Bauvorschriften, die es in unserem Land gibt, radikal entschlacken, dass Sie die Planungen beschleunigen, dass Sie die Mobilisierung von Bauland voranbringen. Dafür müssen Sie die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, und wenn Sie das angehen wollen, reichen wir Ihnen als Union dazu gerne die Hand.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Uns ist aber wichtig, zu sagen, dass Sie uns nicht an Ihrer Seite haben, wenn Sie versuchen, die steigenden Mietpreise allein durch Regulierung in den Griff zu bekommen. Wir haben im Bereich des Mietrechts in der letzten Wahlperiode viel auf den Weg gebracht. Ich will das hier gar nicht im Einzelnen durchdeklinieren. Was wir aber jetzt sagen können, ist, dass wir die ersten Erfolge sehen. Die Leerstandsquote steigt erstmals seit 15 Jahren leicht, auch in einigen Wachstumsregionen – das ist mir ganz wichtig –, und die Neuvertragsmieten haben ebenfalls nicht mehr die Dynamik, die sie in den letzten Jahren gehabt haben. Stattdessen verzeichnen wir da in einigen Bereichen sogar Rückgänge. Das ist immer noch auf niedrigem Niveau, gar keine Frage, aber trotzdem können wir feststellen: Langsam entspannt sich die Lage wieder auf dem Wohnungsmarkt; wir haben hier eine Trendumkehr.
Vor diesem Hintergrund finde ich Ihre Aussage, dass Sie die Mietpreisbremse verlängern wollen, schon bemerkenswert. Bis 2029 wollen Sie die Mietpreisbremse verlängern, obwohl wir sie gerade erst, vor gar nicht allzu langer Zeit, bis 2025 verlängert haben. Sie zementieren damit einen Markteingriff, von dem wir heute noch gar nicht wissen, ob er in einigen Jahren überhaupt noch erforderlich ist. Wenn diese Trendumkehr sich fortsetzt, also wir weitere Signale der Entspannung auf dem Wohnungsmarkt haben, dann ist es auch verfassungsrechtlich höchst problematisch, ob die Verlängerung der Mietpreisbremse überhaupt richtig und erforderlich ist. Sie wissen es: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss zur Mietpreisbremse ausdrücklich ausgeführt, dass die zeitliche Befristung für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung dieses Eingriffs in das Eigentum zentral ist. Deswegen darf es keine vollständige Entkopplung von den Marktpreisen geben, sonst kommt es zu einer Substanzverletzung im Eigentumsrecht. Deswegen sagen wir: Aus diesem befristeten Instrument darf keine Dauerlösung ohne Rücksicht auf die Lage auf dem Wohnungsmarkt werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wichtig ist: Wenn Sie den Menschen wirklich helfen wollen, dann müssen Sie die Baukosten in den Griff bekommen. 14 Prozent Steigerung haben wir hier zuletzt verzeichnen können. Deswegen ist es auch gut und richtig, dass die Baukostensenkungskommission ihre Arbeit fortsetzen soll; dagegen habe ich überhaupt nichts. Mir ist aber wichtig, zu sagen: Wir haben doch nicht primär ein Erkenntnisproblem, sondern wir haben vor allen Dingen ein Durchsetzungsproblem. Deswegen ist es so wichtig, Frau Ministerin, dass Sie die beschlossenen, diskutierten Maßnahmen jetzt endlich auch um- und durchsetzen. Das ist wichtig, damit wir nicht zu steigenden Baukosten kommen, weil das immer auch bedeutet, dass die Wohnkosten und am Ende die Mieten steigen. Deswegen darf es nicht so kommen. Die Baukosten müssen runter, Frau Ministerin.
Wir sehen mit Sorge, dass der Koalitionsvertrag nachgerade gespickt ist mit Vorhaben, die das Bauen am Ende deutlich teurer machen werden. KfW-40-Standard für den Neubau, im Bestand bei wesentlichen Aus- und Umbauten EH-70-Standard, Solardachpflicht, ab 2025 beim Betrieb neuer Heizungen 65 Prozent erneuerbare Energien – all das ist ein Widerspruch, wenn Sie die Baukosten senken wollen.
(Widerspruch der Abg. Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es gibt natürlich einen Zielkonflikt; das wissen wir. Sie haben es im Ausschuss gesagt: Es ist ein bisschen die Quadratur des Kreises. – Wir hoffen und haben auch die Erwartung an Sie, dass Sie denjenigen in Ihrer Koalition, die überbordende Regulierungsfantasien haben, die Stirn bieten, dass wir zu einem vernünftigen Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie kommen, dass die Baukosten nicht durch die Decke gehen, meine Damen und Herren.
Am Ende möchte ich noch ein Thema ansprechen, das Sie nicht erwähnt haben, Frau Ministerin. Wenn ich richtig zugehört habe, ist das Wort „Eigentumsbildung“ in Ihrer Rede nicht ein einziges Mal vorgekommen – nicht ein einziges Mal! Vom Eigenheim träumen vier von fünf Menschen in Deutschland. Sie wollen in die eigenen vier Wände; aber es leben viel zu wenige diesen Traum. Deutschland ist bei der Eigentumsquote Schlusslicht in Europa und ist zuletzt sogar zurückgefallen. Wir als Union finden es richtig, dass Sie im Koalitionsvertrag sagen: Wir wollen eigenkapitalersetzende Darlehen, Tilgungszuschüsse, Zinsverbilligungen, Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer. – Aber Sie bleiben bei all diesen Punkten im Ungefähren. Sie sagen, Sie wollen das, aber Sie sagen nicht, Sie werden das umsetzen. In Hamburg, wo auch eine Ampel regiert, haben Sie gerade die Grunderwerbsteuer erhöht.
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Deswegen sagen wir an dieser Stelle: Sie müssen das klare Signal an all die Menschen in diesem Land, die Eigentum bilden wollen, aussenden, dass Sie das ermöglichen werden. Sie müssen klar sagen, welche Mittel Sie zur Verfügung stellen, und dürfen ihnen keine Steine in den Weg legen.
Herr Kollege Luczak, kommen Sie bitte zum Schluss.
Wenn Sie das tun, haben Sie die Union an Ihrer Seite. Aber wenn es um Regulierung und steigende Baukosten geht, werden wir Ihnen eher Steine in den Weg legen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Kollegin Christina-Johanne Schröder, Bündnis 90/Die Grünen, zu ihrer ersten Parlamentsrede.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533143 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 11 |
Tagesordnungspunkt | Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen |