André BergheggerCDU/CSU - Finanzen, Haushalt
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Bei einer Generalaussprache zu den Bereichen Haushalt und Finanzen dürfen die Belange der Kommunen und die finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen natürlich nicht fehlen. Ehrlicherweise spielten die Kommunen in der bisherigen Debatte genau ein Mal eine Rolle; der Kollege Schrodi hat es einmal erwähnt.
(Dennis Rohde [SPD]: Ich auch! – Michael Schrodi [SPD]: Zweimal SPD!)
– Der Kollege Schrodi hat es ziemlich ausführlich erwähnt,
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
wenngleich ich die Interpretation etwas anderes vornehmen würde.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Ziele im Koalitionsvertrag lese ich wohl. Sie streben leistungsfähige Kommunen mit einem hohen Maß an Entscheidungsfreiheit an. Dadurch werden natürlich viele Chancen, Hoffnungen und Erwartungen geweckt. Aber ehrlicherweise ist keine einzige dieser Maßnahmen finanziell hinterlegt, und das macht mir natürlich große Sorgen. Die Kommunen müssen finanziell leistungsfähig sein, und sie sollen möglichst selbstständig sein. Ich glaube, bei all den Herausforderungen, die vor uns liegen, kann man sagen, dass diese ganzen Maßnahmen nur mit den Kommunen umgesetzt werden können oder gar nicht.
Meine große Sorge ist es, dass Anspruch und Wirklichkeit hier weit auseinandergehen werden. Denn schon jetzt sind finanzielle Mehrbelastungen erkennbar, die auf die Kommunen zukommen. Sie sind auch gar nicht mehr zu diskutieren. Als Beispiel möchte ich die finanzielle Mehrbelastung bei der Integration von Flüchtlingen oder bei der weiter auszubauenden Kinderbetreuung nennen.
Ich werde wenige Beispiele nennen, um anzuführen, wo meine Sorge vielleicht verstärkt wird, dass die Kommunen eher geschwächt denn gestärkt werden, wenn das Koalitionsprogramm so umgesetzt wird.
Erstens. Förderprogramme sollen fortgesetzt, wenn nicht sogar ausgeweitet werden. Das hört sich erst einmal gut an. Aber am Ende ist es ein süßes Gift für die Kommunen; denn die Schere zwischen strukturstarken und strukturschwachen Kommunen wird sich eher vergrößern denn verkleinern. Warum? Arme Kommunen können die Kofinanzierung bei den Förderprogrammen, die initialisiert werden, zum Teil gar nicht mehr stemmen. Vor allen Dingen haben sie noch nicht einmal die Kapazitäten, weder zeitlich noch personell, um solche zusätzlichen Programme zu stemmen.
Insbesondere wirken Förderprogramme immer nur befristet und nicht strukturell. Deswegen würde ich mir sehr wünschen, Herr Finanzminister, wenn Sie die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen dadurch stärken, dass wir endlich eine strukturelle Diskussion darüber führen, wie wir die Lasten gerecht verteilen. Dazu gehören aber Bund, Länder und Kommunen an einen Tisch; denn wir dürfen nie vergessen, dass für die auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen zuvörderst die Länder verantwortlich sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Hier würde ich mir eine federführende Rolle durch Sie wünschen. Das werde ich noch mehrmals anmerken. Ich werde in Zukunft sicherlich daran erinnern.
Zweitens. Die Koalition plant eine enge Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Das hört sich gut an, aber hier drohen nichts anderes als weitere Vorgaben des Bundes in Bereichen, für die der Bund gar nicht zuständig ist. Das ist aus meiner Sicht Misstrauen gegenüber den Kommunen und die teilweise Abkehr von der Subsidiarität und der Vielfalt, die unser Land erst stark gemacht haben. Deshalb: Schaffen Sie klare Zuständigkeiten und damit die Entscheidungsfreiheit bei den Kommunen, und drehen Sie nicht durch Mischzuständigkeiten Ergebnisse früherer Föderalismusreformen zurück!
(Abg. Bernhard Daldrup [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege Dr. Berghegger, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der SPD-Fraktion?
Nein, ich möchte gerne fortsetzen.
Drittens. Sie verabschieden sich von dem eigenen Ziel der Konnexität, bevor die eigentliche Arbeit beginnt; denn Sie wollen laut Koalitionsvertrag, dass bei neuen Aufgaben, die der Bund auf andere Ebenen übertragen will, stärker auf die Ausgewogenheit der Finanzierung geachtet wird. Damit wird ehrlicherweise eine finanziell fragwürdige Arbeit fortgesetzt; denn wir haben schon in der letzten Legislaturperiode Gesetze aus SPD-geführten Häusern gehabt, wo Anspruch und Wirklichkeit in der Kostenkalkulation deutlich auseinandergegangen sind. So waren zum Beispiel beim Angehörigen-Entlastungsgesetz die Belastungen in der Praxis am Ende viel höher als vorher kalkuliert. Und der Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung im Grundschulalter musste sogar im Vermittlungsausschussverfahren nachgebessert werden.
Achten Sie in Zukunft bitte auf den Unterschied zwischen Theorie und Praxis! Das wohlformulierte Ziel höre ich schon. Ich sehe nur große Sorgen und Risiken für die Zukunft. Deshalb: Wenn wir Sie auf dem richtigen Weg begleiten sollen, dann kommen Sie auf uns zu. Wir werden Sie konstruktiv begleiten.
Vielen Dank fürs freundliche Zuhören.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Berghegger. – Herr Kollege Schrodi, nun kommt eine erste Rede, und dann kommen noch zwei weitere erste Reden aus der SPD-Fraktion.
Kleinen Moment, Frau Kollegin. Bei uns gilt der Grundsatz: Ich rufe auf, und dann kommen Sie.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächste Rednerin mit ihrer ersten Rede ist die Kollegin Dagmar Andres, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533190 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 12 |
Tagesordnungspunkt | Finanzen, Haushalt |