14.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 12 / Tagesordnungspunkt 2

Steffen BilgerCDU/CSU - Ernährung und Landwirtschaft

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Özdemir, zu Ihrem Amtsantritt wünsche ich Ihnen seitens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und auch persönlich alles Gute. Wir werden Sie stets begleiten als wachsame, als kritische Opposition, aber auch als politische Kraft, die gute und richtige Vorschläge unterstützt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP])

Vorschläge haben Sie in den zurückliegenden fünf Wochen seit Ihrer Ernennung wirklich schon etliche gemacht. Der Abdruck des Gepäckträgers Ihres Fahrrads war wahrscheinlich noch auf der Ernennungsurkunde des Bundespräsidenten zu erkennen, schon haben Sie sich den nächsten Titel in der Bundesregierung verdient, nämlich den des Ankündigungsministers. Höhere Preise für Lebensmittel, damit politisch verordnete Speisepläne, staatliche Vorgaben für den Zucker- oder Salzgehalt von Lebensmitteln, keine Strafen fürs Containern: Dieser Bundesminister verspricht wie noch keiner vor ihm.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Ernennung zum Bundeslandwirtschaftsminister kam für Sie wahrscheinlich auch etwas überraschend; denn ansonsten hätten Sie dafür sorgen können, dass sich diese vielen schönen Ankündigungen im Koalitionsvertrag wiederfinden. Grundlage der Politik der Bundesregierung sind diese ganzen Vorhaben und Ankündigungen laut Koalitionsvertrag nicht. Im Koalitionsvertrag steht jedenfalls sehr wenig dazu.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!)

Vielleicht wollen ja die Redner von SPD und FDP gleich noch erläutern, wie sie sich zu den einzelnen Vorschlägen stellen.

Leider muss ich Ihnen ohnehin sagen: Auch wenn Sie so tun, als ob mit Ihnen alles ganz neu würde, werden auch Sie die natürlichen und wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und Erfordernisse nicht neu erfinden können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch unter einem Bundesminister Özdemir wird die Henne das Ei legen. Auch unter einem Bundesminister Özdemir wird es hoffentlich so etwas wie persönlichen Geschmack und freie Konsumentenentscheidung geben; das ist im Übrigen auch gut so, meine Damen und Herren. Auch unter einem Bundesminister Özdemir bewegen wir uns im EU-Rechtsrahmen und auf dem EU-Binnenmarkt sowie im internationalen Handel und auf globalen Märkten mit harter Konkurrenz und enormem Preisdruck. Auch unter einem Bundesminister Özdemir sollten die Ernährungssicherung für alle mit möglichst fairen Preisen und die Einkommenssicherung unserer Landwirte ganz wesentliche Hauptaugenmerke der Agrarpolitik sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Verlaub, Herr Minister, diese zentralen Erkenntnisse kommen mir bei den Botschaften, die Sie bislang ausgesendet haben, viel zu kurz. Viele Verbraucher werden mit steigenden Lebensmittelpreisen belastet und sorgen sich, dass sich diese Spirale so weiterdreht, mal ganz abgesehen von den Lasten durch die allgemeine Teuerungsrate und die Entwicklung der Energiepreise. Das sind Sorgen, die auch Familien haben, die auch Menschen mit mittleren Einkommen haben. All diese Menschen spielen in Ihren Interviews und in Ihren Reden – so auch heute – zuverlässig keine Rolle.

(Susanne Mittag [SPD]: Ist doch Quatsch!)

Herr Minister Özdemir, Sie sagen, gerade der Preis für Fleisch müsse die ökologische Wahrheit wiedergeben. Das hört sich gut an. Ich frage Sie aber: Was soll das konkret heißen? Wie hoch muss denn aus Ihrer Sicht der Preis für ein Schnitzel, für eine Currywurst, für das Kilogramm Hackfleisch sein?

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie es doch mal! 16 Jahre nichts gebracht!)

Mit Ihren Ankündigungen zu höheren Lebensmittelpreisen erreichen Sie nur eines: Sie sorgen für Verunsicherung.

(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie? Das hat doch Klöckner auch getan! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch peinlich!)

Damit wir uns richtig verstehen: Auch wir wollen qualitativ hochwertige Lebensmittel, die unseren Landwirten ein gutes Einkommen sichern. Wir wollen Lebensmittel, die in Deutschland produziert werden und nicht irgendwo im Ausland, wo oft deutlich geringere Auflagen für Tierhaltung, Umwelt und Klimaschutz bestehen. Wir wollen eine Stärkung der regionalen Erzeugung, dadurch neue Wertschätzung und Wertschöpfung in unseren ländlichen Räumen.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten Sie es doch gemacht! 16 Jahre Zeit!)

Und wir wollen Lebensmittel, die sich alle leisten können, nicht nur die grüne Wählerschaft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das alles zu gewährleisten, Herr Bundesminister, und nicht nur so zu tun, als ob die Lebensmittel in Deutschland allesamt zu Ramschpreisen über die Ladentheke gingen, ist Ihre Aufgabe; denn so ist es nun wirklich nicht.

Sie haben sich selbst als obersten Anwalt der Landwirtinnen und Landwirte bezeichnet. Diesen Ruf müssen Sie sich erst noch verdienen. Einiges, was im Koalitionsvertrag steht, passt gar nicht dazu.

Auch Ihren Hinweis – gestatten Sie mir diese Anmerkung –, Landwirte sollten den Wandel in der Landwirtschaft mit Cannabisanbau gestalten, finde ich schon reichlich zynisch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Überhaupt passt die Begeisterung für die Legalisierung einer schädlichen Droge nicht ganz dazu, dass Sie andererseits den Menschen zum Schutz ihrer Gesundheit vorschreiben wollen, wie viel Zucker oder Fett sie über Lebensmittel überhaupt noch zu sich nehmen dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Rinck [AfD])

Doch zurück zu den Themen, die die Landwirtschaft wirklich bewegen! Von einem Anwalt einer modernen Landwirtschaft erwarte ich auch Mut vor den eigenen Parteifreunden. Sie nehmen am Agrarkongress des Bundesumweltministeriums in der kommenden Woche teil, und ich hoffe, dass die Anliegen der Landwirtschaft nicht komplett grüner Umweltpolitik untergeordnet werden. Vom obersten Anwalt der Landwirte erwarte ich jedenfalls, dass er auch dort klare Worte im Interesse der Landwirtschaft findet.

Überzeugen Sie Ihre Parteifreundin, die Bundesumweltministerin Frau Lemke, doch bitte davon, dass der abstrakte Ruf nach weniger Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft so lange unglaubwürdig ist, wie Alternativen dazu nicht vorangebracht werden. Es ist sehr bedauerlich, dass diese Bundesregierung beim Thema „neue Züchtungsmethoden“ offensichtlich positions- und sprachlos ist. Dabei geht es um neue Pflanzensorten, die zum Beispiel dem Klimawandel besser standhalten können.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Sie haben sich 16 Jahre lang nicht darum gekümmert!)

Deshalb meine Bitte an Sie: Hören Sie nicht auf die grünen Befindlichkeiten um sich herum! Lassen Sie die großen Chancen, die diese Technologien versprechen, nicht ungenutzt liegen!

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Sie als Fürsprecher einer modernen Landwirtschaft!)

Es ist wichtig, dass ein großer Teil unserer Lebensmittel auch in unserem Land produziert wird. Mit Ihrer Politik laufen wir Gefahr, dass wir immer mehr von Importen abhängig werden. Auch deswegen, um die Erzeuger hierzulande zu unterstützen, müssen Sie moderne Technologien in den Blick nehmen.

Herr Minister, wir haben Ihre Ankündigungen vernommen. Wir sind nun gespannt auf Ihre Taten. Überzeugen Sie uns, vor allem aber die Landwirte in unserem Land mit einer Politik, die die Interessen der bäuerlichen Landwirtschaft und des Verbrauchers vertritt, der sich qualitativ hochwertige, aber eben auch bezahlbare Lebensmittel wünscht, mit einer Politik, die Umwelt-, Natur-, und Klimaschutz zu einem guten Ausgleich bringt, ganz ohne Schwarz-Weiß-Malerei, grüne Vereinfachungen und Spaltung.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Carina Konrad [FDP]: Also, hier malt nur einer schwarz-weiß, und das sind Sie! Das war mal großer Quatsch! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Warum ist eigentlich der Hofreiter nicht da? – Gegenruf des Abg. Hans-Jürgen Thies [CDU/CSU] Agrarminister der Herzen! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat nun Dr. Matthias Miersch das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533202
Wahlperiode 20
Sitzung 12
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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