14.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 12 / Tagesordnungspunkt 2

Matthias MierschSPD - Ernährung und Landwirtschaft

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Özdemir, im Namen der SPD-Bundestagsfraktion möchte ich Ihnen ganz herzlich zu Ihrer Aufgabe gratulieren und Ihnen versichern, dass zumindest mir, mit Ausnahme des baden-württembergischen Slangs, diese Rede wirklich so gut gefallen hat,

(Beifall der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD])

dass wir, glaube ich, sagen können: Sie haben unsere Unterstützung bei jedem hier aufgezeigten Vorhaben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ingo Bodtke [FDP] – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das lässt tief blicken!)

Herr Kollege Bilger, ich habe Sie in den letzten Jahren nicht als landwirtschaftspolitischen Experten wahrgenommen; das müssen Sie auch nicht sein.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sie aber auch nicht!)

Es ist aber schon eine Anmaßung, dann einen Minister, der wenige Tage im Amt ist, als Ankündigungsminister zu bezeichnen, wo doch Mitglieder Ihrer Fraktion jahrelang diesen Ministerposten bekleidet und außer Hochglanz nichts geliefert haben.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Steffen Bilger [CDU/CSU]: zwölf Jahre gemeinsame Regierung! – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Wer hat denn die Dinge verhindert? Sie! Sie haben die Dinge verhindert!)

– Nein, Herr Stegemann, das müssen Sie sich jetzt gefallen lassen. Ihre Fraktion ist durchtränkt mit altem Denken, mit Funktionärsdenken, und die Landwirte in diesem Land haben längst verstanden, dass damit die Zukunft nicht zu gestalten ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das, was Sie über Jahre hier gepredigt haben – und es kam ja auch wieder zwischen den Zeilen: gegen den Markt, gegen die Globalisierung könne man nichts tun –, führt in die Sackgasse. Wir muten an dieser Stelle den Landwirten in Deutschland tatsächlich viel zu, weil wir andere Standards haben wollen.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Wer hat das Genehmigungsverfahren denn verhindert? Das war die SPD!)

Wenn Sie sagen, der Markt müsse das regeln, dann passiert genau das, was wir in der deutschen Landwirtschaft über Jahre beobachten konnten: Die Höfe sterben, und sie werden gerade nicht unterstützt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Kollege Miersch, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Abgeordneten Springer?

Nein, die Kollegen sind ja jetzt gleich dran; die können dann darauf erwidern. Das ist die Debattenkultur, die ich da pflege.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will schon sagen, dass Herr Özdemir an einer Stelle die für mich jedenfalls entscheidendste Frage gestellt hat, als er die Bedeutung des Zukunftsfelds Landwirtschaft für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Mittelpunkt gestellt hat. Wir erleben in den großen Bereichen der Klima-, Corona-, aber auch Landwirtschaftspolitik eine zunehmende Polarisierung dieser Gesellschaft. Daraus ergeben sich keine nachhaltigen Konzepte.

Die Sozialdemokratie hat sich gegründet, weil wir gesehen haben, dass wir es nur gemeinsam schaffen können. Deswegen sind die Vorarbeiten der Zukunftskommission Landwirtschaft, in der nicht die Betonköpfe saßen, sondern Menschen, die Empathie gegenüber der anderen Haltung eingenommen und dann Handlungsempfehlungen aufgeschrieben haben, so wertvoll für unsere jetzt anstehende vierjährige Arbeit. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass sowohl die Empfehlungen der Borchert-Kommission, die an einigen Stellen noch konkretisiert werden müssen, als auch die Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft gute Grundlagen sind. Ich will mich im Namen der SPD-Bundestagsfraktion noch mal ausdrücklich bei allen bedanken, die daran mitgewirkt haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor uns liegen vier sicherlich sehr anstrengende Jahre; denn all die Konzepte, die hier vorgetragen werden, verdienen es natürlich, bei der Umsetzung sehr genau gewichtet zu werden.

Ich will, weil ich Susanne Mittag nicht vorgreifen will, einen Punkt nennen: das Tierschutzlabel. Wir haben es in der Großen Koalition dreieinhalb Jahre lang nicht geschafft, dazu einen Kompromiss zu finden. Ich glaube, dass es ein ganz wichtiges Element ist, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht vom Markt deklarierte Labels vorgesetzt bekommen, sondern der Staat der Allgemeinheit tatsächlich einen Überblick über die Nachhaltigkeit gibt und die Verbraucherinnen und Verbraucher dann entscheiden können.

Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass Landwirte unterstützt werden müssen, wenn sie umstellen. Die Debatte in der Großen Koalition war dreieinhalb Jahre davon geprägt: Mehr Geld ins System, und dann wird das alles schon. – So funktioniert es nicht. Wir haben wissenschaftliche Expertise, die aufzeigt, dass das System an sich krank ist, und deswegen müssen wir an vielen Stellen auch systematisch eine Neuerung angehen, damit Böden geschützt werden, damit Tiere geschützt werden und damit die Landwirte, die jeden Tag arbeiten, tatsächlich auch das verdienen, was sie verdienen sollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Carina Konrad [FDP] und Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])

Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen – da bin ich mir sicher –, werden wir eine Riesenchance heben, die auch gesellschaftspolitisch gar nicht gering zu schätzen ist und im Übrigen mit der Energiepolitik ganz eng zusammenhängt. Es geht dabei auch um die Stärkung der ländlichen Räume. Die ländlichen Räume mit der Wertschöpfung der Zukunft zu verbinden, ist, glaube ich, ein ganz wichtiger gesellschaftspolitischer Schlüssel.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Zu einer Kurzintervention erhält der Abgeordnete Springer das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533204
Wahlperiode 20
Sitzung 12
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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