Andrea LindholzCDU/CSU - Vereinbarte Debatte zur SARS-CoV-2-Impfpflicht
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Land befindet sich mitten in einer schwierigen Phase der Pandemie. Die Zahl der Neuinfektionen überschreitet Tag für Tag neue Höchstwerte. Die Bundesregierung zögert und handelt nicht. Ganz klar ist: Impfen ist ein zentraler Baustein auf dem Weg aus der Pandemie, und die Steigerung der Impfquote muss unser aller Ziel sein. Ich bitte deshalb auch jeden und jede: Helfen Sie mit, lassen Sie sich impfen! Ich danke auch allen, die sich schon haben impfen lassen.
Noch viel lieber hätte ich heute nicht nur diesen Appell an Sie gerichtet, sondern auch über einen fundierten Gesetzentwurf der Bundesregierung debattiert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber anstelle eines Regierungsentwurfes sind verschiedene Anträge von Abgeordneten der Ampelfraktionen mit unterschiedlichen Herangehensweisen angekündigt. Das führt bei den Menschen im Land zu Verunsicherungen.
(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es zeichnet auch ein Bild von Planlosigkeit,
(Beifall bei der CDU/CSU)
und gerade das ist bei einem so wichtigen Thema desaströs. Die Regierung verweigert die Arbeit; sie legt keinen eigenen Entwurf vor. Bei den Pflegeberufen war das kein Problem: Da gab es einen Gesetzentwurf, und die Entscheidung war keine reine Gewissensfrage. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ampel ist in der Frage der Impfpflicht führungs- und orientierungslos.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Natürlich sind bei der Debatte über die Impfpflicht schwierige Fragen zu beantworten. Wir als Unionsfraktion haben deshalb schon vor vier Wochen mehr als 20 konkrete Fragen an die Regierung gestellt: Fragen zur Einordnung der Omikron-Variante, zum Pandemiemanagement, zu einem Impfregister.
Die Antwort kam gestern. Sie kam zu spät, und sie kam erst auf massiven Druck. Darüber hinaus aber lässt sie an vielen Stellen zu wünschen übrig. Auf viele Fragen gibt es schlicht gar keine Antwort. Man verweist auf öffentlich zugängliche Quellen und nimmt nicht mal ansatzweise eine eigene Einordnung vor:
(Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])
keine Positionierung zum Thema Impfpflicht, keine Antwort auf die Frage zu Vollzug und Kontrolle, keine Antwort auf die Frage bezüglich eines Impfregisters – das sind nur einige Beispiele. Stattdessen verweist man auf das Parlament und die Gruppenanträge.
Die angekündigte Hilfestellung für das Parlament können wir hierin nicht sehen. Was wir aber erleben, das ist Arbeitsverweigerung der Bundesregierung und eine Missachtung der Opposition.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der FDP – Christian Dürr [FDP]: Weil Sie Ihre Meinung sagen dürfen, oder was? Das ist ja absurd! Ich glaube nicht, dass Ihre Fraktion so schlecht ist!)
Für uns ist ganz klar: Die Bundesregierung ist nach wie vor in der Pflicht, einen praktikablen und verfassungskonformen Vorschlag vorzulegen, der zentrale Fragen beantwortet und die Expertise der Ministerien einbringt.
(Katja Mast [SPD]: Das haben Sie doch nicht nötig! – Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])
Wie aber bewerten wir diese ernste Lage?
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das würde mich interessieren!)
Eine allgemeine Impfpflicht hilft uns kurzfristig in der aktuell dramatischen Situation nicht weiter. Dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, ist viel zu viel Zeit ungenutzt verstrichen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)
Aktuell bräuchte es vor allem mehr freiwillige Impfungen, und es bräuchte eine erfolgreiche Impfkampagne. Aber die Impfkampagne für die Booster- und Erstimpfungen stockt.
(Christian Dürr [FDP]: Die Boosterkampagne, die wir gemacht haben?)
Das von Bundeskanzler Scholz ausgegebene Ziel von 80 Prozent Erstimpfungen bis Ende Januar wird leider ganz klar verfehlt.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das auch noch!)
Die Quote bei den Boosterimpfungen stagniert bei 50 Prozent, und auch das ausgegebene Ziel, zwischen Weihnachten und Ende Januar 30 Millionen Impfungen zu schaffen, wird ganz klar nicht erreicht. Wir liegen Stand heute bei knapp 15 Millionen Impfungen. Das ist bedauerlich, und das zeigt uns eines: Der Bundesgesundheitsminister ist mit seiner Impfkampagne hier ganz klar gefordert.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aus meiner Sicht steht aber auch fest: Wir müssen uns für den Ernstfall weiterer, möglicherweise gefährlicher Virusvarianten im Herbst wappnen. Denn den kann niemand ausschließen, auch wenn wir uns ihn alle nicht wünschen. Eine vollständige oder teilweise Impfpflicht kann ab einem bestimmten Zeitpunkt die Voraussetzung werden, sie kann notwendig sein, um eine Überforderung unseres Gesundheitssystems zu verhindern und den Individualschutz zu erhöhen.
(Christian Dürr [FDP]: Das stimmt, aber Sie sind auch noch nicht entschieden! Oder verstehe ich das falsch? Ich bin auch noch nicht entschieden!)
Das ist aber eine Frage von Daten und Fakten. Da stellen sich Fragen von Verhältnismäßigkeit und Umsetzbarkeit. Das sind Fragen, die die Regierung zu beantworten hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christian Dürr [FDP]: Was? Das ist nicht Ihr Ernst! Sie wollen das als Abgeordnete nicht bewerten! Das ist ja erschreckend!)
Die Entscheidung darüber, die trifft das Parlament. Das ist eine politische Entscheidung.
(Christian Dürr [FDP]: Sie sind kein Feierabendparlament!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, fest steht auch ganz klar: Wir brauchen ein Impfregister. Fachleute aus dem medizinischen, aus dem ethischen und aus dem rechtlichen Bereich raten dringend dazu, für diese Krise, aber auch für künftige Pandemiekrisen ein solches Register einzurichten. Denn es wäre mehr als hilfreich, wenn eine zuverlässige und sichere Datengrundlage über den Impfstatus unserer Bevölkerung Auskunft gibt. Ein Register kann uns bei der Ansprache und Information helfen. Es kann helfen, die Datenerhebung und ‑auswertung zu verbessern. Es kann Vorhersagen über die zu erwartende Belastung unseres Gesundheitssystems treffen und damit auch eine bessere Bewertung von nötigen oder nicht nötigen Maßnahmen ermöglichen. Denn am Ende ist eines klar: Eine bessere Datengrundlage ist das, was man braucht. Sie ist nicht ein Mehr an Belastung, sondern sie schützt gerade auch unser aller Freiheitsrechte. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, die Einrichtung eines allgemeinen Impfregisters unverzüglich auf den Weg zu bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sehr geehrte Damen und Herren in der Regierung, ich kann es Ihnen nicht ersparen: Packen Sie endlich an! Wir brauchen Klartext und Klarheit bei Impfkampagne, Impfpflicht und Impfregister. Es gibt verdammt viel zu tun.
Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Dr. Paula Piechotta aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich begrüße Sie zu Ihrer ersten Rede hier im Deutschen Bundestag.
(Beifall)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533317 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 13 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zur SARS-CoV-2-Impfpflicht |