26.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 13 / Tagesordnungspunkt 3

Konstantin KuhleFDP - Vereinbarte Debatte zur SARS-CoV-2-Impfpflicht

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte über eine Impfpflicht gegen das Coronavirus ist eine Demokratiefrage; denn unsere Gesellschaft ist in einer schwierigen Situation. Seit zwei Jahren kämpfen Gemeinwesen und Staat gegen das Virus, und seit zwei Jahren stellen wir an vielen Stellen fest, dass der Frust und die Enttäuschung in der Gesellschaft immer größer werden. Wir müssen hier anerkennen – das haben einige der Kolleginnen und Kollegen auch getan, und dafür danke ich ausdrücklich –, dass viel von diesem Frust und viel von dieser Enttäuschung auch mit der mangelhaften Kommunikation der Politik in den letzten zwei Jahren zusammenhängt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Fehler gemacht. Wir haben nicht hinreichend über die eigenen Zweifel, über die eigenen Unzulänglichkeiten, über die eigenen Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Coronabekämpfung gesprochen. Ich wünsche mir, dass die heutige Debatte einen Beitrag dazu leistet, dass wir auch die Entfremdung zwischen der Bevölkerung und den staatlichen Institutionen wieder ein Stück weit überwinden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn es ist ein Kernwert der Demokratie, dass die Institutionen der Demokratie auch zur Selbstkorrektur in der Lage sind.

Sosehr der Respekt vor denjenigen, die bei ihrer Meinung bleiben wollen, zur heutigen Debatte dazugehört, sosehr gehört auch der Respekt gegenüber denjenigen dazu, die ihre Meinung angesichts einer neuen Situation ändern wollen. Auch dafür bin ich dankbar, dass das hier heute möglich ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Debatte über eine Impfpflicht ist aber nicht nur eine Demokratiefrage. Sie ist auch eine Freiheitsfrage, und ich rate dazu, diese Debatte auch anhand des Maßstabs der Freiheit zu führen. Was wir aber nicht zulassen dürfen, ist, dass permanent so getan wird, als sei die Impfung quasi die Fortsetzung der Freiheitsbeschränkungen der Pandemie. Die Impfung ist der Weg, um mit den Freiheitsbeschränkungen der Pandemie endlich Schluss zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Diskussion über eine Impfpflicht ist eine komplizierte Angelegenheit, die anhand der Freiheit der Bürgerinnen und Bürger gemessen und ausgestaltet werden muss. Deswegen kommt es sehr genau und sehr präzise auf die Verhältnismäßigkeit an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine allgemeine Impfpflicht verhältnismäßig ist, bevor wir nicht jedem die Gelegenheit gegeben haben, in einem verpflichtenden Beratungsgespräch mehr darüber zu erfahren, was ihn oder sie umtreibt. Deswegen muss der erste Schritt ein verpflichtendes Beratungsgespräch sein.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass eine Impfpflicht verhältnismäßig ist, bei der alle Menschen gleich behandelt werden. Natürlich macht es typischerweise einen Unterschied, wenn Menschen über 50 oder über 60 sind, als wenn sie jünger sind. Und natürlich ist der Gesetzgeber sogar dazu verpflichtet, zu typisieren, wenn er eine allgemeine abstrakte Entscheidung treffen soll. Das macht er an allen Stellen: Man kann auch nicht mit unter 40 Jahren als Bundespräsident kandidieren, weil man typischerweise davon ausgeht, dass man über 40 reifer ist und dieses Amt ausführen kann.

(Beifall des Abg. Wolfgang Kubicki [FDP])

Typisierungen sind dem Gesetzgeber immer anheimgestellt und sollten deswegen auch in dieser Frage eine Rolle spielen.

Deswegen wünsche ich mir einen Mittelweg zwischen der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht auf der einen Seite und der Verhinderung einer allgemeinen Impfpflicht auf der anderen Seite. Ich habe für beide Positionen Respekt. Ich glaube aber, dass wir uns in Vorbereitung auf den nächsten Winter Gedanken darüber machen müssen, wie wir die Impfquote noch einmal massiv steigern. Ich glaube, dass das politische Kapital, um von um die 70 auf um die 80 Prozent Impfquote zu gelangen, bei einer allgemeinen Impfpflicht zu hoch wäre. Ich glaube aber, dass eine Kombination aus Beratungspflicht und altersbezogener Impfpflicht verhältnismäßig wäre, und lade alle – auch aus der Union – ein, an diesem Modell mitzuarbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jessica Rosenthal hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533344
Wahlperiode 20
Sitzung 13
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zur SARS-CoV-2-Impfpflicht
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine