27.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 14 / Tagesordnungspunkt 5

Fabian FunkeSPD - Vereinbarte Debatte zur Konferenz zur Zukunft Europas

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für meine Generation ist die EU mehr als nur eine abstrakte Struktur, eine politische Organisation oder die Summe von Verwaltungsakten. Die EU ist ein längst nicht mehr wegzudenkender Teil unseres eigenen Lebens geworden. Meine Generation kennt Europa gar nicht anders. Sie ist aufgewachsen mit offenen Grenzen, mit starkem Austausch zwischen den Regionen, mit Schüleraustauschen, Erasmus-Semestern, einer gemeinsamen Währung und einem gemeinsamen Arbeits- und Wirtschaftsraum. Wir können und wollen uns gar nichts anderes mehr vorstellen als dieses gemeinsame Europa unter dem Dach der Europäischen Union. Sie ist unser Zuhause,

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

besonders für mich als jemand, der in der Grenzregion zu Tschechien wohnt und aufgewachsen ist und sieht, wie diese Länder immer mehr zusammenwachsen, wie Freundschaften entstehen, wie Menschen auf Arbeit pendeln und alles immer enger wird.

Thema dieser Debatte ist aber auch die Zukunft der Europäischen Union, und unsere Generation wird die Zukunft der Europäischen Union sein.

(Johannes Schraps [SPD]: Genau!)

Sind wir doch mal ehrlich: Es ist nicht alles gut in der Europäischen Union. Die EU steht vor großen Herausforderungen und Bedrohungen, die die Konferenz zur Zukunft Europas ja auch in den Mittelpunkt stellt. Wir müssen entschlossen und gemeinsam beim Klimaschutz vorangehen, wir müssen große Investitionen in Zukunftstechnologien und Infrastruktur voranbringen, einerseits, um die Klimakrise zu bekämpfen, andererseits aber natürlich auch, um gute Arbeit in ganz Europa zu sichern und die Wirtschaft fit für die Zukunft zu machen.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Programm „Fit for 55“ der Europäischen Kommission war dazu ein guter Aufschlag, den es jetzt mit Leben zu füllen gilt. Da sind wir als Bundesrepublik Deutschland als wirtschafts- und bevölkerungsstärkstes Land in großer Verantwortung. Aber auch darüber hinaus müssen wir gemeinsam dafür streiten, dass die Rechtsstaatlichkeit in Europa nicht weiter von Nationalistinnen und Nationalisten, beispielsweise in Polen und Ungarn, unterminiert wird

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

und dass die europäischen Werte für die Bürgerinnen und Bürger auch als europäische Rechte erlebbar und sicher werden.

Das bedeutet auch ganz klar – denn die Verantwortung endet ja nicht an den europäischen Außengrenzen –: Wir müssen das Sterben im Mittelmeer beenden. Wir müssen Europa auf den Weg zu einer menschenwürdigen Aufnahmepolitik bringen, die die Menschen im Mittelmeer rettet und die humanitären Standards unserer Union an den Außengrenzen sichert.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Situationen wie in Moria oder an der polnisch-belarussischen Grenze dürfen nicht unser Anspruch sein. Die Europäische Union muss nach innen und nach außen ihren humanitären, demokratischen und rechtsstaatlichen Ansprüchen gerecht werden. Sie darf sich nicht von autokratischen Drittstaaten mit Migrationsströmen erpressbar machen, sie darf nicht tatenlos zusehen, wie Mitgliedstaaten demokratische Grundwerte Stück für Stück zurückrollen, und sie muss in der Außen- und Sicherheitspolitik handlungsfähig sein; das sehen wir gerade jetzt wieder besonders.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kurzum: Wir brauchen europäische Souveränität. Deswegen ist es sehr gut – ich freue mich sehr darüber –, dass die französische Ratspräsidentschaft das jetzt in den Mittelpunkt stellt.

Dinge wie der Austritt des Vereinigten Königreichs zeigen uns schmerzlich, wie fragil die Europäische Union auch sein kann. Auch in anderen Ländern machen sich Nationalisten breit, die unsere Vorstellung von einem gemeinsamen Leben in der Europäischen Union infrage stellen. Ich bin insbesondere froh, dass in diesem Haus zumindest unter den meisten Fraktionen – mit expliziter Ausnahme dieser Fraktion hier rechts im Parlament – eine große Einigkeit darüber besteht, dass wir die Europäische Union brauchen und weiterentwickeln müssen, um noch enger zusammenzuwachsen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Deshalb müssen wir in der Europäischen Union noch stärker zueinanderfinden und weiter zusammenwachsen, aber die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg auch mitnehmen; denn nur mit Beteiligung fördern wir das Wohlbefinden und schaffen Akzeptanz für die weitere Integration der Europäischen Union. Daher bin ich sehr, sehr froh, dass dieser Prozess zur Zukunft der Europäischen Union in so einer breiten Diskussion zwischen Rat, Kommission, Parlament und mit den Bürgerinnen und Bürger da draußen in diesem Land stattfindet. Ich finde, die Ergebnisse können sich sehen lassen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir müssen aber auch die parlamentarische Beteiligung in der Europäischen Union stärken. Wir brauchen eine Reform des Europäischen Parlamentes und transnationale Listen. Das ist ja auch das, was die Menschen da draußen fordern.

(Beifall des Abg. Johannes Schraps [SPD])

Die Zukunft der Bundesrepublik muss eine europäische sein, um die Herausforderungen einer globalisierten Welt meistern zu können. Lassen Sie uns also gemeinsam daran arbeiten und dafür sorgen, dass meine und zukünftige Generationen in einem vereinten, souveränen und gerechten Europa aufwachsen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Funke. – Bevor ich dem Kollegen Professor Weyel das Wort erteile, will ich einen kurzen Hinweis geben. Das Sitzungspräsidium und der Sitzungsdienst achten sehr genau darauf, dass diejenigen, die nicht von der Maskenpflicht befreit sind, auch ihre Masken tragen. Wir sind für jeden Hinweis dankbar; aber es muss nicht jeder Hinweis erfolgen, wenn ich das mal so sagen darf.

Nächster Redner wird der Kollege Professor Weyel von der AfD-Fraktion sein, der von der Tribüne spricht.

(Beifall bei der AfD)

Herr Professor Weyel, Sie kennen das Spiel: Wenn Ihre Redezeit sich dem Ende nähert, bekommen Sie zwei Minuten vor Schluss ein optisches Signal. Die Redezeit läuft dann runter. – Sie haben das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533405
Wahlperiode 20
Sitzung 14
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zur Konferenz zur Zukunft Europas
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