27.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 14 / Tagesordnungspunkt 7

Dennis RohdeSPD - Beschluss Art. 115 II GG, Nachtragshaushalt 2021

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute auf den Tag exakt zwei Jahre her, dass der erste positive Coronafall in Deutschland festgestellt wurde. Die Pandemie, die uns seitdem im Griff hat, hat auch ihre Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bundeshaushaltes, wie wir es gewohnt waren – wir beschließen kurz vor Beginn des Jahres einen Haushalt, und die Prognose geht am Ende des Jahres mehr oder minder ziemlich genau auf –, funktioniert in Pandemiezeiten nicht. Das ist der vierte Nachtragshaushalt, den wir auf den Weg bringen. Allein das zeigt die Planungsunsicherheit, die wir haben, in einer Pandemie, die wir nur bedingt im Griff haben können.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Waren die ersten drei Nachtragshaushalte davon geprägt, dass wir zusätzliches Geld ganz kurzfristig mobilisieren mussten – zum Beispiel für den Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel für Impfstoffe, für Brückenhilfe, für Kurzarbeitergeld –, so ist dieser Nachtragshaushalt davon geprägt, dass die Prognose in die andere Richtung ging. Wir haben für 2020/2021 gut 85 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen nicht einsetzen müssen. Gleichzeitig konnten wir feststellen: Das hat zum einen damit zu tun, dass die Einnahmeseite besser ausgefallen ist – wir haben mehr Steuereinnahmen, weil sich die Wirtschaft im Jahr 2021 besser entwickelt hat, als wir mit dem ersten Nachtragshaushalt angenommen haben –, aber eben auch damit, dass Ausgaben nicht abgeflossen sind. Es sind Ausgaben, die zum Teil dringend notwendig sind, weil sie die wirtschaftliche Transformation dieses Landes sicherstellen und damit den nachhaltigen Weg aus dieser Krise, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Diese Investitionen jetzt anzugehen bzw. nachzuholen, ist für uns eine der vordersten Aufgaben. Wir wollen diese Pandemie nachhaltig verlassen. Wir wollen, dass die Arbeitsplätze, die wir gerade retten, auch in der Zukunft erhalten bleiben, dass sie zukunftsfähig sind. Wir wollen, um es deutlich zu machen, einen Long Covid für die deutsche Wirtschaft verhindern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ja, natürlich hat die Bekämpfung der einen Krise auch Auswirkungen auf die anderen großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, auf die andere Krise, die auf uns zukommt. Wir wollen mit den Maßnahmen, die wir ergreifen, auch unseren Planeten schützen und ihn für künftige Generationen lebenswert halten. Beides denken wir zusammen, und ich finde, das gehört auch zusammen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Genau für diese Aufgabe der nachhaltigen Transformation unserer Wirtschaft überführen wir Mittel in den Energie- und Klimafonds.

Weil ja gerade der Vergleich mit 2020 angesprochen wurde: Wir haben im Juni 2020 in der Großen Koalition zusammen ein Konjunkturpaket auf den Weg gebracht. Wir haben Maßnahmen formuliert, die kurzfristig helfen sollen, und wir haben Maßnahmen formuliert, die mittel- und langfristig dabei helfen sollen, diese Pandemie hinter uns zu lassen.

Wenn ich mir diese Maßnahmen noch mal genau angucke, Herr Kollege Middelberg, dann wundert mich Ihre Rede. Dann wundere ich mich besonders über die Beispiele, die Sie aufgeführt haben; denn Sie haben exakt dieselben Beispiele genannt, die wir 2020 gemeinsam beschlossen haben. Damals haben wir die EEG-Umlage abgesenkt bzw. den Strompreis festgehalten. Damals haben wir ein Bauprogramm für Energieeffizienz auf den Weg gebracht. Damals haben wir 7 Milliarden Euro für eine Wasserstoffstrategie beschlossen, 2 Milliarden Euro für Quantentechnologie, 2 Milliarden Euro für künstliche Intelligenz. Wir haben uns mit der Batteriezellenfertigung und auch mit der Elektroinfrastruktur auseinandergesetzt. Genau das haben wir 2020 gemacht, und genau das kritisieren Sie heute an diesem Rednerpult. Ich finde das nicht aufrichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir waren ja damals genauso klug wie heute. Wir wussten auch damals, dass das Geld natürlich nicht sofort abfließt, und haben uns auch damals Gedanken darüber gemacht: Wie schaffen wir es, sicherzustellen, dass Planungssicherheit da ist, und wie schaffen wir es, dass das Geld in den nächsten Haushaltsjahren abfließen kann? Genau deswegen haben wir infolge des Konjunkturpaketes aus dem Juni den zweiten Nachtragshaushalt beschlossen, und genau deswegen haben wir 26 Milliarden Euro in den Energie- und Klimafonds überführt – genau das Gleiche, was wir heute auch machen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Deswegen: Das war damals richtig, dass wir das gemacht haben, weil es die Wirtschaft gestützt hat, weil es Arbeitsplätze gerettet hat, und es ist auch heute richtig, dass wir das machen.

Ja, auch die Debatte damals war streitig. Ich erinnere mich sehr genau daran, dass auch die Kolleginnen und Kollegen der Freien Demokraten vieles an unseren Haushalten kritisiert haben. Sie haben das in der Form gemacht, dass sie Änderungsanträge gestellt haben, und wir haben es in der Form gemacht, dass wir am Ende Mehrheiten haben entscheiden lassen und wir auch Änderungsanträge abgelehnt haben.

Aber es gab einen Unterschied zwischen der Debatte damals und der heutigen. Ich erinnere mich: Wir hatten hier einen Antrag der AfD auf eine Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht. Es waren sich alle anderen Fraktionen einig. Ich erinnere mich sehr gut an die Rede von Otto Fricke, dass dies hier der Ort der demokratischen Auseinandersetzung ist, dass man hier um Mehrheiten zu ringen hat und dass es am Ende Mehrheiten sind, die im Deutschen Bundestag entscheiden. Das unterscheidet die FDP, die damals so argumentiert hat, von Ihnen heute. Sie stellen sich an die Seite der AfD und wollen zum Bundesverfassungsgericht gehen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Widerspruch bei der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Weil das verfassungswidrig ist!)

– Wenn Sie jetzt rufen, dieser Haushalt sei verfassungswidrig, dann setzen Sie sich noch mal mit dem auseinander, was wir 2020 gemacht haben!

(Christian Haase [CDU/CSU]: Auch die Regierung steht nicht über der Verfassung! Auch die Regierung nicht!)

Ich finde, nur weil man seine Rolle im Deutschen Bundestag wechselt, muss man nicht von heute auf morgen komplett andere Reden halten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] – Christian Haase [CDU/CSU]: Gott sei Dank gibt es Gewaltenteilung! – Zuruf von der AfD: Nicht umsonst gibt es Gewaltenteilung in Deutschland!)

Deswegen betone ich noch einmal: Dies ist der Ort der demokratischen Auseinandersetzung. Wir setzen mit diesem Nachtragshaushalt sogar die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um, das nämlich uns allen ins Stammbuch geschrieben hat, jetzt schnell und konsequent gegen den Klimawandel vorzugehen. Auch dieser Forderung kommen wir heute nach, und wir verbinden es mit dem nachhaltigen Herauswachsen aus der Coronakrise.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Nachtragshaushalt festigt den Weg raus aus der Pandemie. Er stellt unsere Wirtschaft nachhaltiger auf. Er wird damit auch den Erfordernissen des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz gerecht. Wir haben keine Sorge vor Ihrer Klage; wir haben nur Sorge darum, dass Sie immer mehr die Nähe zur AfD suchen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Christian Haase [CDU/CSU]: Das Niveau sinkt!)

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem Kollegen Albrecht Glaser.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533430
Wahlperiode 20
Sitzung 14
Tagesordnungspunkt Beschluss Art. 115 II GG, Nachtragshaushalt 2021
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