27.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 14 / Tagesordnungspunkt 7

Wolfgang WiehleAfD - Beschluss Art. 115 II GG, Nachtragshaushalt 2021

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Heute reden wir über den wohl absurdesten Nachtragshaushalt in der Geschichte dieser Republik. Wir schreiben das Jahr 2022 und beschließen, im Jahr 2021 buchmäßig zusätzliche Ausgaben zu tätigen. Diese Ausgaben erfolgen real aber erst in ferner Zukunft; denn die Mittel fließen in eine Rücklage, die bereits üppig gefüllt ist.

Die Ermächtigung für diese Ausgaben fußt auf einer behaupteten Notlage, die durch die Ausgaben beim besten Willen nicht behoben wird.

(Beifall bei der AfD)

Nur der Respekt vor diesem Hohen Hause verhindert, dass das Publikum draußen in Gelächter ausbricht. Aber machen wir uns nichts vor: Solche Manöver zehren kräftig an ebendiesem Respekt.

Für ideologische Projekte zum Umbau der Gesellschaft, wolkig klimapolitische „Transformation“ genannt, wollen vor allem die Grünen in Zukunft Milliardenbeträge verfeuern. Zugleich will vor allem die FDP für ihre Klientel den Anschein erwecken, dass man wenigstens ab 2023 wieder zu einer solideren Haushaltsführung zurückkehren und die Vorgaben der grundgesetzlichen Schuldenbremse einhalten würde. Was läge da näher, als für diese Zeit große Geldbeträge zu bunkern.

Die Gelegenheit lag auf dem Tisch. Der allzu panisch-pessimistisch veranschlagte Haushalt 2021 nebst erstem Nachtrag bietet gewaltigen Spielraum. Statt nun die Neuverschuldung zu verringern, wie es gute Übung für einen liberalen Finanzminister hätte sein müssen, Herr Kollege Lindner, nimmt man gewaltige 60 Milliarden Euro, um eine Rücklage zu füttern, eben den Energie- und Klimafonds, EKF.

Ja, ich hätte gern als Beobachter am Verhandlungstisch der Ampelkoalition gesessen, als dieser Trickbetrug am Wähler erfunden wurde, um die sich widersprechenden Vorstellungen zweier Koalitionspartner zum Schein gleichzeitig zu erfüllen.

(Beifall bei der AfD)

Mit dem Betrug am Wähler ist es aber nicht getan, wie die Expertenanhörung vom 10. Januar eindrucksvoll gezeigt hat. Nicht zuletzt die Stellungnahme des Bundesrechnungshofs zeigt klar auf, dass die Konstruktion dieses Nachtragshaushalts die Grenzen des Grundgesetzes sprengt. Schon die Verabschiedung eines 2021er-Haushalts im Jahre 2022 widerspricht dem Verfassungsgrundsatz der Jährlichkeit und dem Haushaltsgrundsatz der Fälligkeit. Die Bereitstellung einer Rücklage für Klimaschutz und Transformation steht in keinerlei Zusammenhang mit der ins Feld geführten finanziellen Notlage, die eine Ausnahme von den Regeln der Schuldenbremse erlauben sollte. Die behauptete Notlage ist noch dazu in erster Linie Folge der vielfach unverhältnismäßigen staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie.

Jetzt versuchen Sie von der Koalition, eine vielleicht irgendwann in der Zukunft stattfindende Konjunkturbelebung durch staatliche EKF-Ausgaben als Ausweg aus der Coronakrise zu verkaufen. Damit wollen Sie am Ende lediglich dem Verfassungsgericht einen Veranlassungszusammenhang für Ihren Buchungstrick vorgaukeln. Im Namen der AfD-Fraktion sage ich Ihnen voraus, dass das nicht funktionieren wird.

(Beifall bei der AfD)

Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich hier aus der Stellungnahme des Bundesrechnungshofs:

Der Bundesrechnungshof hält den Entwurf eines Zweiten Nachtragshaushalts 2021 für verfassungsrechtlich zweifelhaft. Ein Zweiter Nachtrag 2021 ist überdies finanzwirtschaftlich nicht notwendig. Der Bundesrechnungshof empfiehlt, auf seine parlamentarische Verabschiedung zu verzichten.

Was für eine Ohrfeige für die Koalition!

(Beifall bei der AfD – Enrico Komning [AfD]: Hört! Hört!)

Liebe Unionsfraktion, die AfD-Fraktion begrüßt Ihre klare Positionierung gegen diesen Nachtragshaushalt. Wir staunen aber über Ihre kaum übertreffbare Wendigkeit, haben Sie doch – wir haben es schon gehört – selbst mit dem Zweiten Nachtragshaushalt 2020, unter Finanzminister Olaf Scholz übrigens, exakt dieselbe Täuschung vollzogen und den EKF mit rund 25 Milliarden Euro gefüttert. Wenn Sie nach Karlsruhe gehen, nehmen Sie um Ihrer Glaubwürdigkeit willen weitere Kläger aus anderen Fraktionen mit, auch aus unserer.

Der Zweite Nachtragshaushalt 2021 ist aber nicht nur formal nicht haltbar; er ist auch politisch jenseits aller Vernunft. Mit 60 Milliarden Euro zusätzlichen Schulden befeuern Sie ein staatliches Konjunkturprogramm für kommende Jahre, obwohl wir alle aus der Vergangenheit wissen, dass solche Programme bestenfalls ein Strohfeuer auslösen, aber bleibende Löcher im Haushalt hinterlassen.

Es ist falsch, anzunehmen, 60 Milliarden Euro zusätzliche Staatsverschuldung seien harmlos. Die EZB wird diese Schulden zum größten Teil aufkaufen und monetarisieren. Das führt also zur Inflation der Geldmenge. Diese zusätzliche Geldmenge hat längst die Sphäre der Kapitalmärkte verlassen und schlägt auf die Verbraucherpreise durch.

Es ist falsch, anzunehmen, dass der Staat am besten wüsste, wofür es sich lohnt, Geld auszugeben. Auch die modische Klimaargumentation kann nicht vertuschen, dass Ihre Transformationsprogramme immer tiefer in die Staatswirtschaft führen. Und es ist auch falsch, anzunehmen, dass die ideologische Klimapolitik der Ampelkoalition in eine gute Zukunft führen würde. Da trifft die einseitige Förderung der Elektromobilität auf explodierende Strompreise; denn die Märkte kennen den Mangel. Die Abschaltung zuverlässiger und kostengünstiger Stromquellen wie der sicheren deutschen Kernkraftwerke trägt ganz direkt dazu bei. So kann man, meine Damen und Herren, mit einer Industrienation – oder soll man sagen: Noch-Industrienation? – wie Deutschland nicht umgehen.

(Beifall bei der AfD)

Auch deshalb sind 60 Milliarden Euro mehr für den EKF nicht zu verantworten.

Um es noch einmal mit den Worten des Rechnungshofs zu sagen: Der Bundestag muss auf die parlamentarische Verabschiedung dieses Nachtragshaushalts verzichten.

(Beifall bei der AfD)

Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Sven-Christian Kindler.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533433
Wahlperiode 20
Sitzung 14
Tagesordnungspunkt Beschluss Art. 115 II GG, Nachtragshaushalt 2021
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