Otto FrickeFDP - Beschluss Art. 115 II GG, Nachtragshaushalt 2021
Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kollegin Wissler, manchmal sitzt man da und denkt: „Was sagst du jetzt?“, und dann fällt mir im Hinblick auf die Linken – Kollege Rohde weiß schon, was – leider wieder Shakespeare ein: „Dein Ohr leih jedem, wenigen deine Stimme …“. Shakespeare hatte damals schon recht, insofern es um den Sozialismus ging.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)
Wenn wir bei Shakespeare weiterlesen, heißt es für die Union – darauf komme ich jetzt –: „Nimm Rat von allen, aber spar dein Urteil.“ Das will ich dann doch deutlich sagen: Sie gehen den Rechtsweg; diese Koalition geht einen ökonomischen Weg unter Einhaltung des Rechts.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Und Sie wählen nicht den Rechtsweg!)
Und ich will deutlich sagen: Wir erleben – das berichtet der IWF heute; wir werden in den nächsten Tagen weitere Nachrichten bekommen – eine Abkühlung der Wirtschaft. Es ist interessant, dass sich bisher keiner Ihrer Redner um die ökonomische Situation auch nur eine Sekunde gekümmert hat.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie wollen recht haben, Sie wollen aber nicht recht bekommen. Und das ist ein ganz wesentlicher Unterschied.
Meine Damen und Herren, wir haben gegenwärtig eindeutig ein Angebotsproblem. Es zeigt sich deutlich: Die Nachfrage steigt an vielen Stellen. Schauen Sie sich den Arbeitsmarkt nicht nur bei uns, sondern selbst in vielen anderen Ländern, inzwischen auch in Südeuropa, an. Und es wird die Frage für diesen Kontinent und ganz besonders für das wirtschaftlich stärkste Land auf diesem Kontinent sein, wie wir nach der Krise aus diesen Problemen herauskommen. Darum hätten Sie sich kümmern müssen. Darüber hätten Sie etwas sagen sollen. Dazu hätten sie Anträge stellen sollen. Das wäre Ihre Aufgabe als Opposition gewesen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich zitiere dann sehr gerne einen durchaus immer wieder sehr weisen Menschen. Der heißt Friedrich Merz und hat gesagt: „Nur Opposition zu sein, reicht nicht. Wir wollen eigene Antworten geben …“.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Oha! – Zuruf von der CDU/CSU: Das machen wir!)
– Das macht ihr, ja. Wisst ihr, was eure Antwort ist? Kein einziger Änderungsantrag im Haushaltsausschuss, hier einen Entschließungsantrag vorlegen, der sich im Allgemeinen verliert.
(Zuruf von der CDU/CSU: Wo warst du denn? Ihr habt ihn abgelehnt, den Änderungsantrag!)
Bei allem, was ihr da geschrieben habt, pocht ihr immer nur auf Recht, Recht, Recht.
(Zurufe des Abg. Dr. Malte Kaufmann [AfD])
Dann hatten wir – das ist für uns als Koalition doch sehr interessant – in der letzten Sitzungswoche eine allgemeine Aussprache. Was kam aus den Reihen der CDU/CSU? Kein Vorschlag, wie man die wirtschaftliche Situation verbessern kann, sondern nur Anmerkungen, wo mehr ausgegeben werden muss, wo es fehlt, und kein einziger Einsparvorschlag. Ich bin sehr gespannt darauf, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob heute der Kollege Haase, den ich sehr schätze – er redet ja nach mir –, sagt: Also, wir sind uns einig; wir wollen nicht nur auf den Weg des Rechtes gehen, sondern wir haben noch ganz viele Vorschläge, wie wir das verbessern können. – Es kann ja sein, dass Sie sagen, wir bräuchten Steuererhöhungen.
Übrigens ein kurzer Hinweis an Die Linke: Wenn Sie die Einnahmen des Bundes über die Vermögensteuer erhöhen wollen, dann bringt das nichts. Der Bund kriegt davon null Cent; das kriegen die Länder.
(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Vermögensabgabe! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Vermögensabgabe! Andere Baustelle!)
Insofern ist so ein Vorschlag für diesen Haushalt schlichtweg irrelevant. Aber sei’s drum!
Eine zweite Bitte an die Union: Schauen Sie sich doch noch einmal an, was Ihre eigene Kommission über die Frage gesagt hat, warum Ihnen der Wahlkampf misslungen ist. Und dann werden Sie feststellen, dass auf Seite 9 steht:
Dementsprechend wirkte die Union in diesem Wahlkampf auch aufgrund ihrer inhaltlich unscharfen Position in zentralen Themenfeldern auf viele Wählerinnen und Wähler nicht mehr glaubwürdig und authentisch.
Und dann setzen Sie das auch noch hier im Bundestag fort. Das geht doch viel besser, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Einige Anmerkungen zur wirtschaftlichen Frage, auf die ich als Letztes noch eingehen möchte: Sie haben einem Haushalt zugestimmt, an dem wir im Jahre 2021 viel Kritik hatten,
(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])
und haben gesagt: Dafür stellen wir Milliarden zur Verfügung. – Über 20 Milliarden Euro von diesen, von Ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln haben wir nicht genutzt. Sie sind auch dank des Finanzministers in Abgang gekommen – weg! Zu den anderen 60 Milliarden Euro haben Sie gesagt: Die geben wir für die Bekämpfung der Krise aus. – Sie bleiben der Idee verhaftet, dass man eine Krise nur kurzfristig bekämpfen kann, und sagen: Dann gucken wir mal, und irgendwann im Juni 2022 beschäftigen wir uns mit dem Haushalt 2022 und der Bekämpfung der Krise durch einen neuen Haushalt.
Wir dagegen sagen: Wir wollen die Krise auch mittelfristig bekämpfen, und wir wollen frühzeitig feststellen, wie diese Bekämpfung läuft. Denn eines wird für dieses Land notwendig sein: Wir müssen dafür sorgen, dass investiert wird. Und das kann man nur, wenn Sicherheit ist. Deswegen sage ich Ihnen in leichter Abwandlung von Goethe zum Schluss: Zahlen sind des Haushälters Waffen, nicht die Klage.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Christian Haase spricht für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533436 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 14 |
Tagesordnungspunkt | Beschluss Art. 115 II GG, Nachtragshaushalt 2021 |