Hermann FärberCDU/CSU - Landwirtschafts- und Ernährungspolitik im Aufbruch
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Regierungskoalition spricht von einem Kurswechsel in der Agrarpolitik, unterlegt mit 15 Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag.
Frau Kollegin Künast, über Ihre Ziele kann man sich mehr oder weniger einig sein. Aber es geht ja immer auch um die Frage der Umsetzung, und die Antworten darauf sind Sie in diesem Antrag oft schuldig geblieben.
Die Bäuerinnen und Bauern sind sich durchaus dessen bewusst – und sie sind es auch gewohnt –, dass sich die Ansprüche der Gesellschaft an ihre Arbeitsweise, an die Art und Weise, wie sie ihre Felder bewirtschaften, ändern, von früher einmal ertragreicher Lebensmittelsicherung über die Bioenergiegewinnung – Sie erinnern sich vielleicht noch daran – bis hin zu einer Bewirtschaftungsweise mit einer stärkeren Förderung der Biodiversität, des Tierwohls und des Klimaschutzes.
Aber egal, was immer sie auch tun sollen, was die gesellschaftliche Aufgabe für die Landwirtschaft jeweils ist, sie brauchen dafür auch einige Voraussetzungen: Sie brauchen eine langfristige Perspektive und Planungssicherheit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Investitionen werden nicht selten für 20 Jahre und noch länger gemacht. Da nutzt es nichts, wenn nach drei, vier Jahren wieder etwas anderes gewollt wird. Sie brauchen praxistaugliche Regelungen, die auch realistisch umsetzbar sind. Und vor allem brauchen sie Märkte, die diese Produkte abnehmen und auch die Prozessqualität honorieren – nicht nur die Produktqualität, sondern auch die Prozessqualität.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen wir schon ganz lange, Herr Kollege!)
Als Beispiel greife ich zwei Punkte aus Ihrem Antrag auf: Sie wollen die Einführung einer verbindlichen Tierhaltungskennzeichnung. Das bedeutet aber zunächst eigentlich nur eine reine Kennzeichnung der Haltungsform, die den Status quo auf der Verpackung für den Verbraucher sichtbar macht. Durch diese verpflichtende Kennzeichnung wird das Problem zunächst einmal nur auf die europäische Ebene verlagert, und es ist keinerlei Anreizsystem zur Verbesserung des Tierwohls. Wenn Sie die Bauern mitnehmen wollen, wenn Sie in Deutschland bei der Verbesserung des Tierwohls schneller vorankommen wollen, dann brauchen die Bauern Perspektiven, Sie brauchen Anreize für die Betriebe. Deshalb rate ich dringend: Setzen Sie sich noch einmal mit den Inhalten der Empfehlung des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung, der sogenannten Borchert-Kommission, auseinander! Das beinhaltet sowohl Perspektiven bei der Kalkulationsgrundlage als auch eine gewisse Halbwertszeit für Regelungen, die eine gewisse Planungssicherheit beinhalten.
Zum Zweiten: Bei der Ackerbaukultur wollen Sie ein neues Programm „Zukunftsfähiger Ackerbau“ starten. Das ist so weit in Ordnung. Greifen Sie da aber bitte noch einmal die Ackerbaustrategie, die im vergangenen Sommer aufgelegt wurde, auf. Sie beinhaltet nicht nur zwölf Handlungsfelder, sondern auch ihre Problemstellungen und zeigt bereits notwendige Maßnahmen auf. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich bin – ich bin selber Landwirt – ein totaler Fan von weiten Fruchtfolgen. Aber für die Entwicklung einer größeren Kulturvielfalt fehlen teilweise einfach die Absatzmöglichkeiten, die Verwertungsmöglichkeiten. Wir brauchen noch mehr Forschung und Entwicklung. All diese Zielkonflikte sind in der Ackerbaustrategie bereits benannt. Aber sie müssen dann auch aufgelöst werden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht der Minister! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 16 Jahre nicht gemacht, Herr Kollege!)
Bei allem Wunsch nach Aufbruch sollte der Antrag bzw. Ihre Politik doch wenigstens eines berücksichtigen: Die grundsätzliche Aufgabe der Landwirtschaft ist die Versorgung der Bevölkerung mit wertvollen Lebensmitteln. Darüber hinaus gibt es die anderen Punkte wie Tierwohl, Klimaschutz, Biodiversität. Die rote Linie wird aber dann überschritten, wenn die Produktion ins Ausland verlagert wird und von dort dann Produkte mit höheren Pestizidbelastungen, mit dem größeren ökologischen Fußabdruck zu uns zurückkommen. Das darf nicht passieren! Dazu haben die Zukunftskommission Landwirtschaft und auch die Borchert-Kommission einen Plan erstellt. Machen Sie dies für die nächsten Jahre zu Ihrem Kompass in der Agrarpolitik!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt es 16 Jahre nicht gemacht!)
Der Kollegin Luiza Licina-Bode gebe ich jetzt das Wort für die SPD-Fraktion zu ihrer ersten Rede hier im Hohen Haus.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533450 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 14 |
Tagesordnungspunkt | Landwirtschafts- und Ernährungspolitik im Aufbruch |