27.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 14 / Zusatzpunkt 2

Gero Clemens HockerFDP - Landwirtschafts- und Ernährungspolitik im Aufbruch

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Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe gerne zu, dass ich einigermaßen erstaunt bin von der Breitbeinigkeit – wenn ich das so sagen darf –, mit der die Union gerade – nicht nur heute, sondern auch in den letzten Tagen und Wochen – in der Landwirtschaftspolitik auftritt. Ich will das gern noch mal dem einen oder anderen ins Gedächtnis rufen, weil das vielleicht vergessen worden ist.

(Zuruf des Abg. Albert Stegemann [CDU/CSU])

In den letzten 16 Jahren wurde die Spitze des Landwirtschaftsministeriums ohne Unterbrechung von Kolleginnen und Kollegen von CDU und CSU gestellt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und ich will Ihnen das ganz deutlich sagen: Während dieser Zeit wurde es quasi hingenommen, dass es immer mehr nationalstaatliche Alleingänge gibt, wodurch sich die Produktionsstandards in Deutschland und die im europäischen Binnenmarkt schlichtweg immer weiter auseinanderbewegt haben. Während dieser Zeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist dem Verbraucher vermittelt worden, es sei quasi legitim, immer höhere Standards zu fordern, während er gleichzeitig aber nicht bereit sein müsse, für diese Standards tatsächlich auch einen angemessenen Preis zu bezahlen.

Sie haben in den letzten Jahren die Fachlichkeit vermissen lassen, und auch die Fraktion ist da nicht ganz untätig gewesen. Sie haben Positionspapiere geschrieben, Sie haben Briefe geschrieben, haben Bauernmilliarden verabschiedet; aber für die Landwirtschaft in Deutschland haben Sie während der letzten 16 Jahre verdammt wenig bewegt. Deswegen ist das eine peinliche Farce, wenn Sie meinen, heute von Wertschätzung sprechen zu können.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der CDU/CSU-Fraktion?

Selbstverständlich gerne.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Och, hat der es gut!)

Herr Kollege Hocker, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. Ich habe nur eine ganz kurze Frage: Haben Sie inzwischen mitbekommen, dass auch Sie Mitglied der Bundesregierung sind und dass wir einen Regierungswechsel hatten?

Lieber Herr Kollege Stegemann, da Sie ja schon länger Mitglied dieses Hohen Hauses sind, hätte ich erwartet, dass Sie wissen, dass ich nicht Mitglied der Bundesregierung bin, sondern Parlamentarier und Mitglied meiner Fraktion.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!)

Natürlich trägt diese Fraktion die Bundesregierung; aber an den rein politischen Fachlichkeiten müssen Sie noch ein bisschen üben.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich will den Vergleich – weil ich eben von 16 Jahren gesprochen habe – nur noch mal ganz ausdrücklich machen: Diese Bundesregierung ist seit gerade mal zwei Monaten im Amt, und man hat sich dort bereits auf die Fahnen geschrieben, die größten Versäumnisse der letzten 16 Jahre anzugehen, und das ist richtig, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen den Verbraucher endlich in die Pflicht nehmen, seinen Worten auch Taten folgen zu lassen, damit er sich nicht immer nur aus der Verantwortung stehlen kann,

(Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])

er wüsste ja nicht, wie das Lebensmittel erzeugt ist und woher es stammt. Deswegen ist eine verbindliche Haltungs- und Herkunftskennzeichnung richtig. Das haben Sie 16 Jahre lang nicht vorangebracht, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Union.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wir wollen Ordnungsrecht nicht nur nationalstaatlich, sondern im europäischen Kontext verstehen und umsetzen, damit eben das Auseinanderdriften von Produktionsstandards nicht noch zusätzlich verschärft wird, damit der Landwirt in Deutschland tatsächlich wieder faire Wettbewerbsbedingungen vorfinden kann. Auch da haben Sie 16 Jahre lang einfach die Dinge laufen lassen, und das ist falsch, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen und wir werden in den nächsten 4 Jahren in dieser Koalition mehr erreichen als Sie in den letzten 16 Jahren.

(Hermann Färber [CDU/CSU]: Die Messlatte liegt hoch!)

Wir werden mit einer massiven Unterstützungskampagne beginnen, die den Verbraucher in die Pflicht nimmt, mit seiner Konsumentscheidung tatsächlich auch Verantwortung zu übernehmen.

Wir werden dafür streiten, dass es verlässliche Rahmenbedingungen gibt; denn es kann doch nicht sein, dass viel privates Kapital auch in der Landwirtschaft nur darauf wartet, investiert werden zu können, aber aus nur einem einfachen Grund zurückgehalten wird: weil der Landwirt nicht die Gewähr hat, dass er tatsächlich davon ausgehen kann, dass bestimmte Bedingungen auch mal über einen kritischen Zeitraum hinaus gültig sind und nicht wieder nach wenigen Monaten verschärft werden. Daran werden wir gemessen, und daran werden wir arbeiten.

Wir werden das Genehmigungsrecht und das Baurecht endlich entschlacken, weil es doch nicht sein kann, dass Landwirte investieren möchten, sie es aber nicht können, weil sie gar keine Genehmigung bekommen können. Das ist doch irrsinnig, und das ist das Ergebnis von Ihren 16 Jahren, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Hermann Färber [CDU/CSU]: Wir werden das alles sehen!)

Wir werden in deutlich kürzerer Zeit mehr für die Landwirtschaft erreichen als Sie in den vergangenen 16 Jahren, und zwar nicht, weil sich da irgendjemand beweisen will, sondern weil die Landwirtschaft nicht noch einmal 16 Jahre Zeit hat, auf die Politik zu warten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Landwirtschaft hat nicht 16 Jahre Zeit, sie hat nicht mehr 12 Jahre Zeit, sie hat nicht 10 oder 5 Jahre Zeit. Vielen Betrieben in Deutschland steht das Wasser bis zum Hals, und wir werden dafür sorgen, dass sie auch in Deutschland wieder eine Perspektive bekommen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

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Electoral Period 20
Session 14
Agenda Item Landwirtschafts- und Ernährungspolitik im Aufbruch
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