Stephan PilsingerCDU/CSU - COVID-19-Schutzmaßnahmen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich einmal vor: Das Bundesverkehrsministerium entscheidet kurzfristig auf dem Verordnungswege, dass Führerscheine ab sofort nur noch drei Jahre gültig sind, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.
(Zuruf des Abg. Enrico Komning [AfD])
Personen, die ihren Führerschein vorher erworben haben,
(Marianne Schieder [SPD]: Der hält uns echt für bescheuert!)
müssen dann einen Auffrischungskurs machen, um die Fahrerlaubnis erneut zu erhalten.
(Zuruf von der SPD)
Diese Entscheidung veröffentlicht das dem Bundesverkehrsministerium nachgeordnete Kraftfahrt-Bundesamt über Nacht als Aktualisierung
(Marianne Schieder [SPD]: Dieser Vergleich ist ein schlechter Vergleich!)
auf seiner Homepage, während das Bundesverkehrsministerium öffentlich schweigt. Millionen Autofahrer dürften am nächsten Tag nicht mehr ans Steuer.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja! – Marianne Schieder [SPD]: Ach Gott! Ach Gott!)
Absurde Geschichte? So ähnlich verhält es sich leider in der Realität bei der kürzlich verfügten Verkürzung des Genesenenstatus
(Dr. Götz Frömming [AfD]: So ist das!)
von bisher sechs auf nur noch drei Monate.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Über Nacht hat das dem Bundesgesundheitsministerium nachgeordnete Robert-Koch-Institut auf seiner Homepage bekannt gegeben, dass „das Datum der Abnahme des positiven Tests … höchstens 90 Tage zurückliegen“ darf, während „das Datum der Abnahme des positiven Tests … mindestens 28 Tage zurückliegen“ muss. Faktisch wurde der Genesenenstatus damit auf nur zwei Monate verkürzt. Millionen von Menschen in Deutschland, die vor mehr als drei Monaten infiziert gewesen waren, hatten von heute auf morgen das Problem, nicht mehr den 2-G-Regeln zu entsprechen und somit keinen Zutritt mehr zum Beispiel in den Einzelhandel oder in die Gastronomie zu haben.
Und der sonst nicht gerade medienscheue Bundesgesundheitsminister schweigt dazu. Keine Pressekonferenz, keine Infos, nicht mal eine Verlautbarung bei Markus Lanz!
(Marianne Schieder [SPD]: Der Gag ist auch schon alt!)
Meine Damen und Herren, das ist schlicht ein kommunikatives Desaster.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Bis heute bleibt uns Minister Lauterbach eine klare, stringente und wissenschaftsbasierte Erklärung schuldig, wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist. Das wäre allerdings seine Aufgabe als verantwortliches Regierungsmitglied und nicht die Aufgabe der Wissenschaftler vom RKI oder vom Paul-Ehrlich-Institut, die nun mal kein politisches Mandat haben, sondern dem Ministerium fachlich zuarbeiten.
Zwar liegen wissenschaftliche Erkenntnisse vor, wonach der Schutz von Genesenen nach 90 Tagen nachlässt;
(Marianne Schieder [SPD]: Aha! Sieh einer an!)
diese Frist erscheint mir aber sehr knapp bemessen, zumal einige Nachbarländer deutlich davon abweichen. So gilt etwa in Österreich weiterhin ein Genesenenstatus von sechs Monaten, in der Schweiz sogar von 365 Tagen. Das geht mir einfach so nicht ein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Jetzt haben sich die EU-Mitgliedstaaten darauf geeinigt, dass in der EU einheitlich gelten soll, dass Genesene eine sechsmonatige Reisefreiheit ohne Einschränkungen haben sollen. Deutschland meint, hier einen Sonderweg gehen zu müssen, stimmt der sechsmonatigen Reisefreiheit in Brüssel aber gleichzeitig zu. Das ist keine stringente Politik, Herr Minister.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Der Virologe Dr. Hendrik Streeck, auch im Expertenrat der Bundesregierung, sagte kürzlich sehr zutreffend:
… wir müssen wirklich aufpassen, dass die Entscheidungen auf fundiertem Wissen basieren und nicht willkürlich getroffen werden.
Recht hat er damit! Fundamental wichtig ist, dass unbequeme, aber notwendige Entscheidungen von den Verantwortungsträgern der Politik ordentlich erklärt werden. Das ist in diesem Fall überhaupt nicht geschehen. So geht das einfach nicht, Herr Minister.
(Marianne Schieder [SPD]: Ja, das ist bei Markus Söder auch so!)
Sehr geehrte Kollegen der AfD, wenn Sie jetzt meinen, deswegen stimmen wir als Union Ihrem Antrag zu,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Hätten wir jetzt erwartet!)
dann irren Sie sich gewaltig. Es wäre fahrlässig und verantwortungslos, die gesamte Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung aufzuheben, wie Sie es wollen.
(Enrico Komning [AfD]: Wie Dänemark es macht!)
Sie stellen diesen Antrag aber nicht nur, weil Sie in weiten Teilen Ihrer Fraktion die Coronapandemie leugnen oder verharmlosen,
(Enrico Komning [AfD]: Und Spanien!)
sondern auch ganz eigennützig, weil nämlich nicht wenige Ihrer ungeimpften,
(Enrico Komning [AfD]: Und Schweden!)
aber genesenen Fraktionsmitglieder nun ihren Status verloren haben. Das ist sehr durchsichtig und bestimmt kein Grund, die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel zu setzen. Insofern lehnen wir Ihren Antrag klar ab. Lassen auch Sie sich endlich impfen, seien Sie einmal ein Vorbild für die Bevölkerung,
(Enrico Komning [AfD]: Es sind viele von uns geimpft!)
und hören Sie auf, Angst und Unwahrheiten über wissenschaftlich fundierte Entscheidungen zu verbreiten!
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ich brauche keinen ärztlichen Ratschlag von der CDU!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Damit kommen wir zur letzten Rednerin in dieser Debatte, und das ist die Kollegin Tina Rudolph. Es ist ihre erste Rede im Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533468 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 14 |
Tagesordnungspunkt | COVID-19-Schutzmaßnahmen |