28.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 15 / Tagesordnungspunkt 11

Franziska KerstenSPD - Vermarktung regionaler Lebensmittel

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Weichenstellungen für die Landwirtschaft werden jetzt von uns vorgenommen. Wo wollen wir hin, und was ist Ziel Ihres Antrags?

Die Green-Deal- und die Farm-to-Fork-Strategie weisen uns auf europäischer Ebene praktisch den Weg in eine echte nachhaltige Landwirtschaft, die das Klima und Ressourcen schont, hochwertige Lebensmittel erzeugt und für gut bezahlte Arbeitsplätze sorgt. Dieses Ziel erreichen wir aber nur, wenn wir auf regionale Wertschöpfungsketten und auf geschlossene Nährstoffkreisläufe achten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Lassen Sie mich das kurz erläutern. Das große Problem beginnt bei der Vermarktung; denn die Landwirtschaft erzeugt immer vor Ort, in der Region. Beim Vermarkten wird es schwierig. Sie können davon ausgehen, dass die Vermarktung das Problem ist, weil die Landwirtschaftsbetriebe nicht frei in ihrer Preisgestaltung sind. Sie hängen auch nicht von örtlichen Marktbedingungen ab, sondern vom Weltmarkt,

(Maja Wallstein [SPD]: So ist es!)

und die Getreidepreise werden zu großen Teilen an der Börse in Chicago festgelegt. Wenn zur Erntezeit nicht über eigene Lagerräume verfügt wird, muss man billig verkaufen; das ist das Problem.

(Maja Wallstein [SPD]: Genau!)

Zu den gern gezogenen Vergleichen zur Wirtschaft muss ich sagen: Ein fundamentaler Unterschied ist die Abhängigkeit großer Teile der Landwirtschaft vom Weltmarkt. Um dies zu korrigieren, empfehlen Agrarökonomen – ich kenne wahrscheinlich andere als Sie –, vor allem auf regionale Wertschöpfung zu setzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Verarbeiten und veredeln im eigenen Betrieb oder im mittelständischen Unternehmen in der Region! Zudem entspricht das der Vorstellung der Gesellschaft. Wir wollen beim Einkauf mehr auf die Herkunft der Lebensmittel achten. Über 82 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher haben sich an einer regionalen Herkunft wirklich interessiert gezeigt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Maja Wallstein [SPD]: Aus gutem Grund!)

Regionale Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung sind primäre Ziele unserer Koalitionsvereinbarung. Wir setzen zunehmend auf ökologische Landwirtschaft und denken dabei auch an die heranwachsende Generation. Wir wollen daher gesundes Essen in den öffentlichen Gemeinschaftsverpflegungen gezielt fördern. Jedes Schul- und Kitakind soll eine gesunde Mahlzeit am Tag erhalten können, und dafür sollen am besten regional hergestellte Produkte genutzt werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn es uns gelingt, auf diesem Weg die regionalen Produzenten ins Boot zu holen, wird dies ein entscheidender Beitrag zum Aufbau regionaler Märkte für die einheimische Agrarwirtschaft sein.

(Maja Wallstein [SPD]: Ja!)

Und nun zu den geschlossenen Nährstoffkreisläufen. Um nachhaltig zu wirtschaften, wird im Ackerbau tierischer Dünger benötigt, der vor Ort durch entsprechende Tierhaltung erzeugt wird. Es dürfen allerdings nur so viele Tiere gehalten werden, dass der Boden die Stoffe in diesem Dünger auch aufnehmen kann. Sonst stehen wir vor dem Problem, wie in der Region Südoldenburg, dass die Nitratwerte nicht da sind, wo sie hingehören.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Die in manchen Regionen Deutschlands intensiv betriebene Veredelungswirtschaft mit Futtermittelimporten aus Südamerika, Umweltprobleme durch die gesteigerte Emission von Treibhausgasen und erhöhte Nitratgehalte, die ich gerade schon erwähnt habe, sind genau das Gegenteil von nachhaltiger Landwirtschaft und das Gegenteil einer gesellschaftlich akzeptierten Tierhaltung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Maja Wallstein [SPD]: Genau!)

Diese mit einer neuen Exportmarketingagentur zu fördern, ist geradezu aus der Zeit gefallen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Noch ein weiterer Punkt, der mich beim Studium Ihres Antrags sehr verwundert hat: Hauptgrund für die Auflösung der CMA war ja praktisch, dass eine quasistaatliche Stelle ausschließlich deutsche Agrarprodukte beworben hat. Sie haben gerade versucht, das, was Sie vorhaben, anders darzustellen. Auch der Europäische Gerichtshof hat es für unzulässig erklärt, und das Bundesverfassungsgericht hat die Zwangsbeiträge, die die landwirtschaftlichen Betriebe auch gegen ihren Willen leisten mussten, 2009 für verfassungswidrig erklärt. Wie Sie das Problem lösen wollen, kann Ihrem Antrag nicht entnommen werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Zuhören!)

Wir wollen eine zukunftsfähige nachhaltige Landwirtschaft in unserem Land. Noch ist der Zug nicht abgefahren. Hängen Sie sich dran! Springen Sie rauf! Wir wollen nicht auf dem falschen Gleis landen, wie das mit dem CDU-Antrag der Fall wäre.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als Nächstes erhält das Wort der Kollege Bernd Schattner für die AfD-Fraktion, und es ist seine erste Rede im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533525
Wahlperiode 20
Sitzung 15
Tagesordnungspunkt Vermarktung regionaler Lebensmittel
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