28.01.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 15 / Tagesordnungspunkt 13

Philipp AmthorCDU/CSU - Direktwahl des Bundespräsidenten

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind aus der vergangenen Wahlperiode gewohnt, dass im Wochentakt Vorschläge zur Änderung des Grundgesetzes aus der AfD-Fraktion kommen. Man könnte sagen, es sei reiner Zufall, dass wir irgendwann auch über Artikel 54 des Grundgesetzes reden, über die Bundesversammlung, und über die Direktwahl des Bundespräsidenten. Aber es ist natürlich kein Zufall, dass diese alte Diskussion heute, fast zwei Wochen vor der nächsten Bundesversammlung, aufgewärmt werden soll. Es ist doch völlig offensichtlich, worum es in dieser Debatte geht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin sicher: Die AfD will die Debatte über eine Direktwahl des Bundespräsidenten hier im Parlament nur instrumentalisieren, um die Bundesversammlung und unseren Bundespräsidenten zu delegitimieren und zu diskreditieren.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Lachen bei der AfD)

Ich sage Ihnen: Das ist kein kluger Debattenbeitrag. Das ist durchsichtig und populistisch. Und als CDU-Mitglied sage ich Ihnen: Es ist auch kein Zufall, dass Sie das in dieser Woche machen, in der Sie sich für die Luftnummer feiern lassen wollen, Max Otte als Kandidaten für das Bundespräsidentenamt nominiert zu haben,

(Hannes Gnauck [AfD]: Hat doch gewirkt bei Ihrer Partei!)

den wir völlig zu Recht aus der CDU ausschließen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zurufe von der AfD)

Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Ihren Vorschlag lehnen wir ab. Auch wenn es in der Sache Perlen vor die Säue sind, will ich Ihnen noch mal einige Argumente mit auf den Weg geben. Die Kollegin Kaiser hat ja schon einiges gesagt.

(Zuruf des Abg. Jürgen Pohl [AfD])

Die Idee der Direktwahl des Bundespräsidenten ist zugegebenermaßen nicht ganz neu. Sie wurde in der Wissenschaft und im Parlament schon häufiger diskutiert, zum Beispiel in den 70er-Jahren im Rahmen der Verfassungsreformkommission. Wenn man ein bisschen nachliest, stellt man spannenderweise fest, dass es in den 90er-Jahren sogar mal einen entsprechenden Antrag von Bündnis 90/Die Grünen gab; von dem hat die AfD ganz gut abgeschrieben.

Zwei inhaltliche Argumente sind damals genauso falsch wie heute. Zum einen: Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf, die Bundesversammlung leide unter einem Demokratiedefizit. Das Gegenteil ist richtig. Wenn man es nämlich bei Lichte betrachtet, ist es so, dass die Bundesversammlung durch die Zusammensetzung aus uns Bundestagsabgeordneten und den Vertretern der Länder sogar das Staatsorgan mit der breitesten Legitimation aller Staatsorgane ist.

(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Da kann man nicht von einem Demokratiedefizit reden.

Hinzu kommt – Kollegin Kaiser hat es erwähnt –: Natürlich wäre eine Direktwahl des Bundespräsidenten ein erheblicher Eingriff in das Kompetenzgefüge des Grundgesetzes. Es ist ja geradezu absurd, wie Sie argumentieren: Neue Befugnisse soll der Bundespräsident dann nicht bekommen. – Man kann doch nicht ernsthaft die Meinung vertreten: Wir haben ein einziges Staatsorgan, das direkt, unmittelbar gewählt wird, und das hat nichts zu sagen. – Das passt nicht zusammen, das ist absurd, und es widerspricht auch ganz klar der Verfassungswirklichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Letztlich – das ist das, was mich an Ihrer Initiative am meisten ärgert – ist es ja so: Sie wollen den Bundespräsidenten doch gar nicht als Integrationsfigur, sondern Sie wollen eigentlich – das wird auch der Debattenbeitrag von Herrn Brandner zeigen – spalterische Politik auf dem Rücken dieses Staatsamtes betreiben,

(Widerspruch bei Abgeordneten der AfD)

und das kann nicht richtig sein. Wir wollen keinen spalterischen, keinen überpolitisierten Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten, sondern wir wollen, dass der Bundespräsident ein integratives Staatsamt wahrnimmt, und wir sind davon überzeugt: Die Bundesversammlung ist dafür genau das richtige Gremium. Sie hat kein Demokratiedefizit. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf aus voller Überzeugung ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank. – Als nächster Redner erhält das Wort für Bündnis 90/Die Grünen Leon Eckert. Das ist seine erste Rede im Deutschen Bundestag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Ab-geordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533552
Wahlperiode 20
Sitzung 15
Tagesordnungspunkt Direktwahl des Bundespräsidenten
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