16.02.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 16 / Zusatzpunkt 1

Christian WirthAfD - Aktuelle Stunde - Zwei Jahre nach den rechtsterroristischen Morden von Hanau

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Herr Präsident! Werte Kollegen! In diesem Land darf es keinen Platz für irgendwelchen Extremismus geben – das sollte eigentlich Konsens in diesem Hause sein. Zwei Jahre sind seit der Bluttat von Hanau vergangen, der zehn Menschen zum Opfer fielen, bevor sich der Täter selbst richtete – ein Tag, der so gut wie jedem Bundesbürger noch in Erinnerung sein wird und an dem ganz Deutschland schockiert war und in Trauer mit den Hinterbliebenen der Opfer stand.

Das kranke Weltbild des Täters manifestierte sich in einigen Videos auf seinem Youtube-Kanal und vor allem in seinem Manifest, welches er auf seiner Internetseite veröffentlichte. Der offenkundig psychisch zutiefst gestörte Täter äußerte neben rassistischem Gedankengut abstruse Verschwörungstheorien. Er sei seit seiner Geburt von einem Geheimdienst beobachtet worden, der seine Gedanken lesen und andere Menschen fernsteuern könne. Dieser unterhalte auch unterirdische Militärbasen in den USA, in denen Kinder gequält würden und der Teufel angebetet würde. Er selbst plane, mittels einer Zeitschleife in die Vergangenheit zu fliegen, um die Erde zu zerstören, bevor sich Leben auf ihr entwickeln könne. – So viel, um nur einen kleinen Einblick in seine Wahnvorstellungen zu geben.

Es ist wahrlich absurd, aber nichts kann für die politische Konkurrenz, die diese Gedankenwelt mit der Alternative für Deutschland in Verbindung bringen will, absurd genug sein, um nicht aus dieser schrecklichen Tat politisches Kleingeld zu schlagen. Als Beispiel möchte ich den Kollegen Konstantin Kuhle zitieren, der ja auch gern mal den moralischen Zeigefinger erhebt,

(Konstantin Kuhle [FDP]: Was hatte ich behauptet?)

der wortwörtlich auf Twitter schrieb:

Das Pamphlet des Täters von Hanau liest sich wie eine Rede von Gottfried Curio (AfD) im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Pfui!)

Ohne Worte!

Die Frage, die sich uns heute stellt, ist: Hätte die Tat von Hanau verhindert werden können, und welche Lehren ziehen wir hieraus für die Zukunft? Bei genauer Betrachtung der Chronologie eröffnet sich eine ganze Reihe von Fällen erheblichen Behördenversagens. Bereits im Jahre 2002 erlangte man erst Kenntnis von der psychischen Störung, als der Täter beim Polizeipräsidium Oberfranken eine Anzeige mit der Begründung erstattete, man höre ihn durch die Steckdose seiner Wohnung ab. Der Amtsarzt stellte daraufhin eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit paranoiden Inhalten fest und empfahl die sofortige Einweisung in die Psychiatrie. Aus dem Krankenhaus wurde er am selben Abend ungeheilt entlassen.

2004 stellte er eine weitere paranoide Anzeige. Es folgten weitere Ermittlungen wegen diverser Delikte, beispielsweise wegen Angriffs auf einen Wachmann der Universität Bayreuth und wegen Drogenschmuggels. Trotz alledem erhielt er im Jahre 2013 eine Waffenbesitzkarte, die auch nach weiteren Ermittlungen wegen fahrlässiger Brandstiftung und erneuten Drogenschmuggels nicht entzogen wurde.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Unglaublich!)

Selbst oberste Behörden erlangten Kenntnis über den Geisteszustand des Täters erst, als er kurz vor seiner Tat im November 2019 eine Strafanzeige bei der Generalbundesanwaltschaft gegen eine unbekannte geheimdienstliche Organisation stellte, deren Inhalt größtenteils identisch mit dem zuvor von mir erwähnten abstrusen Manifest ist. Dass dieser Fall vermutlich eher mit einer psychiatrischen Behandlung hätte verhindert werden können als mit Extremismusprävention, soll natürlich nicht bedeuten, dass Extremismusprävention nicht dringend angezeigt wäre.

Aus der Statistik des Bundeskriminalamtes zur politisch motivierten Kriminalität lassen sich besorgniserregende Zahlen entnehmen, die uns alle angehen sollten. Stellvertretend möchte ich aus dem Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität“ Zahlen zu Körperverletzungs- und Tötungsdelikten des Jahres 2020 nennen: 1 092 Delikte von rechts und 1 526 von links.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Und jetzt?)

Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen wir einen Anstieg um 10,75 Prozent bei rechten Gewalttaten und satten 45,06 Prozent bei linken Gewalttaten. Dass unsere neue Innenministerin Faeser im Magazin „antifa“ der linksextremistischen VVN-BdA einen Artikel veröffentlicht hat, lässt nichts Gutes hoffen, was die Bekämpfung des linken Extremismus angeht.

(Beifall bei der AfD)

Ebenfalls zu nennen ist das besorgniserregende Personenpotenzial im Bereich Islamismus/islamischer Terrorismus aus dem Verfassungsschutzbericht 2020.

(Zuruf von der FDP: Das ist unwürdig, was Sie hier machen! Absolut unwürdig!)

Die relevanten Sicherheitskreise des Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrums illegale Migration, kurz: GASIM, befürchten jetzt einen rasanten Anstieg von Gefährderzahlen aufgrund der Einwanderungspolitik der Ampelkoalition, namentlich der Ministerien Faeser und Baerbock. Auch hierüber wird noch zu reden sein.

Zum Schluss bleibt uns allen, zu hoffen, dass es uns künftig gelingen wird, solche schrecklichen Taten wie die von Hanau zu verhindern. In Gedanken sind wir bei den Opfern und den Hinterbliebenen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Wirth.

(Timon Gremmels [SPD]: Warum hat die AfD den hessischen Untersuchungsausschuss nicht mitgetragen?)

Als nächster Redner erhält für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär Benjamin Strasser das Wort.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533636
Wahlperiode 20
Sitzung 16
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Zwei Jahre nach den rechtsterroristischen Morden von Hanau
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