16.02.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 16 / Zusatzpunkt 1

Uli GrötschSPD - Aktuelle Stunde - Zwei Jahre nach den rechtsterroristischen Morden von Hanau

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Angehörige der Opfer des rechtsterroristischen Anschlages von Hanau, ich werde die Namen Ihrer Verstorbenen nicht vergessen, und ich glaube, dass in dieser Debatte deutlich geworden ist, dass wir alle, die Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus, die Namen der Opfer des Anschlages nicht vergessen werden – Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoğlu –, genauso wie wir die Namen der NSU-Mordopfer nicht vergessen werden, keinen Einzigen. Sie sind uns allen Mahnung und Auftrag. Denn sie sind die Opfer der größten Gefahr in unserem Land geworden. Sie sind allesamt Opfer des Rechtsterrorismus geworden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Und wir werden auch nie vergessen, wie rassistisch und einseitig die Polizeiermittlungen bei den NSU-Morden waren – „Dönermorde“, Angehörige als Beschuldigte usw. Auch die Angehörigen der Mordopfer von Hanau mussten sich anhören, dass an der Tat des Wahnsinnigen Merkels Flüchtlingspolitik schuld sei. Und sie mussten zum Beispiel vom damaligen AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen und seinen Parteikollegen hören, dass es sich eben nicht um rechten Terror, sondern um die Tat eines Irren handle. Das haben wir in dieser Debatte heute in gleicher Weise noch mal gehört, Einzeltätertheorie also.

(Beifall der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])

Ich dachte, nach all den Untersuchungsausschüssen bundesweit und in den Länderparlamenten wäre ein für alle Mal klar, dass wir rechtsterroristische Strukturen und Netzwerke in unserem Land haben – mit fast 14 000 gewaltbereiten und bewaffneten Neonazis und 76 rechten Gefährdern, von denen jeder Einzelne eine tickende Zeitbombe ist. Wer aber von dieser konkreten Gefahr nicht sprechen möchte, der kann sie auf der anderen Seite natürlich auch nicht bekämpfen.

Ja, das stimmt, Herr Heck: Es ist die erste Pflicht des Staates, sich um die Opfer derartiger Anschläge zu kümmern. Deshalb ist es ja so beschämend, dass die Angehörigen nach dem Anschlag von Hanau nicht sofort die Unterstützung und Behandlung vor allem aus einer Hand erfahren haben, die angemessen gewesen wäre.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Das lag nicht zuletzt in Ihrer Zuständigkeit, in der Zuständigkeit der Regierung, der Sie am Tattag angehört haben. Das tut mir persönlich und uns allen sehr leid, und ich bin froh, dass die heutige Bundesinnenministerin damals so schnell und so nah bei den Angehörigen der Opfer war.

Nichts, was wir als Staat tun können, liebe Kolleginnen und Kollegen, bringt den Angehörigen die Verstorbenen zurück oder lindert gar ihr Leid. Aber vielleicht – ich danke allen, die heute Appelle und Zitate der Angehörigen der Opfer vorgetragen haben – finden sie Trost in dem Wissen, dass wir Demokratinnen und Demokraten hier im Deutschen Bundestag und in vielen anderen Parlamenten dieses Landes alles tun werden, damit sich derart monströse Taten wie die von Hanau nicht wiederholen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Ich darf sagen: Wir haben die Sicherheitsbehörden, Herr Heck, schon so aufgestellt, dass sie auf derartige Täterphänomene reagieren können. Wir haben ihnen schon die Instrumente an die Hand gegeben. Die Sicherheitsbehörden haben schon ihre Strukturen diesem Tätertypus angepasst. Und mit Verlaub: Dass gerade Sie das heute sagen, verwundert mich etwas. Ich sehe Ihr Bundesland Hessen und Ihre Hessische Landesregierung gerade nicht als den Vorkämpfer und die Speerspitze im Kampf gegen Rechtsterrorismus. Die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses und andere in Ihrem Landtag wissen, wovon ich spreche, und alle diejenigen, die sich mit dem Thema befasst haben, ebenso.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir haben uns in der Koalition darauf geeinigt und es im Koalitionsvertrag so festgehalten, dass wir die Maßnahmen gegen Hass im Netz verschärfen werden, mit mehr Prävention, aber auch mit einem schärferen Schwert des Rechtsstaates. Es sind eben nicht nur Worte, liebe Kolleginnen und Kollegen. Unser Koalitionsvertrag, das, was wir tun, ist konkrete Arbeit im Kampf gegen Rechtsterrorismus.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Zu lange hat dieser Staat rechten Terror nicht wahrgenommen, im schlimmsten Fall sogar ignoriert. Aber ich versichere Ihnen – damit komme ich zum Schluss –, dass für mich und meine Partei und für alle Demokratinnen und Demokraten in diesem Land und in unserer Koalition und für die Bundesinnenministerin der Kampf gegen rechts oberste Priorität hat, weil der Rechtsterrorismus die größte Gefahr in diesem Land war und bleibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533646
Wahlperiode 20
Sitzung 16
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Zwei Jahre nach den rechtsterroristischen Morden von Hanau
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