Marcus FaberFDP - Haltung des Westens zur Politik Russlands
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wladimir Putin hat seine modernsten Raketensysteme und Kampfflugzeuge nach Belarus verlegt. Die beiden Staaten führen dort derzeit das größte gemeinsame Manöver seit dem Zerfall der Sowjetunion durch. Knapp 150 000 russische Soldaten wurden an der ukrainischen Grenze konzentriert. Panzerlandungsboote warten im Schwarzen Meer auf ihren Auftrag. 140 Kriegsschiffe der Russischen Föderation werden jetzt ihre Übungen im östlichen Mittelmeer, in der Nordsee und in anderen Regionen antreten.
Das alles ist viel, aber nicht deeskalierend. Die Situation ist sehr ernst, und so müssen wir sie auch behandeln. Ich habe die Hoffnung, dass wir hier zu einer geschlossenen Position kommen können, wenn wir uns auf zwei Prämissen einigen. Die erste ist: Frieden ist besser als Krieg. Die zweite ist: Demokratie ist besser als Diktatur. Wenn wir uns darauf einigen können, habe ich die Hoffnung, dass wir uns auch darüber einig sind, dass wir nicht neutral sein können, wenn eine Diktatur ihrer benachbarten Demokratie mit Krieg droht. Wir haben eine moralische Verpflichtung für den Frieden in Europa, für Stabilität in Europa, und wir haben auch eine moralische Verpflichtung, Demokratien in unserer Region zu unterstützen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Lage ist leider ernst. Das ist nicht neu. Wir haben 2008 erlebt, wie das Regime Putin in Georgien einmarschiert ist. Wir haben 2014 erlebt, wie das Regime Putin die Krim besetzt und einen dauerhaften Konflikt in der Ostukraine provoziert hat. Da ist es natürlich klar, dass wir den Aggressor auch jetzt ernst nehmen müssen, dass die Ukrainer das tun, dass auch die baltischen Staaten, unsere Bündnispartner, das tun. Wir haben als größte Volkswirtschaft im Zentrum Europas die Verantwortung, das auch zu tun und unseren Beitrag zu leisten für Frieden und Stabilität in Europa. Wir haben dazu drei Möglichkeiten. Wir haben drei Mittel, die wir einsetzen müssen:
Erstens. Wir müssen diplomatische Mittel nutzen, um zu deeskalieren. Deswegen bin ich dem Bundeskanzler und der Bundesaußenministerin sehr dankbar, dass sie diese Mission in den letzten Tagen umgesetzt und ernst genommen haben. Ich denke, da können wir den beiden als gesamtes Haus dankbar sein.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zweitens. Wir müssen die wirtschaftliche Dimension nutzen. Wir haben auf der einen Seite die Möglichkeit, die Ukraine zu unterstützen. Wer investiert denn in einem Land, das permanent von Krieg bedroht wird? Es ist ja gerade das Kalkül von Putin, hier wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand zu verhindern. Diese Dimension müssen wir nutzen. Wir müssen aber auch gegenüber Russland die Sanktionen klar benennen, damit wir sie nicht anwenden müssen, weil es nicht zu einer Invasion kommt.
Ein drittes Mittel kommt hinzu – mein Vorredner hat es schon erwähnt –: Alle Optionen müssen auf dem Tisch liegen. Das heißt auch, wer den Frieden in Europa bricht, indem er einen Krieg vom Zaun bricht, der zerstört die Grundlage für die Friedensordnung, der zerstört die Grundlage für die NATO-Russland-Grundakte.
Das ist die ernste Situation, in der wir sind. Deswegen finde ich es gut, dass die Unionsfraktion heute diesen TOP aufgesetzt hat. Ich bin allerdings nicht ganz so glücklich über die Anträge, die ich hier von der Opposition sehe. Von der Linkspartei bekommen wir viel Folklore und Russland-Verständnis; das ist nicht ganz neu. Die Allianz mit der AfD ist neu, und das ist eine interessante Beobachtung. Dass Sie kleineren Ländern die Souveränität absprechen, ist zwar auch nicht neu, aber das finde ich wirklich einfach verantwortungslos.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Was mich allerdings wirklich überrascht hat, ist der Unionsantrag. Die Überschrift ist toll: „Geschlossenheit des Westens“; da sind wir alle beieinander. Aber Ihr mehrseitiger Forderungskatalog ist im Wesentlichen eine Auflistung der Versäumnisse, die Sie acht Jahre lang in der Regierungsverantwortung aufgetürmt haben – acht Jahre lang, seit der Invasion auf der Krim. Deswegen lege ich Ihnen nahe, sich zuerst mit Ihrem eigenen Forderungskatalog zu beschäftigen, uns dann Ihr Ergebnis mitzuteilen und danach vielleicht diese Regierung, die noch keine 100 Tage im Amt ist, zu kritisieren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt hat Johannes Huber das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533692 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Haltung des Westens zur Politik Russlands |