17.02.2022 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 17 / Tagesordnungspunkt 8

Yvonne MagwasCDU/CSU - Vereinbarte Debatte - Internationaler Frauentag

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 4 458 – das ist meine Schreckenszahl der Woche. 4 458: zu viele Fälle von Angriffen, Beleidigungen und Bedrohungen gegen Politiker und eben Politikerinnen. Diese Zahl hat das Bundeskriminalamt 2021 gezählt.

Die Gewalt gegen Frauen ist ein großes und ein wachsendes Problem in der analogen und insbesondere auch in der digitalen Welt. Vor allem politisch argumentierende, politisch aktive Frauen sind Ziel von Herabwürdigungen, Bedrohungen bis hin zu Mordaufrufen. Frauen erleben zudem diese Angriffe stärker als Männer in sexualisierter Form.

Laut einer aktuellen Studie der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft gemeinsam mit Allensbach haben 77 Prozent der Politikerinnen auf Landesebene und 98 Prozent der Politikerinnen auf Bundesebene diese Erfahrung vor allem in Bezug auf die sozialen Netzwerke bereits gemacht. Wahrscheinlich können wir alle hier ein trauriges Lied davon singen. Dass den Ankündigungen in der virtuellen Welt leider auch immer häufiger Untaten im wirklichen Leben folgen, zeigen die Zahlen des Bundeskriminalamtes. Die Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger haben sich in den vergangenen vier Jahren fast verdreifacht. Grund dafür ist auch die durch Corona bedingte Radikalisierung in den sozialen Netzwerken, zum Beispiel auf Telegram.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sehe die große Gefahr, dass sich Frauen aus dem Netz zurückziehen oder ihre politischen Ambitionen fallen lassen. Gerade auf kommunaler Ebene, wo wir nur 9,5 Prozent Landrätinnen und 10 Prozent Bürgermeisterinnen in Deutschland haben, ist das ein fatales Signal. Ich sehe dadurch ein großes gesellschaftliches Problem auf uns zukommen; denn es ist auch ein Schlag gegen die Demokratie. Die Demokratie steht damit auch auf dem Spiel. Dagegen müssen wir aus meiner Sicht etwas tun, und zwar mehr als bisher. Wir brauchen wirklich die aktive Bündelung aller Kräfte aus Gesellschaft, aus Politik, aus Justiz und von den Plattformbetreibern.

Es ist gut, dass die Innenminister von Bund und Ländern im vorigen Jahr zwei wichtige Beschlüsse gefasst haben, zum einen eine frauenspezifischere Kriminalstatistik auf den Weg zu bringen und zum anderen aber auch konsequenter gegen Straftaten zum Nachteil von Amts- und Mandatsträgern vorzugehen. Das ist wichtig. Denn es braucht neben klarer Haltung auch ein konsequentes Vorgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz und mit dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität hat die Union in den letzten zwei Legislaturperioden wichtige Instrumente zur Bekämpfung von Hetze und zur Strafbarkeit von Taten im Netz beschlossen. Deutschland hat damit eine Vorreiterrolle in Europa eingenommen. Mit neuen hassverbreitenden Plattformen wie Telegram oder schlimmeren Exzessen müssen die Gesetze gegebenenfalls nachgeschärft werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampel: Hier dürfen wir eben nicht rückwärtsgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Gabriele Katzmarek [SPD]: Machen wir ja auch nicht!)

Da reichen keine schönen Reden und Bekenntnisse zur wehrhaften Demokratie, die ich immer lese. Nein, da brauchen wir konkrete und wirkungsvolle Instrumente. Ein Recht auf völlige Anonymität im Internet und auch die Ankündigung von Bundesjustizminister Buschmann, die Vorratsdatenspeicherung abzuschaffen, ohne Lösungsvorschläge zu bringen, stehen im krassen Widerspruch zu den Erfordernissen der Kriminalitätsbekämpfung im digitalen Raum.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Strafverfolgungsbehörden benötigen eben gerade ein Mehr und nicht ein Weniger an Ermittlungsbefugnissen und natürlich auch mehr Personal in dieser Frage. Zu oft wird der Datenschutz ins Feld geführt, um den Behörden größeren Handlungsspielraum zu verwehren. Opferschutz, meine Damen und Herren, muss im Vordergrund stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Plattformen müssen nach wie vor stärker ihrer Verantwortung für das gerecht werden, was auf ihren Seiten gepostet wird. In Anbetracht der rasant steigenden Zahlen des BKA bin ich auch dafür, dass wir uns noch mal ernsthaft über das Thema „Klarnamenpflicht im Internet“ verständigen, dazu vielleicht auch noch mal diskutieren. Die Anonymität senkt immer die Hemmschwelle, auch Hasskommentare abzuschicken. Lassen Sie uns diesen Weg beschreiten!

Abschließend, meine Damen und Herren, ein Zitat von Rita Süssmuth: „Feministin zu sein, ist das Mindeste, was eine Frau tun kann.“ Von mir auch einen herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle an Rita Süssmuth; wir haben ihr viel zu verdanken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Magwas. Alles Gute! – Nächste Rednerin ist die Kollegin Sarah Lahrkamp, SPD-Fraktion, mit ihrer ersten Parlamentsrede.

(Beifall bei der SPD)

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Electoral Period 20
Session 17
Agenda Item Vereinbarte Debatte - Internationaler Frauentag
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