17.02.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 17 / Tagesordnungspunkt 16

Nezahat BaradariSPD - Einrichtungsbezogene Impfpflicht, Fachkräftemangel

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Seit zwei Jahren leben wir in Deutschland, ja lebt die gesamte Weltgemeinschaft in einer Ausnahmesituation. Aus medizinischer Indikation mussten wir teils große Einschränkungen hinnehmen. Seit März 2020 befürchten wir, uns mit dem neuartigen Coronavirus anzustecken und möglicherweise auch daran zu erkranken. Wir können froh sein, dass wir seit einem Jahr mit den vorhandenen Impfstoffen eine evidenzbasierte Sicherheit gegen schwere Covid-19-Erkrankungen haben.

(Beifall bei der SPD)

– Ja, da darf ruhig geklatscht werden.

Bei dem vorliegenden Antrag der AfD geht es darum, dass der § 20a des Infektionsschutzgesetzes gestrichen werden soll,

(Beifall bei der AfD)

mit der Begründung, die Coronapandemie habe mit der Omikron-Welle ihren Scheitelpunkt erreicht, und eine einrichtungsbezogene Impfpflicht sei somit hinfällig. Sie würde sogar zu weiterer Personalflucht führen, so die Behauptung der AfD.

In Deutschland arbeiten 1,7 Millionen Fachkräfte in der Pflege. Die Impfquote bei diesen Beschäftigten liegt erfreulicherweise bei 81 Prozent und bei den Bewohnern der Einrichtungen bei 91 Prozent, ist also besser als im bundesdeutschen Durchschnitt. Die Impfquoten im pflegerischen und medizinischen Bereich sind gut, aber sie reichen bei Weitem nicht aus, um Virusausbrüche bei den sogenannten vulnerablen Gruppen sicher zu verhindern. Die Konsequenz ist der Ausfall von Personal durch Krankheit, Isolation oder bestenfalls Quarantäne.

Es gibt ohnehin schon einen Pflegenotstand, bedingt durch ungünstige Arbeitsbedingungen, schlechten Pflegeschlüssel, Unterbezahlung und Fachkräftemangel. Laut dem Antrag würde ein Wegfall der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu einer weiteren Zunahme des Pflegenotstandes führen. Als Ärztin, die auch im Bereich der Pflege gearbeitet hat, sage ich Ihnen eins: Die Beschäftigten in der Pflege und in der Medizin sehen in ihrer Tätigkeit nicht nur einen Beruf, sondern eine Berufung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Sie kümmern sich aufopferungsvoll um die ihnen anvertrauten Menschen und tun alles, ja, sie tun alles für deren Schutz.

(Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE] meldet sich zu Wort)

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke?

Nein. – Ich möchte mich an dieser Stelle stellvertretend zumindest für meine Fraktion und alle anderen demokratischen Fraktionen – auch von Herrn Söder; das meine ich ironisch –, bei allen Beschäftigten in der Pflege, in der Medizin, in den Einrichtungen der Behindertenhilfe und auch bei allen Beschäftigten der kritischen Infrastruktur ganz herzlich für ihr Engagement bedanken; denn sie haben seit Beginn der Pandemie Großartiges für die Menschen geleistet, und daher verdienen sie unseren größten Respekt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Das reicht halt nicht! – René Springer [AfD]: Heuchelei ist das!)

Seit Jahrzehnten muss medizinisches Personal für die Ausübung entsprechender Tätigkeiten gegen bestimmte Krankheiten wie Hepatitis B oder Masern geimpft sein. Das ist doch grundsätzlich nichts Neues. Übrigens hatten unsere europäischen Nachbarn sogar 2021 schon längst eine Impfpflicht im Gesundheitswesen eingeführt, zum Beispiel Frankreich, Griechenland oder Italien.

Als impfende Ärztin kann ich nur jedem raten, sich bis ins letzte Detail über die Coronaimpfung beraten zu lassen und sich impfen zu lassen – zum Eigenschutz, zum Schutz der ihnen anvertrauten Personen und gegenüber ihren Berufskolleginnen und ‑kollegen.

Von der AfD werden hier alternative Fakten und parallele Welten geschaffen, um Misstrauen und Angst zu erzeugen; denn das ist der Brandbeschleuniger in dem ohnehin vorhandenen Pflegenotstand.

(René Springer [AfD]: Erzählen Sie nicht so einen Unsinn!)

Der Eilbeschluss des Bundesverfassungsgerichts – hören Sie gut zu! – hat doch gezeigt, dass gegen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht – Zitat – „keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken“ bestünden. Und wir werden Ihnen auch eines zeigen, nämlich wie man so einen Antrag von Ihnen vollumfänglich ablehnt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank. – Und als letzte Rednerin in dieser Debatte erhält das Wort Emmi Zeulner für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533817
Wahlperiode 20
Sitzung 17
Tagesordnungspunkt Einrichtungsbezogene Impfpflicht, Fachkräftemangel
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