Enak FerlemannCDU/CSU - Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten
Geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute einen Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Wiederherstellung des Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten. Man kann sagen: Dieser Gesetzentwurf ist an Sozialromantik gar nicht zu überbieten.
(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)
Was ist denn das Kernproblem? Das Kernproblem ist, dass wir es in den Städten mit steigenden Mieten zu tun haben, mit zu wenig Wohnraum, mit starkem Zuzug, mit anderen Lebensformen, die gewünscht werden. Darauf muss der Wohnungsmarkt eine Antwort geben. Die Antwort der Linken ist: Es muss eigentlich alles so bleiben, wie es ist. Es soll keine Veränderung geben. Deswegen greift man am besten in das Eigentumsrecht ein und verbietet jegliche Veränderung.
Wenn dann ein Eigentümer veräußern und aus wirtschaftlichen Gründen sein Eigentum weitergeben will oder aus bestimmten Interessen, um vielleicht sein Kapital anders anzulegen, dann soll das verboten werden,
(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Ist doch Quatsch! Sie haben gar nicht gelesen, was da drinsteht!)
dann sollen die Kommunen die Möglichkeit haben, einzugreifen. Sie selber wissen, dass es zum Teil monatelange, wenn nicht sogar jahrelange Verhandlungen nach sich ziehen kann, ob eine Kommune das Vorkaufsrecht zieht oder nicht. Es kommt dann zu Vereinbarungen, ob man das macht oder nicht oder wie man es macht. Das alles verzögert das Bauen, verteuert das Bauen und wird dem Problem überhaupt nicht gerecht.
(Zurufe von der LINKEN)
Weil man dieses Instrument in einigen großen Städten ausufernd genutzt hat, kam es eben zu einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Ich kann nur sagen: Die Richter haben sehr weise entschieden. Die Richter haben nämlich gesagt: Man kann nicht ein Vorkaufsrecht ausüben mit der Begründung, ein zukünftiger Eigentümer könne aus Sicht der Kommune etwas Falsches mit ebendiesem Grundstück machen, um es einmal vereinfacht auszudrücken. Genau das ist der Punkt. In einer Marktwirtschaft, auch und gerade in einer sozialen Marktwirtschaft, brauchen Sie den Schutz des Eigentums. Das ist ein ganz hohes Gut, ohne das die Marktwirtschaft nicht funktioniert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nun wird es manche bei den Linken geben, die vielleicht sagen: Wir wollen die Marktwirtschaft eigentlich so auch gar nicht. – Aber wir als Christdemokraten wollen die Marktwirtschaft. Sie hat dieses Land reich gemacht und nach vorne gebracht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Insofern gilt es, das Eigentumsrecht zu schützen.
Der Kernpunkt hier ist eben: Wie kann man jetzt beides zusammenbringen? Also auf der einen Seite das Eigentumsrecht zu schützen und eine geordnete Entwicklung der Städte voranzutreiben und auf der anderen Seite natürlich den Schutz der Mieterinnen und Mieter, die Bedürfnisse der Wohnbevölkerung, derjenigen, die lange in einem Viertel leben, auch zu berücksichtigen. Das kann man hinbekommen. Wir haben eine ganze Fülle von baurechtlichen Instrumenten wie die Bauleitplanung oder das Erlassen von Satzungen, etwa die Gestaltungssatzung. Von der Milieuschutzsatzung halte ich allerdings nicht allzu viel; denn sie zementiert einen Zustand, der heute vielleicht noch gewünscht ist, der aber in 10, 20 und erst recht in 30 Jahren völlig überholt sein kann. Warum soll die Mieterin im dritten Stock, die ältere Dame, nicht davon profitieren, dass ein Fahrstuhl eingebaut wird?
(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist einfach sinnhaft. Wir werden bei einer älter werdenden Bevölkerung noch erleben, dass wir darüber viel mehr diskutieren werden, als wir das heute tun.
Es gibt viele andere Dinge. So wollen Sie die Gebäude im Hinblick auf den Klimaschutz verändern.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage von der Linken?
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da freut der sich schon drüber!)
Ja, gerne.
Frau Präsidentin! Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage ermöglichen. – Ich gebe zu, Herr Ferlemann, dass ich Sie bislang nicht kannte. Deswegen habe ich gerade gegoogelt und habe dann bei Wikipedia gefunden, dass Sie geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Mingramm Immobilien, Handel, Unternehmensberatung GmbH sind. Dann habe ich mich ganz kurz gefragt, ob Ihre Haltung, die Sie hier gerade vortragen und die sich übrigens eklatant unterscheidet von der Haltung Ihrer CSU-Kolleginnen und -Kollegen in München, die dort in Verantwortung sind und die das Vorkaufsrecht gerne wieder zurückhätten,
(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
eventuell mit Ihren eigenen Interessen begründet sein könnte und ob da vielleicht sogar ein gewisser Interessenkonflikt vorliegen könnte,
(Zuruf des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])
der dazu führt, nicht im Interesse der Mieterinnen und Mieter handeln zu können.
(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Schönen Dank für Ihre freundliche Frage. – Es wundert mich ein bisschen, dass Sie mich gar nicht kennen. Dann können Sie mit Verkehrsprojekten in den letzten Jahrzehnten ja nicht viel zu tun gehabt haben, sonst würden Sie das wahrscheinlich wissen. Aber sei es drum.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben eine neue Aufgabenzusammenstellung. Insofern werden Sie in den nächsten Jahren mit mir im Ausschuss vorliebnehmen müssen und mich des Öfteren in Debatten auch erleben. Und ich kann Ihnen sagen: Ein Interessenkonflikt liegt nicht vor; denn die Gesellschaft ist stillgelegt. Das musste ich machen, weil ich als Parlamentarischer Staatssekretär gar keine Geschäfte tätigen durfte. Und das ist bis zum heutigen Tage so. Insofern gibt es keinen Interessenkonflikt.
Und zum anderen: Wir sind eine breite Volkspartei. Da gibt es natürlich unterschiedliche Auffassungen. Ich bin Christdemokrat, und in meiner Partei ist das unumstritten, was ich sage. Wenn es andere Meinungen gibt, muss man das aushalten können. Die grundsätzliche Entscheidung bei den Christdemokraten ist immer für das Eigentum. Das war nie anders und ist auch bei Christsozialen so. Sie brauchen keine Sorgen haben und das auch gar nicht infrage stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zum Kern zurück. Wenn man das regeln will, muss man einen Gesetzentwurf für dieses schwierige Thema machen, der sich am Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes orientiert, das, wie ich finde, ein gutes Recht gesetzt hat. Es ist eine schwierige Aufgabe, eine solche Abwägung vorzunehmen. Und es wird eine schwierige Aufgabe der Regierungskoalition sein, angesichts der unterschiedlichen Konstellationen diese Abwägung hinzubekommen. Deswegen sind wir sehr gespannt auf den Gesetzentwurf der Regierung zu diesem Thema, zu dem wir dann in geeigneter Weise – auch im Ausschuss – Stellung nehmen werden.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als Nächste erhält das Wort für Bündnis 90/Die Grünen die Abgeordnete Canan Bayram.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533824 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten |