Jörg NürnbergerSPD - Vereinbarte Debatte - Arbeitsprogramm 2022 der Europäischen Kommission
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich nach diesem Rundumschlag meines Kollegen wieder auf das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für dieses Jahr konzentrieren
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
und mich dabei auf zwei Themen beschränken, und zwar die Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie die Zusammenarbeit in den Grenzregionen.
Meine Auswahl ist darin begründet, dass ich selbst seit mehr als 25 Jahren in drei EU-Staaten als Anwalt tätig bin und in zwei Ländern lebe. Damit erlebe ich sozusagen hautnah, live und in Farbe mit, welche Erwartungen die Menschen in Deutschland, aber auch in Tschechien oder Österreich an die Politik der EU haben.
Innerhalb der EU wird immer häufiger die Frage gestellt, was der Beitrag der Europäischen Union zur Stärkung ihrer äußeren Sicherheit sein kann. Es ist deshalb zu begrüßen, dass zeitnah mit dem sogenannten Strategischen Kompass eine neue Grundlage für die sicherheitspolitische Zusammenarbeit geschaffen wird.
(Johannes Schraps [SPD]: Sehr richtig!)
Es geht dabei um ein vielfältiges Instrumentarium, zivil und militärisch.
Ich konnte mich bei einem Besuch des Multinationalen Kommandos der EU in Ulm davon überzeugen, dass hier Soldatinnen und Soldaten sowie zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Teilen der EU ganz hervorragend zusammenarbeiten, um internationale Einsätze der EU vorzubereiten.
Die Umsetzung dieser Strategie wird zu mehr Sicherheit in Europa führen und gibt den Menschen insbesondere in unseren östlichen Nachbarstaaten die Bestätigung, dass sich zusätzlich zur NATO auch die EU um ihre berechtigten – und unsere gemeinsamen – Sicherheitsinteressen kümmern wird.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Es liegt in unserem eigenen Interesse, und wir sind es auch den Menschen schuldig – die Frau Staatsministerin hat es zu Beginn erwähnt –, die sich vor 30 Jahren für unseren gemeinsamen freiheitlichen Weg entschieden haben.
Eine Voraussetzung für eine konsequente und gemeinschaftliche Sicherheitspolitik nach außen ist auch die Stärkung des inneren Zusammenhalts in der Europäischen Union. Und wo könnte man das besser sehen als in den Grenzregionen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten?
Genau so eine Region darf ich hier als Abgeordneter vertreten. Mein Wahlkreis liegt in der Euregio Egrensis, die Teile Sachsens, Thüringens, Bayerns und Westböhmens miteinander verbindet. Hier wird seit 30 Jahren ein wertvoller Beitrag zur ganz praktischen Zusammenarbeit in Europa geleistet. Grenzüberschreitender Rettungsdienst, gemeinsame Landesplanung, ein Gastschuljahr und vieles mehr sind Beispiele dafür.
Die coronabedingten Grenzschließungen haben den gegenseitigen Beziehungen schwere Schrammen zugefügt. Es freut mich daher, wenn jetzt die Stärkung der Zusammenarbeit – die Verbesserung der Kohäsion – sowohl aufseiten der EU wie auch im Programm der französischen Ratspräsidentschaft und ebenfalls im Koalitionsvertrag einen wichtigen Raum einnimmt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Menschen in den Grenzregionen stehen in ihrer ganz überwiegenden Mehrheit zu einer Vertiefung und zum Ausbau der Beziehungen.
Am Ende meiner Rede möchte ich ein ganz kleines, aber sehr persönliches Beispiel darstellen, um zu verdeutlichen, worum es mir geht. Vor einigen Jahren kam mein damals achtjähriger Sohn auf mich zu und stellte mir die folgende Frage: Papa, sag mal, ich habe eine tschechische Mama, und ich habe einen deutschen Papa. Bin ich jetzt eigentlich mehr Tscheche oder mehr Deutscher? – Meine Antwort darauf war: Jonas, das ist doch ganz einfach: Wenn wir Fußball spielen, bist du natürlich Deutscher; das ist klar. Wenn wir über Eishockey reden, darfst du gerne Tscheche sein.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sehr gut! Gute Lösung!)
Zwei große, sehr ungläubige Kinderaugen haben mich angeschaut, und er stellte die Frage: Papa, das meinst du jetzt nicht wirklich ernst, oder? – Ich habe die Augenbrauen etwas nach oben gezogen und darauf geantwortet: Es ist eigentlich völlig unerheblich. Solange wir in einem freiheitlichen Europa mit guten sozialen und ökologischen Standards leben, wo du überall wohnen, studieren und arbeiten kannst, spielen deine beiden Staatsangehörigkeiten keine entscheidende Rolle.
Wir als SPD-Fraktion werden uns dafür einsetzen, die Zusammenarbeit in der EU zu stärken, sodass nicht nur meinem kleinen Europäer, sondern allen jungen Menschen in der EU eine sichere Zukunft geboten werden kann. Wir als SPD-Fraktion finden das sehr gut.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Norbert Kleinwächter.
(Beifall bei der AfD – Zuruf von der SPD: Kleines Karo!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533890 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 18 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte - Arbeitsprogramm 2022 der Europäischen Kommission |