Maximilian MordhorstFDP - Energiepreise
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich doch über den einen oder anderen humoristischen, vielleicht auch über den einen oder anderen geradezu aggressiven Zwischenruf aus der Unionsfraktion wundern. Denn wir reden hier doch über ein wahnsinnig ernstes Thema.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir reden darüber, ob der Oberstufenschüler, der auf dem Land wohnt und sein erstes Auto hat, am Ende des Monats noch zur Schule kommt. Wir reden darüber, ob der Student, der in seiner ersten Wohnung wohnt, durch die immer höheren Stromkosten nicht ein immer größer werdendes Problem bekommt. Wir reden darüber, ob Arbeitnehmer, ob Rentner in Deutschland Angst haben müssen vor der nächsten Heiz- und Nebenkostenabrechnung. Das ist ein ernstes Thema.
Deswegen werden wir als Ampelkoalition – das haben wir angekündigt – auch handeln. Dass Sie so tun, als würden wir keine Vorschläge machen,
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Welche denn?)
als würden wir dem nichts entgegensetzen, ist blanker Hohn. Wir machen Vorschläge ohne Ende.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Aber nicht im Parlament!)
– Darüber können wir jetzt einmal kurz sprechen.
Sie führen lieber einen Krieg um das Framing, als dass es Ihnen um die Sache an sich geht. Die einen sprechen von grüner Inflation, die anderen von fossiler Inflation. Man muss sagen: Beides ist richtig. – Ja, es sind vor allem die Rohstoffpreise, deren Anstieg zurzeit dazu führt, dass sich die Verbraucherpreise immer weiter erhöhen. Deswegen müssen wir die Energiewende langfristig so auf den Weg bekommen, dass wir von einzelnen Energieträgern möglichst unabhängig werden. Deswegen müssen wir bei der Übergangstechnologie Gas auch darüber nachdenken, wie wir es endlich schaffen, Abhängigkeiten von einzelnen Staaten in den Griff zu bekommen. Dabei werden wir auch solche Debatten wie die über LNG-Terminals führen müssen. So etwas muss strategisch, muss langfristig betrachtet werden. Das haben wir in der Vergangenheit beispielsweise beim LNG-Terminal Brunsbüttel aus meiner Sicht nicht ausreichend getan.
Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke. Möchten Sie sie zulassen?
Ja.
Herr Lenkert, bitte schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen.
Ich habe zwei Fragen. Die erste Frage. Sie sprachen davon, LNG-Terminals zuzulassen. Ist Ihnen bekannt, dass LNG-Gas, insbesondere das gefrackte aus den USA, erstens klimaschädlich und zweitens deutlich teurer ist als viele andere Energieformen?
Die zweite Frage. Sie sprachen gerade davon, dass die Kosten explodieren. Das stimmt. Explodieren tun aber auch die Gewinne der Energiekonzerne. Vattenfall – neue Meldung –: 4,6 Milliarden Euro Gewinn. Uniper korrigiert seine Gewinnprognose nach oben. EON verdoppelt den Gewinn auf 2,2 Milliarden Euro. Die Energiekonzerne haben in den letzten fünf Jahren ihre Gewinne verdreifacht, und das ohne die Preisexplosion im Dezember und Januar, die noch einmal zu weiteren Gewinnsprüngen geführt hat. Das sind die Realitäten. Sind Sie deswegen nicht wie wir der Meinung, dass zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher dringend die Einrichtung einer Energiepreisaufsicht notwendig ist, dass es dringend erforderlich ist, die Gewinne einzuschränken, abzukassieren, um sie zu nutzen, die Energiekosten für die Bevölkerung und für die Unternehmen zu senken?
(Beifall bei der LINKEN – Otto Fricke [FDP]: Verstaatlichen!)
Lieber Herr Kollege, ich finde das immer wahnsinnig interessant. Natürlich ist Gas eine Brückentechnologie. Über Umweltprobleme brauchen wir gar nicht lange zu sprechen. Bei Russland fällt Ihnen so etwas aber irgendwie nie ein.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Wir reden über Fracking!)
Dann sprechen Sie davon, dass Sie als Reaktion auf eine wirklich problematische Inflation mehr Aufsichten haben möchten, helikoptermäßig Geld an alle möglichen Haushalte verteilen möchten. Das ist nicht das Gegenmittel bei Inflation; solche Aktionen können der Grund für Inflation sein. Deswegen ist das nicht hilfreich, sondern eher problematisch. Das gilt auch für die Vorschläge, die Sie in Ihrem Antrag unterbreiten.
(Beifall bei der FDP – Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Das war schwach!)
Ich hatte gerade über fossile oder grüne Inflation gesprochen. Zum einen sind es natürlich die steigenden Rohstoffpreise, die dazu führen. Zum anderen sind große Anteile an den Preisen beim Strom, beim Benzin – das müssen wir uns eingestehen – staatlich festgesetzt. Die Preise bestehen zu einem großen Prozentsatz aus Steuern und Abgaben. Neben der Tatsache, dass wir die EEG-Umlage zeitnah abschaffen wollen – so hatte das die Union nicht vor –, werden wir den Einkommensteuertarif auf Basis des Progressionsberichts anpassen – darüber haben wir gestern gesprochen – und werden Zuschüsse auf den Weg bringen. Zusätzlich müssen wir, wenn wir mit dem CO2-Preis weitermachen wollen – ich bin dafür; denn wir müssen den Klimawandel stoppen –, über das Nebeneinander von Verbrauchsteuern und CO2-Preis sprechen. Denn das Nebeneinander kann nur kurzfristig, nicht aber langfristig funktionieren.
Ich bin der Überzeugung, wir sollten den Weg, auf dem wir jetzt sind, vernünftig beschreiten. Ich finde es interessant, was Sie jetzt alles neu auf den Weg bringen wollen. Ich habe da vielleicht eine ein bisschen andere Perspektive, schließlich bin ich 25 Jahre alt. Ich stehe nun vor Menschen von der Union, die fast mein gesamtes Leben durchgängig regiert haben – in unterschiedlichsten Konstellationen, in unterschiedlichen Mehrheiten, mit unterschiedlichen Prozentsätzen –, und auf einmal kommen Sie mit Vorschlägen um die Ecke, die Sie 16 Jahre lang nicht ins Land gebracht haben.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Es waren gute Jahre!)
Die Krone aber setzen nicht Sie dem Ganzen auf, Herr Kollege; die Krone – der Kollege Schrodi hat es zu Ihrem konkreten Antrag schon ausgerechnet – setzt dem Ganzen mal wieder die CSU auf. Wir haben das einmal bei Ihrem Programm „Deutschland in der Mitte halten“ ausgerechnet. Herr Dobrindt, Sie hatten ja eben auch schon den tollen Zwischenruf mit „Superschwachsinn“. Das passt zu Ihrem Programm! Wir haben mal ausgerechnet, was das bis 2026 kosten würde. Der Kinderfreibetrag soll auf die Höhe des Grundfreibetrags angehoben werden: 8,1 Milliarden Euro; Generationenfonds: 14 Milliarden Euro; Anleihen mit einem Garantiezins von 2 Prozent: 18 Milliarden Euro; Mütterrente III: 19 Milliarden Euro; Senkung der Energiesteuer: 90 Milliarden Euro; Homeoffice-Pauschale: 23,8 Milliarden Euro – und, und, und. Wir sind am Ende auf eine Summe bis 2026 von rund 300 Milliarden Euro gekommen. Dazu kommen noch viele Sachen, die man nicht genau beziffern kann. Das alles ohne einen Gegenfinanzierungsvorschlag! Und es wird noch besser: Davor steht sogar noch ein Haushaltsvorbehalt. Also, wie man das seriös umsetzen soll, kann ich den Menschen nicht vermitteln. Ich möchte es ihnen auch nicht vermitteln.
Wir werden das vernünftig machen, vernünftig finanziert.
Herr Kollege.
Ich komme zum Schluss. – Ich bin sehr froh, dass wir das jetzt endlich nach dieser langen Zeit auf den Weg bringen können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wann? Was hat der Oberstufenschüler jetzt von der Rede gehabt?)
Der nächste Redner ist Dr. Volker Ullrich für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533917 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 18 |
Tagesordnungspunkt | Energiepreise |