Jens PeickSPD - Verlängerung der Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich meine erste Rede hier zu einem so wichtigen Thema für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien in unserem Land halten kann. Ich komme aus Dortmund, und bei uns in Dortmund wissen die Menschen sehr gut, was Kurzarbeit bedeutet. Sie kennen es aus Zeiten des Strukturwandels im Ruhrgebiet, vom Ende des Bergbaus in den 60er-Jahren oder von der Stahlkrise der 70er.
Als Parlament, glaube ich, sollten wir auch einmal einen Blick darauf werfen, dass das für jeden individuell erst mal nicht gut ist. Es ist nicht schön, in Kurzarbeit zu müssen, und ja, Kurzarbeit ist mit finanziellen Einbußen verbunden. Aber die Menschen in unserem Land wissen auch: Kurzarbeit rettet Arbeitsplätze. Das hat die Mentalität unserer Region, des Ruhrgebiets, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands und auch mich geprägt: Wer hart arbeitet, wird in schwierigen Zeiten nicht alleine gelassen. Dafür stehen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist diese Gewissheit, über die wir heute bei der Verlängerung der Sonderregelung zum Kurzarbeitergeld abstimmen, einem Instrument, das auf dem Höhepunkt der Pandemie circa 6 Millionen Menschen und Familien in unserem Land Sicherheit und Stabilität gegeben hat.
Fakt ist: Die Pandemie ist noch nicht vorbei. In allen Bundesländern gelten noch immer Infektionsschutzmaßnahmen. Hotels und Gastronomie, die Veranstaltungsbranche, all diejenigen, die beteiligt sind, wenn die Kirmes in die Stadt kommt oder Konzerte und Festivals anstehen, können noch immer nicht in vollem Umfang ihrer Arbeit nachgehen. Das bedeutet: Der Grund, weshalb am 13. März 2020 die Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld beschlossen wurde, besteht weiterhin. Wie es damals richtig und notwendig war, diese Regelung zu beschließen, so ist es auch jetzt richtig und notwendig, die Geltungsdauer zu verlängern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber ebenso wie die Infektionsschutzmaßnahmen der Pandemie angepasst werden, passen wir diese Sonderregelung des Kurzarbeitergeldes der aktuellen Situation an. Deshalb verlängern wir eben nicht eins zu eins. Die pandemiebedingte Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge zu 50 Prozent lassen wir auslaufen. Damit erhöhen wir den Anreiz für Unternehmen, ihre Beschäftigten weiterzubilden. Das hätte von Anfang an passieren sollen. Wer jetzt noch diese 50 Prozent haben möchte, der muss weiterbilden. Wir haben von Anfang an auf Weiterbildung gesetzt; denn das hilft den Menschen. So wird die Beschäftigungsbrücke zur Weiterbildungsbrücke und hilft den Menschen bei ihrem beruflichen Fortkommen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP])
Und ja, klar ist: Kurzarbeitergeld darf und soll nicht zum Dauerinstrument werden. Es muss irgendwann enden, so wie hoffentlich auch die Pandemie bald enden wird. Wie die Öffnungsschritte, die wir jetzt diskutieren, so sind auch unsere Anpassungen beim Kurzarbeitergeld ein erster Schritt zur Rückkehr zur Normalität. Deshalb haben wir auch die Leiharbeit aus den Sonderregelungen herausgenommen. 200 000 offene Stellen bundesweit in der Leiharbeit rechtfertigen diese Krisenregelung nicht mehr.
Aber eines ist auch klar, und das wissen wir sehr genau: Ein zu frühes Ende des Kurzarbeitergeldes würde alles bisher Erreichte gefährden. Auf 24 Monate Kurzarbeitergeld würde dann Arbeitslosigkeit folgen. Bei einer echten Brücke ist klar: Man baut sie nicht zu lang, aber auf keinen Fall baut man sie zu kurz; das gilt auch für das Kurzarbeitergeld. Ansonsten würden die Menschen hinten runterfallen, und das ist gegen die Grundüberzeugung der SPD. Wir lassen niemanden hinten runterfallen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn ich auf die Änderungsanträge der Opposition schaue und den Wortbeitrag von Herrn Stracke höre, dann fällt auf, dass nicht nur der Verlauf der Pandemie sich seit 2020 geändert hat, sondern noch etwas: Früher war die CDU noch in der Regierung. Ich möchte daran erinnern, dass Sie bei diesem Instrument gebremst haben; das haben Sie getan. Heute suchen Sie verzweifelt Ihre Rolle in der Opposition und stellen populistische Maximalforderungen, die vom Geschehen auf dem Arbeitsmarkt der Pandemie komplett entkoppelt sind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sie haben uns unter Herrn Brinkhaus eine konstruktive Oppositionsarbeit versprochen. Am Dienstag haben Sie Herrn Merz zum Fraktionsvorsitzenden gewählt. Ich sage Ihnen: Kaum hat der Hahn dreimal gekräht, schon sind Sie wortbrüchig geworden; denn das ist nicht konstruktiv. Und dieser Herr Merz, den Sie zum Fraktionsvorsitzenden gewählt haben, hat bei der Einführung der Sonderregelung noch gesagt, das würde Menschen von der Arbeit entwöhnen. Das, was Sie hier tun, nimmt Ihnen niemand ab.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das letzte Mal, dass wir das Instrument der Kurzarbeit so massiv eingesetzt haben, war 2009 auf dem Höhepunkt der Finanzkrise. Damals hat das Kurzarbeitergeld etwa 1,2 Millionen Menschen und ihre Familien durch die Krise gebracht. Im Anschluss folgte das, was die Presse, auch die internationale Presse, als das deutsche Jobwunder bezeichnete. Damals war Olaf Scholz übrigens Arbeitsminister. Heute ist Olaf Scholz Bundeskanzler. Und ich versichere Ihnen: Wir lassen auch heute niemanden im Stich. Eine Rückkehr zur Normalität scheint nahe. Damit das klappt, verlängern wir heute diese Maßnahmen. Ein zweites Jobwunder ist dann hoffentlich möglich. Deswegen bitten wir um Zustimmung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die letzte Rednerin in dieser Debatte ist Jana Schimke für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533936 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 18 |
Tagesordnungspunkt | Verlängerung der Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld |