Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Wohnungspolitik
Frau Präsidentin, ich hoffe, ich muss mich nicht angesprochen fühlen. Ich bin zwar schon ein paar Tage in diesem Hohen Haus, aber mit den Redezeiten habe ich auch immer so meine Schwierigkeiten. Insofern: Seien Sie bitte nachsichtig.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren jetzt den Antrag der AfD „Neue deutsche Wohnungsnot stoppen“. Wenn Sie dem Kollegen der AfD jetzt aufmerksam zugehört haben und den Antrag gelesen haben, werden Sie feststellen: Es gibt im Prinzip zwei Argumentationsstränge, die diesen Antrag ausmachen. Der erste heißt: Grenzen zumachen! Abschieben, abschieben, abschieben! Dann haben wir mit der Wohnungsnot kein Problem mehr.
(Beifall des Abg. Roger Beckamp [AfD])
Der zweite betrifft den Klimaschutz und lautet: Es wird zwar wärmer, die Sonne scheint – das macht uns allen gute Laune –, wir haben aber gar kein Problem damit. Wir finden das gut. Es handelt sich um eine sogenannte Klimaschutzpolitik; die hat aber gar keinen Nutzen, und am Ende ist sie überflüssig. – Das schreiben Sie in Ihrem Antrag. Sie machen damit sehr deutlich, dass Sie nichts anderes sind als Klimaleugner, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Caren Lay [DIE LINKE] – Marianne Schieder [SPD]: Und Populisten!)
Sie machen damit vor allen Dingen auch deutlich, dass Sie nicht an einer ernsthaften Debatte interessiert sind. Sie argumentieren ideologisch, faktenfrei; oftmals leugnen Sie auch die Fakten. Sie sind populistisch und oft auch menschenverachtend in Ihrer Argumentation.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Auch noch!)
Sie disqualifizieren sich mit diesem Antrag selbst, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der AfD.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich will mit Blick auf das ganze Thema Klimaschutz noch einmal sagen: Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie Sie eigentlich auf Menschen zum Beispiel im Ahrtal zugehen wollen,
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ich war dort im Ahrtal! Wo waren Sie denn?)
wo es viele Tote gegeben hat, wo es Verletzte gegeben hat,
(Marc Bernhard [AfD]: Und warum gab es die Toten? Weil Sie die Menschen nicht gewarnt haben! Ihre Landräte haben das nicht getan! Das ist doch die Sauerei!)
wo Menschen vor zerstörten Existenzen und tiefem menschlichen Leid stehen.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Waren Sie mal im Ahrtal? Waren Sie mal dort? Haben Sie sich mal mit den Leuten unterhalten, was deren Probleme sind, ob das Klimaschutz ist, oder was? Was Sie wieder für einen Schmarrn erzählen!)
Ich finde Ihre Argumentation, den Menschen zu sagen: „Klimawandel und Erderwärmung, das gibt es alles nicht“, zynisch. Sie sind keine Alternative für Deutschland, Sie sind eine Schande für Deutschland.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])
Kollege Luczak, lassen Sie eine Frage oder Bemerkung aus der AfD-Fraktion zu?
Wenn es nach mir geht, hat die AfD viel zu viel Redezeit in diesem Hohen Haus. Deswegen lasse ich keine Frage zu.
(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Feige ist er auch noch!)
Das Gleiche gilt für Ihre Argumentation mit Blick auf Einwanderung und Migration. Natürlich will ich gar nicht behaupten, dass da in den letzten Jahren alles immer optimal gelaufen ist.
(Zuruf von der AfD: Ach so, natürlich!)
Natürlich müssen wir Zuwanderung auf einer humanitären Grundlage ordnen und steuern. Aber was Sie in Ihrem Antrag machen, ist:
(Zuruf von der AfD: Was denn?)
Sie versuchen, die Menschen für dumm zu verkaufen.
(Marc Bernhard [AfD]: Nee, wir argumentieren mit Fakten und wollen das, was Sie vor ein paar Wochen hier im Haus gefordert haben!)
Sie suggerieren hier, es gebe seit 2015 jedes Jahr 500 000 Menschen, die Flüchtlinge sind, die alle illegal sind, die alle auf Staatskosten alimentiert werden. Und das ist falsch.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wenn Sie sich die Statistik anschauen, werden Sie sehr schnell feststellen, dass acht der zehn Hauptherkunftsländer Staaten der Europäischen Union sind.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Sie pauschalisieren!)
Das sind Menschen, die nach Deutschland kommen, die hier arbeiten, die sich hier integrieren
(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vermieter sind! Mieter sind!)
und die zum wirtschaftlichen Erfolg dieses Landes beitragen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Diese Menschen brauchen wir für die Herausforderungen, die wir auf dem Wohnungsmarkt haben. Der Kollege Daldrup hat es gerade angesprochen: Wir müssen 400 000 Wohnungen bauen. Das ist das Ziel, das die Ampel sich gegeben hat. Wer soll denn diese Wohnungen bauen? Das sind die Menschen, die Sie ausweisen wollen, die Sie ausgrenzen wollen. Die brauchen wir hier. Sprechen Sie einmal mit dem Baugewerbe! Genau diese Menschen brauchen wir; sonst schaffen wir dieses gewaltige Baupensum niemals.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Am Ende ist genau das richtig: Wir müssen mehr, schneller und kostengünstiger bauen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Wir haben als Bundesregierung in der letzten Wahlperiode schon viel auf den Weg gebracht. Wir haben erstmals seit vielen Jahren mehr als 300 000 fertiggestellte Wohnungen. Aber das reicht nicht. Wir müssen an diese Weichenstellungen anknüpfen.
Da will ich, an die Kolleginnen und Kollegen von der Ampel gerichtet, auch sagen: Ich habe da Sorge. Der KfW-Förderstopp ist gerade angesprochen worden. Dieses Hin und Her war nicht nur ein kommunikatives Desaster, das vielen Menschen, vielen Unternehmen, aber vor allen Dingen jungen Familien auf dem Weg in die eigenen vier Wände den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Da ist massiv Vertrauen zerstört worden, da ist Planungssicherheit verloren gegangen. Das ist aber genau das, was wir brauchen, wenn wir davon sprechen, dass wir 400 000 Wohnungen bauen wollen. Dann braucht die Bauwirtschaft verlässliche Rahmenbedingungen.
Wenn man so agiert wie die Ampel, hin und her springt und von heute auf morgen einen Förderstopp macht, zerstört man dieses Vertrauen, und dann wird die Immobilienwirtschaft, die Bauwirtschaft diese Wohnungen nicht bauen. Deswegen war das, was Sie gemacht haben, nicht nur Gift für den Klimaschutz, sondern es war vor allen Dingen auch Gift für den Neubau und für das bezahlbare Wohnen. Damit haben Sie Ihre eigenen Ziele mehr als torpediert, liebe Ampel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was machen Sie stattdessen? Sie setzen auf Gebote, Verbote, mehr Regulierung. Wir haben über das Vorkaufsrecht gesprochen, über die ganzen Problematiken, die mit den Abwendungsvereinbarungen einhergehen. Wir haben über die CO2-Mehrkosten gesprochen. Sie wollen jetzt Eigentümer bestrafen, indem Sie ihnen Mehrkosten aufbürden, wenn sie nicht sanieren. Aber Sie finden keine Lösung, wenn es zum Beispiel um denkmalgeschützte Gebäude geht. Da sagen Sie: Na ja, das könnte man ja auch irgendwie machen.
(Marlene Schönberger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Blödsinn!)
Nein, in Milieuschutzgebieten können die Eigentümer nicht sanieren, das wird ihnen verboten,
(Marlene Schönberger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch!)
und trotzdem sollen die Eigentümer dann die Mehrkosten tragen. Das ist widersprüchlich, das passt nicht zusammen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es gibt noch viele andere Beispiele, die ich nennen könnte, etwa dass Sie mehr Bürokratie und überbordende, praxisferne Dokumentationspflichten schaffen und vieles, vieles mehr. Sie torpedieren Ihre Ziele selbst.
Deswegen ist das Fazit, das wir jetzt nach einigen Wochen und Monaten der Ampel ziehen können: Sie haben nichts für den Klimaschutz getan, Sie haben nichts für den Wohnungsbau getan. Im Gegenteil: Sie kappen Förderungen, Sie haben Vertrauen zerstört und Bürokratie aufgebaut. Das ist genau der falsche Weg. Den werden wir als Union nicht mitmachen – Ihren Weg nicht und den der AfD erst recht nicht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernhard Daldrup [SPD]: Teile waren nicht schlecht!)
Ich nutze die Zeit gleich zu einer Erläuterung. Kollege Luczak, bei Ihnen war alles okay. Wären Sie über die Zeit gekommen, hätte ich Ihrem nachfolgenden Kollegen die Zeit entsprechend abgezogen. Insofern müssen Sie das dann einfach in den Fraktionen austragen. Das konnte ich beim Kollegen Daldrup nicht machen, weil ich niemandem bei seiner ersten Rede die Redezeit dezimieren will.
Ich sage aber auch gleich noch etwas anderes: Ich werde in den noch vor uns liegenden etwas mehr als drei Stunden prinzipiell keine Kurzinterventionen zulassen, es sei denn – diese Regel gilt natürlich –, jemand ist persönlich in irgendeiner Weise angegriffen oder angesprochen worden und will sich dazu noch einmal äußern.
Das Wort zu ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag hat die Kollegin Anja Liebert für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7533955 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 18 |
Tagesordnungspunkt | Wohnungspolitik |