18.02.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 18 / Zusatzpunkt 11

Marc HenrichmannCDU/CSU - Einsatz von Spähsoftware durch Bundesbehörden

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Skandalrhetorik im Sinne des Antrages ist vielleicht etwas Versachlichung geboten. Worüber reden wir? Laut Bundesamt für Justiz hat es in 2019 in Deutschland genau drei Anwendungsfälle der Telekommunikationsüberwachung und zwölf Onlinedurchsuchungen gegeben – nicht etwa, weil Ermittler gesagt haben: „Das muss so sein“, sondern abgewogen nach Verhältnismäßigkeit und unter Richtervorbehalt, und das Ganze nicht etwa für kleine Bagatelldelikte, sondern für Katalogstraftaten, schwere Verbrechen im Sinne von Mord, Totschlag oder Missbrauch. Der Einsatz der Software, über die wir diskutieren, ist Ultima Ratio und nicht an der Tagesordnung.

Umgekehrt: In was für einer Welt leben wir? Extremisten, Islamisten und Gefährder kommunizieren nicht mehr über altbewährte Kanäle, sondern – wir haben hier im Parlament die Telegram-Debatte geführt – über Chatforen und Messengerdienste.

Die Zahl der Verfahren ist allein in diesem Bereich zwischen 2012 und 2017 um das 13-Fache gestiegen. Wir als Union wollen unseren Sicherheitsbehörden, unserer Polizei modernste Strafverfolgungsmethoden an die Hand geben, um schwere Straftäter dingfest zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Natürlich ist die grundgesetzliche und auch die politische Bewertung komplex. Es gilt, zwischen Grundrechtsschutz und Sicherheit abzuwägen. Aber die Frage, die sich im Wettbewerb der Straftäter mit den Strafverfolgungsbehörden zuallererst stellt, ist: Geben wir unseren Sicherheitsbehörden alle möglichen Instrumente an die Hand, um schwerste Straftäter dingfest zu machen? Oder noch kürzer: Vertrauen wir eigentlich unseren Sicherheitsbehörden? Die Union ist offenbar die einzige Partei, die diese Frage eindeutig mit Ja beantwortet. Wir stehen hinter unseren Sicherheitsbehörden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte, dass sich eine Gruppe in diesem Land fürchtet. Das sind die Menschen, die schlimmste Straftaten begehen. Vielleicht ein Beispiel, das in den letzten Tagen von der Bundesregierung bestätigt worden ist: In den letzten fünf Jahren sind in Deutschland 19 000 Hinweise ausländischer Dienste im Bereich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie ergangen. 19 000! Das sind nicht Einzelschicksale, sondern vielleicht stecken wie im Fall Münster Netzwerke dahinter. Unfassbare Zahlen!

Wenn uns die Verbindungsdaten zu den Hinweisen ausländischer Dienste fehlen, gehen uns diese Täter durchs Netz. Wie erklären wir das den Opfern? Die Opfer kämpfen mit gebrochenen Biografien und erleiden schwerste psychische Schäden. Ich finde, allein das rechtfertigt es, im Bereich von Schwerstkriminalität auch auf Software in diesem Bereich zu setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir vertrauen unseren Behörden. Wir haben der Bundespolizei im letzten Jahr die Quellen-TKÜ im Bereich „Schlepperei und Menschenhandel“ an die Hand geben wollen. Die SPD war damals der Meinung, sie brauche das nicht. Gerade weil Deutschland in manchen Kreisen als „Bordell Europas“ bezeichnet wird – unrühmlicher Titel! –: Müsste man dann da nicht darüber nachdenken, etwas zu tun?

Auch FDP und Grüne befinden sich hier in guter Gesellschaft. Im Dezember noch wurde im Bundesrat die sogenannte G 10-Mitwirkungsverordnung abgelehnt. Da ging es nicht etwa darum, Befugnisse auszuweiten, sondern einfach nur darum, Telekommunikationsunternehmen zur Mitwirkung zu veranlassen.

Man kann nicht auf der einen Seite in Sonntagsreden zu Recht die Bekämpfung rechtsextremer Netzwerke fordern und auf der anderen Seite bei solchen Maßnahmen, die wir zur Bekämpfung dringend brauchen, die Axt anlegen. Das funktioniert nicht. Das ist Doppelzüngigkeit, und das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, in einem Rechtsstaat wie Deutschland werden hinterher sogar die Maßnahmen bekannt gegeben. Eine Überwachung wird demjenigen, der überwacht wurde, hinterher bekannt gegeben, sodass ein gewisser Rechtsschutz, eine Überprüfungsmöglichkeit besteht. Ich finde aber, wir müssen denjenigen, die für uns ihren Kopf hinhalten, die für unsere Sicherheit garantieren, den Rücken stärken; die sollen ihren Job machen können.

Der Antrag der Linken und auch die Haltung der Bundesregierung lassen hier viel Luft nach oben. Wir stehen an der Seite der Sicherheitsbehörden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Dr. Konstantin von Notz das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7533967
Wahlperiode 20
Sitzung 18
Tagesordnungspunkt Einsatz von Spähsoftware durch Bundesbehörden
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