Christoph SchmidSPD - Aktuelle Stunde - Bundeswehreinsätze in Mali beenden
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An diese Uhr werde ich mich erst noch gewöhnen müssen. In den letzten 13 Jahren hat zum Leidwesen aller anderen niemand meine Redezeit begrenzt.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
EUTM, MINUSMA, Takuba, Barkhane: Wir wissen alle, was das bedeutet. Aber wie viele Menschen draußen auf der Straße könnten wohl auf Anhieb sagen, was dahintersteckt? Die wenigsten werden wissen, dass sich dahinter die militärischen Missionen in Mali und den Nachbarstaaten verbergen.
Unabhängig von Abkürzungen ist es nicht nur unsere Aufgabe, politische Entscheidungen zu treffen, sondern auch, diese Entscheidungen zu vermitteln und anständig zu begründen. Ich stelle allerdings infrage, ob eine kurzfristig angesetzte, populistische Aktuelle Stunde das richtige Format ist, um in die Diskussion einzusteigen,
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
und zwar in die Diskussion im Plenum, also hier im Parlament, und nicht in der Regierung, Herr Al-Dailami. Wir sind auch nicht planlos, wie Die Linke behauptet. Nein, wir nehmen unsere Arbeit sehr ernst. Und falsche Behauptungen werden nicht durch ständige Wiederholungen richtig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wichtigste zuerst: Danke an alle Soldatinnen und Soldaten, die im Auftrag dieses Parlaments in Mali oder in anderen Ländern im Einsatz sind!
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie leisteten und leisten dort einen großartigen Beitrag zur Stabilität des Landes und der Region. Aber natürlich fragen sich auch die Soldatinnen und Soldaten, ob ihr gefährlicher Einsatz unter den gegebenen Rahmenbedingungen noch sinnvoll und vor allem sicher ist. Darum bin ich sehr froh, dass Staatssekretärin Siemtje Möller im Dezember im Auftrag von Bundesministerin Christine Lambrecht die Truppe in Mali besucht hat und den Austausch mit der Truppe vor Ort gesucht hat. Das war ein wichtiges Signal der Solidarität und Wertschätzung für unsere Soldatinnen und Soldaten!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Reise der Verteidigungsministerin nach Mali konnte letzte Woche leider nur virtuell stattfinden. Die Informationen, die wir in der Sondersitzung des Ausschusses vermittelt bekommen haben, waren aber trotzdem umfassend und informativ. Auch dafür ein herzliches Dankeschön!
Wer sich seriös mit den Einsätzen in Mali auseinandersetzt, der muss, wie mein geschätzter Kollege Karamba Diaby das erwähnt hat, auch die unterschiedlichen Ziele der Missionen für die Bewertung heranziehen. Natürlich bedingen sich die Missionen zum Teil gegenseitig, und natürlich ist die Durchführung der Missionen auch vom Engagement der Partnerstaaten und von den eingebrachten Fähigkeiten abhängig.
MINUSMA soll die Bevölkerung vor terroristischen Angriffen schützen; wir haben es gehört. Die Bundeswehr übernimmt dabei neben der Sicherung und dem Schutz wichtige Aufklärungsfunktionen.
Frankreich steuert wichtige Sanitätsdienstleistungen und den Schutz des Luftraums durch Kampfhubschrauber über die Taskforce Takuba bei. Ohne Frankreich ist ein Einsatz der Bundeswehr nur mit einer erheblichen Ausweitung des eigenen Engagements oder mit anderen, neuen Partnern zu gewährleisten. Der enge Austausch zwischen unserer Verteidigungsministerin und ihrer französischen Amtskollegin ist deshalb besonders wichtig.
Wie wichtig diese Mission auch für den Erfolg der Bemühungen im Bereich der vielfältigen Entwicklungszusammenarbeit ist, wurde bereits ausgeführt. Spätestens seit der gestrigen Debatte um den Entwicklungshilfebericht wissen wir aber, dass es eine Fraktion im Haus gibt, die den afrikanischen Kontinent – ja den ganzen Globalen Süden – am liebsten sich selbst überlassen würde und jegliches Engagement in diesem Bereich ablehnt. Zum Glück ist das aber sowohl hier im Haus als auch in der Gesellschaft nur eine Einzelmeinung.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sowohl zum Schutz der Bevölkerung vor Terroristen als auch zur Absicherung der zivilen Maßnahmen müssen wir die mögliche Fortführung unseres Engagements bei MINUSMA sorgfältig abwägen. Aber auch eine eventuelle Beendigung muss sorgfältig abgewogen werden. Bei seriöser Argumentation und Abwägung kann man heute sicher noch keine abschließende Aussage treffen.
Im Falle der EU-Trainingsmission fallen die aktuellen Entwicklungen in Mali sicherlich noch deutlich stärker ins Gewicht; denn wenn wir die Sicherheitskräfte eines Landes ausbilden, dann wollen wir auch wissen, welchem Regime sie dienen. Ein demokratisch nicht legitimiertes Militärregime, das zur Durchsetzung seiner Interessen auch bereit ist, auf „Wagner“-Truppen zurückzugreifen, kann nicht allen Ernstes unser Maßstab sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Deswegen muss Machthaber Goïta nun zügig erklären, wie er den Übergang in seinem Land beschleunigen will und mit welchen Partnern er künftig zusammenarbeiten möchte.
Wir wissen auch, dass demokratische Prozesse nicht von heute auf morgen zu organisieren sind. Aber das Regime schuldet der internationalen Staatengemeinschaft eine seriöse Zeitschiene. Nur dann ist an eine Fortführung von EUTM Mali mit deutscher Beteiligung überhaupt noch zu denken.
Wir sind uns der Verantwortung für die Soldatinnen und Soldaten sehr bewusst. Wir sind uns auch der Verantwortung für die Region sehr bewusst. Und deswegen werden wir in enger Abstimmung mit all unseren internationalen Partnern im dafür vorgesehenen parlamentarischen Prozess die richtigen Entscheidungen treffen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag erhält nun der Kollege Armin Schwarz für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 20 |
Session | 18 |
Agenda Item | Aktuelle Stunde - Bundeswehreinsätze in Mali beenden |