27.02.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 19 / Tagesordnungspunkt 1

Saskia EskenSPD - Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler zur aktuellen Lage

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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der russische Machthaber Wladimir Putin hat mit abscheulicher Arroganz das Völkerrecht gebrochen und die Ukraine überfallen. Putin hat den Krieg und das Blutvergießen in Europa wieder ins Hier und Jetzt geholt, in ein Hier und Jetzt, an dem ganz Europa aus Verantwortung vor Krieg und Leid in unserer Geschichte gemeinsam gearbeitet hat, damit es uns, unseren Kindern und Enkeln heute und morgen ein Leben in Frieden ermöglicht.

Doch nun haben wir Krieg in Europa. Dieser Krieg ist Putins Krieg. Putin führt diesen Krieg gegen die Ukraine. Doch vor allem führt er diesen Krieg gegen das, was er als Diktator am meisten fürchtet: Demokratie und Freiheit. So stehen die Farben der Ukraine, die Farben Europas heute auch für Demokratie und Freiheit. Sie sind stärker als das autoritäre Weltbild des russischen Diktators.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

In Russland, in Georgien, in ganz Europa gehen Menschen gegen diesen Krieg und für den Frieden auf die Straßen. Putin führt auch Krieg gegen die Menschen im eigenen Land. Tausende wurden festgenommen, die Proteste durch die russische Staatsgewalt brutal niedergeschlagen. Die Friedensdemonstrationen, wie sie gerade heute in Berlin und anderswo in Deutschland und in Europa stattfinden, geben auch denjenigen eine Stimme, die nicht sprechen können, ohne ihr Leben zu gefährden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht erst seit Putins Überfall sind Menschen in unserer Mitte in großer Sorge um ihre Mütter und Väter, ihre Brüder und Schwestern, Freundinnen und Freunde in der Ukraine und in Russland. Sie halten Kontakt, sie leisten Beistand, sie versorgen die Menschen mit verlässlichen Informationen. Doch seit dem 24. Februar sind die Antworten auf ihre Anrufe und Nachrichten spärlich geworden; denn die Menschen sind auf der Flucht. Sie verstecken sich. Sie müssen leise sein, weil sie Angst haben, entdeckt zu werden. Sie schreiben, wenn sie können, kurze Nachrichten und hektisch geschriebene Hilferufe.

Das sind Zeugnisse voller Sorge und Angst, Sorge und Angst auch um die Soldatinnen und Soldaten, die für ihr Leben und für ihr Land kämpfen. Und doch scheint auch immer wieder Hoffnung durch: Hoffnung darauf, dass Ukrainerinnen und Ukrainer in ihrer Heimat bald wieder in Frieden und Freiheit leben können.

Putin führt in der Ukraine einen Krieg gegen die Menschen, und er führt einen Krieg gegen die Menschlichkeit. Der Überfall auf die Ukraine ist insofern eine Zäsur; denn er bricht mit den Grundprinzipien der internationalen Gemeinschaft. Es ist unsere vordringliche Aufgabe, diesen blutigen Krieg so schnell wie möglich zu beenden.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Deshalb werden die Sanktionen der internationalen Gemeinschaft nochmals verschärft. Dabei kommt es entscheidend darauf an, unkalkulierbare Auswirkungen auf die Bevölkerung abzuwenden oder sie, wo nötig, auch auszugleichen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Maxime deutscher Außenpolitik, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, ist tief in unserer historischen Verantwortung verwurzelt. Dass die Bundesrepublik Deutschland jetzt Waffen an die Ukraine zur Selbstverteidigung liefert, ist in dieser Situation eine tragische Notwendigkeit und moralisch geboten. Diese Entscheidung schulden wir der Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung, und wir schulden sie unseren geteilten europäischen Werten von Demokratie und Freiheit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Bundeskanzler Scholz hat deshalb meinen tiefen Respekt und meine Anerkennung, diese schwierige Entscheidung von großer Tragweite verantwortungsvoll getroffen zu haben.

Mit unserer Bundeswehr werden wir als Mitglied von NATO und Europäischer Union für die Sicherheit in Europa unseren Beitrag leisten. Darauf ist Verlass, heute und in der Zukunft. Unsere Soldatinnen und Soldaten haben unseren tiefen Respekt. Um ihre Aufgabe erfüllen zu können, müssen sie bestmöglich ausgestattet sein. Auch dafür steht diese Bundesregierung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Menschen in Europa sind in großer Solidarität an der Seite der Ukraine und sichern ihre Hilfe zu. Für viele Schutzsuchende ist Polen der erste sichere Hafen und erhält dafür im Rahmen der EU auch alle notwendige Unterstützung. Auch viele deutsche Städte können und wollen sichere Häfen sein. Den Menschen, die sich hier solidarisch zeigen, die anpacken und helfen wollen, gilt mein großer Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin der festen Überzeugung, dass Demokratie und Freiheit immer obsiegen werden. Dafür werden Menschen immer und zu jeder Zeit bereit sein zu kämpfen. Unsere Gedanken sind in dieser schweren Zeit bei unseren Freundinnen und Freunden in der Ukraine, die in diesen Tagen Freiheit und Demokratie verteidigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Esken. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Patricia Lips, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534045
Wahlperiode 20
Sitzung 19
Tagesordnungspunkt Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler zur aktuellen Lage
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