Nancy Faeser - Vereinbarte Debatte - Nationaler Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesem Jahr haben wir den ersten nationalen Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt begangen. Mein Dank gilt an dieser Stelle auch dem Opferbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Kober. Vor wenigen Wochen hat das Bundeskabinett beschlossen, diesen Gedenktag des 11. März zu begehen. Der 11. März ist damit ein Tag der Erinnerung, des Mitgefühls, aber auch der Mahnung, mit aller Entschlossenheit gegen terroristische Bedrohungen in unserem Land vorzugehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
„Unsere Welt steht seither kopf“. Das sind Ajla Kurtovićs Worte zwei Jahre nach dem rassistischen Anschlag in Hanau, bei dem ihr Bruder Hamza getötet wurde. Er wurde 22 Jahre alt. „ Da ist nach wie vor ein ganz großer Riss in meinem Leben“, sagt Astrid Passin, die ihren Vater 2016 bei dem islamistischen Anschlag auf dem Breitscheidplatz verlor. Es vergehe kein Tag, an dem sie nicht voll Schmerz an ihren Verlust denken, an den Terroranschlag, der ihre Angehörigen aus dem Leben gerissen hat. Das sagen Ajla Kurtović und Astrid Passin. Sie machen das durch, was alle Mütter, Väter, Söhne, Töchter, was Partner, Verwandte oder Freunde durchleiden, wenn ein Terroranschlag das Leben ihrer Liebsten auslöscht: die völlige Schockstarre, die Fassungslosigkeit, das Nicht-glauben-Können, den Schmerz, der nie wieder vergeht.
Viel zu oft stehen nach einem Anschlag aber die Täter im Vordergrund; es geht um die Motive. Mit dem Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt wollen wir jetzt die Aufmerksamkeit auf das Schicksal der Opfer und ihrer Angehörigen richten, und das ist so entscheidend. In Hanau haben es die Angehörigen unter dem Motto „Say their names“ benannt. Wir wollen, dass ihr Schicksal uns allen in Staat und Gesellschaft bewusst bleibt und erhalten bleibt und wir uns daran erinnern. Viele kämpfen sich mit großer Kraft zurück ins Leben. Wir dürfen sie dabei als Staat aber nicht alleine lassen. Ich möchte, dass die Betroffenen und ihre Familien mit viel mehr Empathie und Sensibilität unterstützt werden – von allen staatlichen Stellen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU])
Der linksextremistische Terror der Rote-Armee-Fraktion, der „Bewegung 2. Juni“ und der Revolutionären Zellen, der vor allem in den 70er- und 80er-Jahren für Angst und Schrecken sorgte, ist nicht vergessen. Diese Attentate wirken bis heute nach und lassen den Hinterbliebenen keine Ruhe.
Die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus hält unverändert an. Trauriges Zeugnis sind der Anschlag am Breitscheidplatz sowie die Messerangriffe in Dresden, in Hamburg oder in Hannover. Wir erinnern an den Anschlag beim Musikfestival in Ansbach, den Anschlag auf der Berliner Autobahn, im Zug bei Würzburg oder den Brandanschlag in Waldkraiburg, den Anschlag auf einen Sikh-Tempel in Essen und am Flughafen in Frankfurt.
Eine Spur des rechten Terrors zieht sich durch unsere jüngere Geschichte: Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Solingen, der Terror des NSU, der Anschlag am Münchner Olympia-Einkaufszentrum, der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke, der Terror von Halle und Hanau. Auch das nunmehr über 40 Jahre zurückliegende Attentat auf das Münchener Oktoberfest bewegt noch immer die Opfer und deren Angehörige.
Es ist die höchste Pflicht des Staates, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Aber kein Staat kann völlige Sicherheit garantieren. Wenn es trotz aller präventiven Maßnahmen doch zu einem Terroranschlag kommt, muss der Staat dafür sorgen, dass den Betroffenen schnell wirksam geholfen wird. Konkret entwickelt zum Beispiel das Bundeskriminalamt gemeinsam mit den Ländern gerade die strategische Zusammenarbeit weiter und baut ein spezielles Netzwerk zur Opferfürsorge auf.
Es ist mir ein großes Anliegen, dass von Terrorismus Betroffene nicht alleingelassen werden. Wir müssen ihre Interessen und Rechte verteidigen und stärken. Jeder einzelne Mensch zählt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Josef Oster [CDU/CSU])
Ich gebe dem Kollegen Michael Breilmann für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534158 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 20 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte - Nationaler Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt |